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WIPO Arbitration and Mediation Center

EXPERTENENTSCHEID

Raiffeisen Schweiz Genossenschaft v. Lucjan Misiag

Verfahren Nr. DCH2019-0011

1. Die Parteien

Die Gesuchstellerin ist Raiffeisen Schweiz Genossenschaft, Schweiz, intern vertreten.

Der Gesuchsgegner ist Lucjan Misiag, Polen.

2. Streitige Domain-Name

Gegenstand des Verfahrens ist der Domainname <raiffesen.ch>. Die Domainvergabestelle ist SWITCH.

3. Verfahrensablauf

Das Gesuch ging beim WIPO Schieds- und Mediationszentrum (das „Zentrum“) am 5. August 2019 auf Deutsch per E-Mail ein. Das Gesuch stützt sich auf das Verfahrensreglement von SWITCH für Streitbeilegungsverfahren für „.ch“ und „.li“ Domainnamen („Verfahrensreglement“), welches am 1. März 2004 in Kraft getreten ist.

Am 6. August 2019 bestätigte die Domainvergabestelle SWITCH, dass der Gesuchsgegner Inhaber und administrative Kontaktperson des Domainnamens ist und teilte dem Zentrum mit, dass die Sprache der Registrierungsvereinbarung Englisch sei. Bezüglich der Verfahrenssprache reichte die Gesuchstellerin am 8. August 2019 per E-Mail den Antrag ein, dass die Verfahrenssprache des vorliegenden Verfahrens Deutsch sein soll. Am 12. August 2019 beantragte der Gesuchsgegner, dass das Verfahren auf Englisch geführt werden soll. Das Zentrum stellte fest, dass das Gesuch den formellen Anforderungen des Verfahrensreglements entspricht.

Am 13. August 2019 wurde das Gesuch ordnungsgemäss zugestellt und das Streitbeilegungsverfahren eingeleitet. Die Frist für die Einreichung einer Gesuchserwiderung war der 2. September 2019.

Das Zentrum teilte mit Schreiben vom 4. September 2019 mit, dass der Gesuchsgegner weder eine Gesuchserwiderung eingereicht, noch auf andere Weise gegenüber dem Zentrum seine Bereitschaft zur Teilnahme an einer Schlichtungsverhandlung zum Ausdruck gebracht hat. Die Gesuchstellerin wurde vom Zentrum über die Möglichkeit benachrichtigt, die Fortsetzung des Verfahrens zu verlangen und beantragte diese am 4. September 2019.

Am 19. September 2019 wurde das Verfahren in Übereinstimmung mit Paragraph 19 des Verfahrensreglements fortgesetzt, und das Zentrum bestellte am 19. September 2019 Andrea Mondini als Experten. Der Experte stellt fest, dass er ordnungsgemäss bestellt wurde und hat in Übereinstimmung mit Paragraph 4 des Verfahrensreglements seine Unabhängigkeit erklärt.

4. Sachverhalt

Die Gesuchstellerin ist eine der grössten Banken der Schweiz und vor allem im Retail-Geschäft tätig. Sie hat am 22. August 1994 in der Schweiz die Wortmarke RAIFFEISEN, Marke Nr. 2P-411923 registriert. Am 1. Januar 1996 hat die Gesuchstellerin den Domainnamen <raiffeisen.ch> registriert und benutzt diesen seither für ihren Internetauftritt.

Der Gesuchsgegner hat den strittigen Domainnamen gemäss Auskunft über die Registrierungsdaten bei SWITCH am 9. September 2015 registriert.

Der strittige Domainname verweist auf eine Webseite, welche Links zu verschiedenen Finanzdienstleistern und -dienstleistungen auflistet, unter anderem auch zur Webseite der Gesuchstellerin und zu konkurrierenden Dienstleistern.

