WIPO Arbitration and Mediation Center
EXPERTENENTSCHEID
Robertson Associates AG v. Rudolf Zeller
Verfahren Nr. DCH2013-0009
1. Die Parteien
Die Gesuchstellerin ist Robertson Associates AG aus Zürich, Schweiz, vetreten durch Badertscher Rechtsanwälte, Schweiz.
Der Gesuchsgegner ist Rudolf Zeller aus Küsnacht, Schweiz, vetreten durch Marco Sulser, Schweiz.
2. Streitige Domain-Namen
Gegenstand des Verfahrens sind die Domain-Namen < robertsoninternational.ch> und < robertsonswiss.ch>.
Die Domainvergabestelle ist SWITCH, Zürich, Schweiz.
3. Verfahrensablauf
Das Gesuch ging beim WIPO Schiedsrgerichts- und Mediationszentrum (das „Zentrum”) am 5. Juni 2013 ein. Das Gesuch stützt sich auf das Verfahrensreglement von SWITCH für Streitbeilegungsverfahren für “.ch” und “.li” Domain-namen (“Verfahrensreglement”), welches am 1. März 2004 in Kraft getreten ist.
Am 6. Juni 2013 bestätigte das Zentrum den Eingang des Gesuches.
Am 6. Juni 2013 bestätigte die Domainvergabestelle SWITCH, dass der Gesuchsgegner Inhaber und administrative Kontaktperson der streitgegenständlichen Domain-Namen ist. Das Zentrum stellte fest, dass das Gesuch den formellen Anforderungen des Verfahrensreglements entspricht.
Am 12. Juni 2013 wurde das Gesuch ordnungsgemäss zugestellt und das Streitbeilegungsverfahren eingeleitet.
Der Gesuchsgegner reichte fristgemäss am 2. Juli 2013 seine Gesuchserwiderung ein.
Ein Schlichtungsverfahren wurde am 3. Juli 2013 eingeleitet und das Streitverfahren bis zum 30. September 2013 sistiert. Das Schlichtungsverfahren blieb erfolglos.
Am 30. September 2013 reichte die Gesuchstellerin ein Gesuch zur Fortführung des Verfahrens ein.
Das Zentrum bestellte am 7. November 2013 Gérald Page als Experten. Der Experte stellt fest, dass er ordnungsgemäss bestellt wurde und hat in Übereinstimmung mit Paragraph 4 des Verfahrensreglements seine Unabhängigkeit erklärt.
Am 11. November 2013 stellte der Gesuchsgegner den prozessualen Antrag, die Eingaben der Gesuchstellerin vom 12. August 2013 und vom 30. September 2013 aus dem Recht zu weisen.
Am 13. November 2013 stellte die Gesuchstellerin den Antrag, das gegnerische prozessuale Begehren sei abzuweisen.
Am 15. November 2013 entschied der Experte :
1. Die Eingaben der Gesuchstellerin vom 12. August 2013 und 30. September 2013 sind zulässig.
2. Der Gesuchsgegner hat eine Frist bis zum 25. November 2013 für eine letzte Stellungnahme.
3. Es werden danach keine weitere Eingaben ohne ausdrückliche Bewilligung des Experten zugelassen.
Der Gesuchsgegner reichte am 25. November 2013 seine letzte Stellungnahme ein.
4. Sachverhalt
Die Gesuchstellerin Robertson Associates AG, mit Sitz in Zürich, ist die Muttergesellschaft einer Gruppe, die „Robertson Associate-Gruppe“ mit Gesellschaften oder Vertretungen in verschiedenen Ländern, in Europa und den Vereinigten Staaten von Amerika. Gemäss Handelsregisterauszug existiert die Gesellschaft seit 3. Juni1987 (unter dem Namen Schmid & Partner), seit dem 29. August1996 (unter dem Namen Robertson Associates Euram AG) und seit dem 1. März 2011 unter der jetzigen Firmenbezeichnung. Der Gesuchgegner, Herr Rudolf Zeller ist der registrierte Halter der streitgegenständlichen Domain-namen. Er ist Geschäftsführer der Gesellschaft „Robertson International GmbH“ und verwendet die Domain-namen nicht persönlich sondern in seiner Geschäftstätigkeit für die Firma.
Die Gesuchstellerin ist seit dem 9. April 2013 als Eigentümerin der internationalen Marke Nr. 644490 „Robertson Associates“ registriert. Diese Marke war ihr durch die frühere Eigentümerin, die „Robertson Associates Benelux BV, Holland“ übertragen, die als Eigentümerin der genannten Marke seit dem 21. November 1995 registriert war. Diese Marke ist in den Klassen 35, 36 und 42 eingetragen und deckt insbesondere das Gebiet der Beratung und des „executive search“.
