WIPO

 

WIPO Arbitration and Mediation Center

 

ENTSCHEIDUNG DES BESCHWERDEPANELS

Hugo Boss Trade Mark Management GmbH & Co. KG , Hugo Boss AG v. Marco Scheffler

Verfahren Nr. D2005-0842

 

1. Die Parteien

Die Beschwerdeführerinnen sind die Hugo Boss Trade Mark Management GmbH & Co. KG, Zug, Schweiz, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei Coudert Brothers LLP in 10036-7703 New York, USA (im folgenden „Beschwerdeführerin 1“) sowie die Hugo Boss AG, Metzingen, Deutschland, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei Coudert Brothers LLP in Washington, DC, USA (im folgenden „Beschwerdeführerin 2“, beide zusammen im folgenden „Beschwerdeführer“).

Beschwerdegegner ist Marco Scheffler, Göttingen, Deutschland.

 

2. Domainname und Domainvergabestelle

Gegenstand des Verfahrens ist der Domainname <hugo-boss.org>.

Die Domainvergabestelle ist die Key Systems GmbH in Zweibrücken, Deutschland.

 

3. Verfahrensablauf

Die Beschwerdeschrift ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center (kurz:  „Center“) in englischer Sprache per Email am 4.August 2005 und per Post am 8.August 2005 ein. Auf Anfrage des Centers bestätigte die Domainvergabestelle am 11.August 2005 per Email, dass der Beschwerdegegner Inhaber des streitgegenständlichen Domainnamens und auch dessen administrativer Kontakt ist. Darüber hinaus teilte die Domainvergabestelle mit, dass die Verfahrenssprache deutsch ist. Das Center forderte daraufhin am 16.August 2005 per Email die Beschwerdeführerinnen auf, die Beschwerde in deutscher Sprache bis zum 21.August  2005 einzureichen, was am 18.August 2005 per Email sowie am 22.August 2005 in körperlicher Form geschah.

Am 23.August 2005 wurde die Beschwerdeschrift ordnungsgemäß nach Paragraph 2(a) der ‚Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy’ (die “Verfahrensordnung“) dem Beschwerdegegner übermittelt und das Beschwerdeverfahren eingeleitet. Als letzter Tag für die Absendung der Beschwerdeerwiderung wurde ihm der 12.September 2005 mitgeteilt.

Am 15.September 2005 wurde die Säumnis des Beschwerdegegners festgestellt.

Am 30.September 2005 teilte das Center mit, dass ein Beschwerdepanel in der Person von Herrn Christian Schalk bestellt wurde, und dass der Einzelpanelist eine Annahmeerklärung und eine Erklärung der Unbefangenheit und Unabhängigkeit abgegeben hat.

Das Panel stimmt mit der Einschätzung des Centers überein, dass die Beschwerde den in der Verfahrensordnung festgelegten formalen Anforderungen genügt und dem Beschwerdegegner ordnungsgemäß mitgeteilt wurde.

Das Panel hat keine Anfragen seitens der Beschwerdeführer bzw. des Beschwerdegegners hinsichtlich weiterer Vorlagen bzw. Fristverlängerungen erhalten und erachtet diese auch für nicht erforderlich bzw. sachdienlich. Das für den Erlaß einer Entscheidung vom Center festgesetzte Datum ist der 14.Oktober 2005.

 

4. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin 2 ist ein Unternehmen, das seit 1948 in Deutschland existiert und dessen Namen von dem damaligen Gründer Hugo Boss stammt. Als internationales Modeunternehmen hat es sich auf die Vermarktung hochwertiger Kleidung und Accessoires spezialisiert.

Sie ist Inhaberin mehrerer eingetragener deutscher HUGO BOSS Wortmarken:

- No. 1007460, HUGO BOSS, Anmeldedatum 07.Dezember 1979, Klasse 25

- No. 1056562, HUGO BOSS, Anmeldedatum 03.August 1983, Klasse 3, 9, 14, 18 und 25

sowie den folgenden eingetragenen deutschen Wort- Bildmarken:

- No. 962817, BOSS CREATION HUGO BOSS PARIS, Anmeldedatum 23.Dezember 1976, Klasse 25

- No. 962818, BOSS CREATION HUGO BOSS PARIS, Anmeldedatum 23.Dezember 1976, Klasse 25

- No. 963004, ANTONIO ROSSI BY HUGO BOSS, Anmeldedatum 30.März 1977

Die Hugo Boss Trade Mark Management GmbH & Co. KG, in 72555 Metzingen, Deutschland, eine Tochtergesellschaft der Beschwerdeführerin 2 (im folgenden „Tochtergesellschaft“), ist Inhaberin der folgenden eingetragenen europäischen Gemeinschaftsmarken.