5. Parteivorbringen

A. Gesuchstellerin

Die Gesuchstellerin sei Inhaberin von schweizerischen Kennzeichenrechten. Der strittige Domainname im entsprechenden Internetauftritt seien beinahe identisch mit dem Domainnamen <raiffeisen.ch> sowie mit den Marken RAIFFEISEN der Gesuchstellerin. Damit verletzte der Gesuchsgegner Artikel 13 und 15 Markenschutzgesetz („MSchG“), Artikel 2 und Artikel Absatz 1 3 lit. d des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb („UWG“), Artikel 29 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches („ZGB“) und Artikel 951 Abs. 2 des Obligationenrechts („OR“).

Der Gesuchgegner stehe weder zur Gesuchstellerin noch zu einer anderen (Gruppen-)Gesellschaft der Gesuchstellerin mit dem Namen “Raiffeisen” in einer Beziehung. Mit seinem unter <raiffesen.ch> registrierten Domainnamen betreibe der Gesuchsgegner Typosquatting. Die Aktivitäten des Gesuchsgegners hätten auch direkt nachteilige Konsequenzen für die Gesuchstellerin. Die Verlinkung zum eigenen und zu Konkurrenzunternehmen führe zu Fehlzurechnungen und schädige die Reputation der Gesuchstellerin. Neben dem Markenrecht seien auch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Firmen- und Namensrecht eine Grundlage für die Übertragung des strittigen Domainnamens.

Zudem habe der Gesuchsgegner in der Vergangenheit auch den Domainnamen <raiffeissen.ch> registriert, und ein früherer Expertenentscheid habe die Übertragung dieses Domainnamens angeordnet (Raiffeisen Schweiz Genossenschaft v. Lucjan Misiag, WIPO Verfahren Nr. DCH2016-0018).

B. Gesuchsgegner

Der Gesuchsgegner hat weder eine Beschwerdeantwort eingereicht, noch auf andere Weise gegenüber dem Zentrum seine Bereitschaft zur Teilnahme an einer Schlichtungsverhandlung zum Ausdruck gebracht. Er hat einzig und ohne Begründung beantragt, das Verfahren solle auf Englisch geführt werden.

6. Entscheidungsgründe

A. Verfahrenssprache

Die Gesuchstellerin hat das Gesuch auf Deutsch eingereicht und wurde vom Zentrum darauf aufmerksam gemacht, dass die Registrierungsvereinbarung auf Englisch ist. Darauf stellte die Gesuchstellerin einen begründeten Antrag, das Verfahren sei auf Deutsch zu führen. Der Gesuchsgegner beantragte ohne Begründung, das Verfahren sei auf Englisch zu führen. Da der Gesuchsgegner seinen Antrag nicht begründet hat und sich nicht in der Sache geäussert hat, und da zwischen denselben Parteien bereits ein früheres Verfahren über den ähnlichen Domainnamen <raiffeissen.ch> auf Deutsch geführt wurde (siehe oben), entscheidet der Experte nach seinem Ermessen gestützt auf Ziff. 7 (a) des Verfahrensreglements, dass dieses Verfahren auf Deutsch geführt wird.

B. Bestand von schweizerischen Kennzeichenrechten und klare Verletzung eines Kennzeichenrechts

Gemäss Paragraph 24(c) des Verfahrensreglements gibt der Experte dem Gesuch statt, wenn die Registrierung oder Verwendung des strittige Domainnamens eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts darstellt, das dem Gesuchsteller nach dem Recht der Schweiz oder Liechtensteins zusteht.

Die Gesuchstellerin hat bewiesen, dass sie Inhaberin der Schweizer Wortmarke RAIFFEISEN ist und somit ein Kennzeichenrecht nach dem Recht der Schweiz im Sinne des Verfahrensreglements hat.

Die Gesuchstellerin beruft sich auf Artikel 13 MSchG, Artikel 15 MSchG; Artikel 2 und Artikel 3 lit. a und d UWG sowie das Recht auf den Namen, Namensschutz,· Artikel 29 ZGB und den Schutz der Firma; Artikel 956 OR.