Die Gesuchstellerin ist auch als Eigentümerin der Schweizer Wortmarke ROBERTSON ASSOCIATES, in den Klassen 35, 42, 45, seit dem 23.1.2013, registriert.
Sie ist auch als Eigentümerin der Wort/ Bildmarke R ROBERTSON ASSOCIATES, INTERNATIONAL MANAGEMENT CONSULTANT, in den Klassen 35, 42 und 45 in der Schweiz seit dem 23.1.2013 eingetragen.
Die zwei streitgegenständlichen Domain-namen wurden am 14. Februar12012 (<robertsoninternational.ch>) und am 22.1.2012 (<robertsonswiss.ch>) registriert.
Wie im Fall dokumentiert, verwendet die Gruppe der Gesuchstellerin den Namen „Robertson“ als Kennzeichnungsbestandteil seit 1951, etwa seit der Gründung der ersten Gesellschaft durch John P. Robertson.
5. Parteivorbringen
A. Gesuchstellerin
Die Gesuchstellerin behauptet, die Registrierung der streitgegenständlichen Domain-namen verletze ihre Markrechte. Die sogenannte „Robertson Gruppe“, genauer die verschiedenen Gesellschaften der Gruppe, auch diejenigen in der Schweiz, hätten das Wort „Robertson“ seit der Gründung der ersten Gesellschaft durch John P. Robertson im Jahr 1951 gebraucht.
Sie bringt insbesondere vor, dass die Domain-Namen mit dem Inhalt ihrer eigenen Marke identisch oder mindestens ähnlich, und zwar im kennzeichnungskräftigen Element „Robertson“, sind. Dazu käme auch die Tatsache, dass die Domain-Namen auch im gleichen wirtschaftlichen Tätigkeitsbereich gebraucht werden. Dieser Bereich sei auch durch die Klassenregistrierung der Marken gedeckt.
Sie behauptet ferner, dass dadurch der Gesuchsgegner den falschen Eindruck erwecke, dass zwischen seinen Webseiten und der „Robertson Associates AG“ eine geschäftliche oder zu mindest wirtschaftliche Verbindung bestehe. Sie führt auch aus, dass sie, unter den Namen „Robertson Associates“ ihr Geschäft in der Schweiz seit Jahren geführt hat. Sie zeigt dies insbesondere durch Beilegen von verschiedenen Rechnungen an Kunden und Korrespondenzen. Die Gesuchstellerin bringt ferner vor, dass dadurch auch ihre Firmenrechte verletzt werden. Sie sei seit dem 23. August 1996 im Schweizerischen Handelsregister unter dieser Firma registriert, abgesehen davon, dass die Gesellschaften der „Robertson Associates-Gruppe“ den Firmennamen „Robertson Associates“ schon seit 1951 verwenden. Dies wird auch aus verschiedenen Auszügen aus dem Handelsregister Zürich ersichtlich.
B. Gesuchsgegner
Der Gesuchsgegner behauptet, das Verfahren sei in ersten Linie eine Retorsionsmassnahme gegen Herrn Wüthrich, der in die Gesellschaft „Robertson International GmbH“ des Gesuchsgegners auch tätig ist. Er gibt aber keine weitere relevante Elemente oder Beweise dafür.
Der Gesuchsgegner bestreit zuerst, dass zur Zeit der Registrierung der streitgegenständlichen Domain-namen, die Gesuchstellerin Eigentümerin der Markenrechte war. Diese sei Eigentümerin der internationalen Marke erst im April 2013 geworden. Sie hätte die Schweizer Marken ROBERTSON ASSOCIATES und ROBERTSON ASSOCIATES INTERNATIONAL MANAGEMENT CONSULTANTS auch erst im Januar und Februar 2013 registriert. Die Gesuchstellerin dürfte deswegen keine Markenrechte geltend machen.
Der Gesuchsgegner bringt ferner vor, dass die Gesuchstellerin, die Marke ROBERTSON ASSOCIATES nie in der Schweiz gebraucht hat und dass deswegen auch, wenn sie früher Markenrecht ableiten durfte, solche Rechte durch Nicht-Gebrauch der Marke nichtig seien.
Der Gesuchsgegner behauptet ferner, dass die Gesuchstellerin keine Firmenrechte geltend machen kann, da eine Unternehmensgruppe nicht Trägerin von Rechten sein könne, da etwaige Rechte nur zu den einzelnen Gesellschaften der Gruppe gehörten. Er wiederholt auch, dass, obwohl die Gesuchstellerin als Firma unter dem Namen „Robertson Associates AG“ seit dem 23. Februar 2011 registriert ist, sie hätte unter diesem Namen auch keine eigentliche Aktivität in der Schweiz gehabt hätte, da sie aus Deutschland betrieben würde. Der Gesuchsgegner gibt keine weitere Beweise für diese Behauptung.