(a) Wortmarken

- No. 585380, HUGO BOSS GOLF, Anmeldedatum 17.Juli 1997, in den Klassen 9, 14, 18, 25 und 28

- No. 585349, BOSS GOLF HUGO BOSS, Anmeldedatum 17.Juli 1997, in den Klassen 9, 14, 18, 25 und 28

(b) Wort- Bildmarken

- No. 585471, SELECT BOSS HUGO BOSS LINE, Anmeldedatum 17.Juli 1997, in Klasse 25

- No. 585463, HUGO HUGO BOSS woman, Anmeldedatum 17.Juli 1997, in den Klassen 9, 14, 18, 25 und 28

- No. 585422, HUGO BOSS GOLF, Anmeldedatum 17.Juli 1997, in den Klassen 9, 14, 18, 25 und 28.

Darüber hinaus ist sie Inhaberin zahlreicher HUGO BOSS – Wortmarken in den USA, u.a.

- No. 1624938, HUGO BOSS, Anmeldedatum 23.Juli 1987, in Klasse 25

- No. 1594225, HUGO BOSS, Anmeldedatum 08.Juni 1987, in Klasse 18

- No. 1499728, HUGO BOSS, Anmeldedatum 01.Mai 1987, in Klasse 28

- No. 1515181, HUGO BOSS, Anmeldedatum 08.Juni 1987, in Klasse 09.

Die Beschwerdeführer betreiben Webseiten in deutscher und englischer Sprache, die unter „www.hugoboss.com” und „www.hugo-boss.com” erreichbar sind und identischen Inhalt aufweisen. Auf der Webseite werden u.a. Informationen über die Beschwerdeführer, deren Produkte, Finanzdaten und Firmennachrichten bereitgestellt.

Wie in mehreren Panelentscheidungen festgestellt, genießt die Beschwerdeführerin 2 sowie die Marke HUGO BOSS weltweite Berühmtheit aufgrund der Verwendung der Marken in Werbekampagnen, in Verkaufsräumen, bei internationalen Preisverleihungen, Sportkampagnen und anderen Unterhaltungsprogrammen und TV Ereignissen, siehe WIPO Entscheidungen Nr. D2000-1109 (Hugo Boss AG v. Dr. Yang Consulting) bezüglich des Domainnamens <myhugoboss.com>; DAS2000-0001 (Hugo Boss AG v. LuckyLukes a.k.a. LUCKYLUCKES.COM a.k.a. David Lee) bezüglich des Domainnamens <hugo-boss.as> sowie D2000-1135 (Hugo Boss v. Robert.F.Walsh) hinsichtlich der Domainnamen <bossshoes.com>, <bossshoes.net> und <bossshoes.org>.

Zwischen den Beschwerdeführern und dem Beschwerdegegner bestehen keine Verbindungen. Diesem wurde weder ein Lizenzrecht an einer Marke der Beschwerdeführer gewährt, noch ist er aus anderen Gründen zu deren Nutzung berechtigt.

Der Beschwerdegegner registrierte den streitgegenständlichen Domainnamen am 28.Juli 2005 um 18:53 Uhr. Die Kosten für die Registrierung betrugen Euro 9,60.-. Drei Stunden später stellte der Beschwerdegegner den streitgegenständlichen Domainnamen in die deutsche Ebay – Webseite ein (siehe insbesondere: http://cgi.ebay.de/ws/dBayISPI.dll?ViewItem&category=29120&item=7534691468&rd01) und bot diesen zum Preis von Euro 1.750.- zum Verkauf an. Auf der Webseite befanden sich zwei deutlich erkennbare Abbildungen der Wort- / Bildmarke „HUGO / HUGO BOSS“.

Unmittelbar unter der Kopfleiste der Webseite war folgender Text in fettgedruckten Buchstaben zu lesen:

„www.hugo-boss.org wird verkauft Wert 75.000 Euro“

Weiter unten stand, ebenfalls in Fettdruck und in großer Schrift:

„www.hugo-boss.org

Wer kennt nicht die berühmte Hugo Boss Marke. Absoluter Hammer Name. Der Name ist für den richtigen Bieter ein Vermögen wert. Wird so schnell nicht wieder angeboten.

Internationale Seite und Titel.

Hier wird nur der Domainname verkauft www.hugo-boss.org

Mit diesem Domainnamen werden Sie sicherlich ganz weit vorne bei den Suchmaschinen geführt.