Artikel 13 MSchG verleiht dem Inhaber einer Marke das ausschliessliche Recht, diese zur Kennzeichnung der Waren oder Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, zu gebrauchen und darüber zu verfügen. Zudem bietet Artikel 13 MSchG Schutz gegen den Gebrauch identischer oder ähnlicher Zeichen durch Dritte zwecks Kennzeichnung gleicher oder gleichartiger Ware oder Dienstleistungen (Artikel 3 MSchG in Verbindung mit Artikel 13 MSchG). Eine Verwechslungsgefahr besteht gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts, sobald „mit der Verwendung eines ähnlichen oder gleichlautenden Namens für einen Internet-Site durch einen schlechter Berechtigten die Gefahr von Fehlzurechnungen des Sites geschaffen wird“, (vgl. BGE 128 III 403; Mondini/Zollinger-Löw/Buri, SIWR III/2, Domain-Namen, Rz. 655 u. 664).

Der strittige Domainname <raiffesen.ch> ist im Schriftbild praktisch identisch zur Marke und zum von der Gesuchstellerin registrierten Domainnamen <raiffeisen.ch>. Es besteht die Gefahr, dass Nutzer, welche die Homepage der Gesuchstellerin besuchen möchten, sich bei der Eingabe des Domainnamens aber vertippen, ungewollt auf die Homepage des Gesuchgegners zugreifen, wo identische oder gleichartige Dienstleistungen durch Verlinkung beworben werden. Der strittige Domainname schafft damit eine Verwechslungsgefahr zur Marke und zur Webseite der Gesuchstellerin.

Domainnamen unterstehen überdies dem Lauterkeitsgebot des Wettbewerbsrechts (BGE 126 III 245). Gemäss Artikel 3 Abs. 1 lit. d UWG handelt unlauter, wer Massnahmen trifft, die geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren, Werken, Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb eines anderen herbeizuführen. Die Schaffung einer Verwechslungsgefahr durch Ausnutzen von Tippfehlern der Internet-Nutzer bei der Eingabe des Domainnamens, um die Benutzer auf die eigene Website zu lenken (sog. „Typosquatting“), verletzt in der Regel nicht nur die Rechte von Markeninhabern, sondern fällt auch unter Artikel 3 Abs. 1 lit. d UWG (Mondini/Zollinger-Löw/Buri, SIWR III/2, Domain-Namen, Rz. 669; Mark Schweizer, 5 Jahre SWITCH-Streitbeilegungsverfahren: Fair.ch?, AJP 8/2009 971, 980; vgl. Auch Comparis.ch AG v. Nguyen Huong Quynh, WIPO Verfahren Nr. DCH2008-0003; Raiffeisen Schweiz Genossenschaft v. Nguyen Huong Quynh, WIPO Verfahren Nr. DCH2007-0023; YouTube, LLC v. Matthias Moench, WIPO Verfahren Nr. DCH2007-0010; und TDC Switzerland AG v. Algis Skara, WIPO Verfahren Nr. DCH2006-0028).

Erschwerend kommt hinzu, dass der Gesuchsgegner auch den Domainnamen <raiffeissen.ch> registriert hatte (siehe Raiffeisen Schweiz Genossenschaft v. Lucjan Misiag, WIPO Verfahren Nr. DCH2016-0018; ), so dass der Gesuchsgegner offenbar systematisch unlauteres Typosquatting zu betreiben versucht.

Die Registrierung und Benutzung des strittigen Domainnamens verstösst somit gegen Artikel 13 MSchG sowie Artikel 2 und Artikel 3 Abs. 1 lit. d UWG. Angesichts der klaren Verletzung des MSchG und des UWG muss nicht weiter untersucht werden, ob auch das Namensrecht oder der Firmenschutz der Gesuchstellerin beeinträchtigt sind.

Der Gesuchsgegner bringt keine inhaltlichen Verteidigungsgründe vor. Somit entscheidet der Experte, dass die Verletzung der Rechte der Gesuchstellerin durch die Registrierung und Verwendung des Domainnamens durch den Gesuchsgegner eine Übertragung des Domainnamens rechtfertigt.

7. Entscheidung

Gemäss Paragraph 24 des Verfahrensreglements gibt der Experte dem Gesuch statt und entscheidet, dass der Domainname <raiffesen.ch> an die Gesuchstellerin zu übertragen ist.

Andrea Mondini
Experte
Datum: 24. September 2019