Er räumt zu, dass nach dem Rückzug des Gründers John P. Robertson aus dem Geschäft zirka 1983, verschiedene Gesellschaften in der Schweiz diesen Firmenbestandteil parallel geführt haben. Er behauptet aber nicht, dass die Firma in welcher er seine eigene Tätigkeit ausübt, eine dieser Gesellschaften war oder gewesen ist. Er behauptet auch nicht, dass er selber und persönlich spezifische Rechte auf diese Bezeichnung besitzt.
6. Entscheidungsgründe
Verletzung der Kennzeichenrechte der Gesuchstellerin
Gemäss Paragraph 24(c) des Verfahrensreglements gibt der Experte dem Gesuch statt, wenn die Registrierung oder Verwendung des Domain-namens eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts darstellt, das dem Gesuchsteller nach dem Recht der Schweiz oder Liechtensteins zusteht.
Gemäss Paragraph 24(d) des Verfahrensreglements liegt eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts insbesondere dann vor, wenn
i. sowohl der Bestand als auch die Verletzung des geltend gemachten Kennzeichenrechts sich klar aus dem Gesetzeswortlaut oder aus einer anerkannten Auslegung des Gesetzes und den vorgetragenen Tatsachen ergeben und durch die eingereichten Beweismittel nachgewiesen sind; und
ii. der Gesuchsgegner keine relevanten Verteidigungsgründe schlüssig vorgetragen und bewiesen hat; und
iii. die Rechtsverletzung, je nach dem im Gesuch erhobenen Rechtsbegehren, die Übertragung oder Löschung des Domain-Namens rechtfertigt.
A. Bestand eines Kennzeichenrechts der Gesuchstellerin
Aus den Akten geht hervor, dass die Gesuchstellerin selbst Eigentümerin der zwei Schweizer Marken und der internationalen Marke ist. Es geht hervor, dass sie es erst ab 2013 ist, das heisst nach der Registrierung durch den Gesuchsgegner der streitgegenständlichen Domain-Namen.
Es stellt sich deshalb vorab die Frage, ob sie in diesem Verfahren klare Markenrechte geltend machen kann.
Es geht aus den Beweisakten hervor, dass die Gesuchstellerin Eigentümerin der internationalen Bild / Wortmarke nach Übertragung von einer Gesellschaft der selben Unternehmensgruppe geworden ist und dass der Schutz aus dieser Marke sich schon seit 1996 auf die Schweiz erstreckte. Die Gehörigkeit der Gesuchstellerin zur gleichen Unternehmensgruppe ist auch nachgewiesen und nicht ernsthaft in Frage gestellt.
Aus den Beweisakten geht auch hervor, dass, mindestens seit 5 Jahren, das heisst auch schon vor ihrer formellen Eintragung im Register, die Gesuchstellerin selbst, und für eine Tätigkeit in der Schweiz, die Kennzeichnung „Robertson“ tatsächlich verwendet hat.
Dies zeigt ohne Zweifel, dass sie innerhalb der „Robertson Gruppe“, für ihre Tätigkeit in der Schweiz, die durch die internationale Marke geschützt war, die Marke gebrauchen durfte, entweder in der Form eines schriftlichen Vertrages (der nicht vorliegt) oder sonst formlos innerhalb der Unternehmensgruppe. Dass sie die Kennzeichnung „Robertson Associates“ gebrauchen durfte, ergibt sich so auf jeden Fall aus einer Gebrauchslizenz. Dies ist auch durch die Tatsache erwiesen, dass die Gesuchstellerin innerhalb der Gruppe auch ihre Firma unter dieser Bezeichnung umändern durfte oder sogar führen musste.
Zur Zeit der Registrierung der streitgegenständlichen Domain-Namen, besass daher die Gesuchstellerin in klarer Weise, Kennzeichnungsrechte über die Bezeichnung „Robertson“. Der Gesuchsgegner selber behauptet auch nicht, auf diese Bezeichnung, heute oder damals, ein besseres Recht zu besitzen.
Dieser Schluss ist auch dadurch gerechtfertigt, dass die erste registrierte Eingentümerin der internationalen Marke, die ROBERTSON ASSOCIATES BENELUX BV, heute auch gar nicht mehr Eigentümerin dieser Marke ist und in diesem Verfahren solche frühere Rechte geltend machen könnte. Ihre Rechte sind auf die Gesuchstellerin übergegangen.
Schlussendlich geht es auch eindeutig aus den Akten hervor, dass die Gesuchstellerin seit 1996 unter der Firma „Robertson Associates Euram AG“ existiert und seit dem 1. März 2011 unter dem Namen „Robertson Associates AG“ eingetragen ist. Sie besass also in klarer Weise vor der Registrierung der streitgegenständlichen Domain-namen ein Firmenrecht in der Schweiz. Der Gesuchsgegner besitzt selber kein solches Recht. Auch die Gesellschaft, in der er tätig ist und für welche er die Domain-Namen verwendet, die Robertson International GmbH, wurde erst nachträglich am 18. Juli 2012 ins Handelsregister des Kantons Zürich eingetragen.
Da ein Kennzeichnungsrecht der Gesuchstellerin zur Zeit der Registrierung der streitgegenständlichen Domain-Namen und heute besteht, stellt sich die Frage, ob ein solches Recht durch die Eintragung der Domain-Namen klar verletzt worden ist.
B. Klare Verletzung des Kennzeichenrechts der Gesuchstellerinnen
Die streitgegenständlichen Domain-Namen verwenden die Wortbestandteile „Robertson“, einmal mit dem Zusatz „International“, einmal mit dem Zusatz „Swiss“.
Beide Domain-Namen werden auch für eine Tätigkeit, in der Schweiz, verwendet, die gleich oder ähnlich ist wie diejenige der Gesuchstellerin (executive search, Unternehmensberatung).
Der Bestandteil „Robertson“ in der Gesamtbezeichnung, und im Vergleich zu den beschreibenden Zusätzen „International“ oder „Swiss“ oder „Associates“ ist ohne Zweifel der kennzeichnungskräftige Bestandteil, auf jeden Fall im Wortbestandteil der Marke.
Gesamthaft besteht auch deswegen der Eindruck, dass die streitgegenständlichen Domain-Namen, die auf die Firma des Gesuchsgegners hindeuten, mit der Tätigkeit und den Gesellschaften der Gruppe in welcher John P. Robertson in den fünfziger Jahren Gründer war, insbesondere mit der Gesuchstellerin, eine geschäftliche oder sonstige Beziehung besteht.
Das Gleiche gilt im Zusammenhang mit dem Firmenrecht der Gesuchstellerin: die Verwendung der streitgegenständlichen Domain-Namen erweckt eindeutig den Eindruck, dass sie mit der Gesuchstellerin oder ihrer Gesellschaftsgruppe in der Schweiz oder international, in Verbindung steht.
Der Experte kommt deswegen zum Schluss, dass die Kennzeichnungsrechte der Gesuchstellerin durch die Registrierung der streitgegenständlichen Domain-Namen tatsächlich verletzt werden.
C. Der Gesuchsgegner hat keine Verteidigungsgründe schlüssig vorgetragen und bewiesen
Der Gesuchsgegner hat sich selbst mit der Verwechslungsgefahr nicht ernsthaft beschäftigt, oder mindestens keine dazu gegenteiligen Argumente gebracht.
Der Gesuchsgegner hat sich darauf beschränkt, die Kennzeichnungsrechte, oder deren Gültgikeit, zu verneinen, was, wie oben dargelegt, nicht zutreffend ist.
Der Gesuchsgegner hat nicht versucht zu zeigen, und auch nicht dargelegt, warum er, sei es nach Markenrecht oder nach Firmenrecht, ein besseres Recht besitzen würde. Er hat auch nicht versucht vorzutragen, warum er den Bestandteil „Robertson“ braucht oder verwenden dürfte. Er hat dafür keine historischen, rechtlichen oder allgemeineren wirtschaftlichen Gründe genannt.
D. Die Rechtsverletzung durch den Gesuchsgegner rechtfertigt die Übertragung der streitgegenständlichen Domain-Namen
Auf Grundlage aller oben gemachten Ausführungen erachtet der Experte, dass der Gesuchsgegner die Kennzeichenrechte der Gesuchstellerin verletzt, und dass diese Verletzung die Übertragung der streitgegenständlichen Domain-Namen <robertsoninternational.ch> und <robertsonswiss.ch>. rechtfertigt. Es ist auch aus den Akten ersichtlich, dass die Gesuchstellerin beide eine internationale und eine Schweizerische Tätigkeit ausübt.
7. Entscheidung
Aus den oben dargelegten Gründen entscheidet der Experte, dass die streitgegenständlichen Domain-Namen <robertsoninternational.ch> und <robertsonswiss.ch> gemäss Paragraph 24 des Verfahrensreglements auf Robertson Associates AG entsprechend ihrem Gesuch zu übertragen sind.
Gérald Page
Experte
Datum: 13. Dezember 2013