Der Name ist bei united-domains gesichert und wird nach der Versteigerung umgeschrieben.

Viel Erfolg beim bieten. Ebay übernehme ich!“

Unter der Rubrik „Weitere Artikel dieses Verkäufers“ fanden sich weitere Verkaufsangebote für Domainnamen, darunter einer, der große Ähnlichkeit mit einer anderen ebenfalls international bekannten Modemarke besitzt.

Der streitgegenständliche Domainname wurde ferner mit Webseiten verknüpft. Gibt man diesen in den Browser ein, wird der Internetnutzer zu einem Portal geleitet, das verschiedene Oberbegriffe aus dem Konsumgüterbereich auflistet, wie z.B. Mode und Schmuck. Nach der Auswahl eines dieser Bereiche wird der Internet Nutzer zu einer Seite geleitet, die „Links“ zu Angeboten bzw. Webseiten auflistet, welche von dem ausgewählten Oberbegriff erfasst werden bzw. entsprechende Inhalte anbieten. Nach der Auswahl des Bereichs „Mode“ wurden unter anderem neun Links angezeigt, die „HUGO BOSS“ Kleidung und Parfüm zum Gegenstand haben. Keiner dieser Links führte zu den Webseiten der Beschwerdeführer, die unter den Domainnamen <hugoboss.com> oder <hugo-boss.com> aufrufbar sind.

 

5. Parteivorbringen

A. Beschwerdeführer

(1) Die Beschwerdeführer tragen vor, dass der streitgegenständliche Domainname mit ihren Marken, Firmenbezeichnungen und Domainnamen verwechslungsfähig ähnlich sei. Dieser enthalte den vollen Bestandteil der von den Beschwerdeführern gehaltenen Wortmarke (HUGO BOSS). Der einzige Unterschied bestehe in dem Bindestrich zwischen den Wörtern „Hugo“ und „Boss“. In diesem Zusammenhang verweisen die Beschwerdeführer auf frühere Panelentscheidungen, wonach die Verwendung der gesamten Wortmarke ohne wesentliches Unterscheidungsmerkmal eine Verwechslungsgefahr darstelle, siehe WIPO Entscheidungen Nr. D2000-0475 (Lilly ICOS LLC v. Tommy Hillinger); D2000-0034 (ISL marketing AG et al. v. J.Y. Chung et al.); D2000-0664 (The Price Company v. Price Club).

Ferner machen sie geltend, dass in früheren Panelentscheidungen festgestellt wurde, dass die Verwendung eines Bindestrichs innerhalb einer Wortmarke keine wesentliche, die Verwechslungsgefahr ausschließende Abänderung, darstelle, siehe WIPO Entscheidungen Nr. D2005-0363 (NIIT limited v. National Institute for Information Technology); D2005-0284 (Kate Spate LLC v. Karen Vog); D2004-0128 (National City Corporation v. MH Networks LLC); D2004-0281 (Fort Knox National Company v. Ekaterina Phillipova).

(2) Die Beschwerdeführer tragen vor, dass der Beschwerdegegner weder Rechte noch ein berechtigtes Interesse an dem streitgegenständlichen Domainnamen habe.

Dieser sei im Hinblick auf die „HUGO BOSS“ Marke der Beschwerdeführer verwechslungsfähig ähnlich. Er werde außerdem in einer Weise genutzt, daß Internetnutzer bei ihrer Suche nach Produkten der Beschwerdeführer im Internet auf das Portal des Beschwerdegegners gelenkt- und in Bezug auf den Betreiber bzw. Sponsor der Webseite / des Internetangebots irregeführt werden.

Ferner sei „HUGO BOSS“ weder der Name des Beschwerdegegners bzw. dessen Unternehmens, noch könne der Beschwerdegegner irgendwelche Rechte aus einer entsprechenden Markeneintragung geltend machen. Aufgrund der Anzahl der Markeneintragungen und des damit verbundenen Bekanntheitsgrades sowie des immateriellen Wertes der „HUGO BOSS Marke“ sei ein Umstand, welcher den Beschwerdegegner zur rechtmäßigen Nutzung des streitgegenständlichen Domainnamens berechtigen würde, nicht ersichtlich.

Die Beschwerdeführer machen auch geltend, dass es keinen Hinweis darauf gebe, dass der Beschwerdegegner den streitgegenständlichen Domainnamen für eine nichtkommerzielle Tätigkeit ohne Gewinnabsicht nutzen wolle.

(3) Die Beschwerdeführer sind ferner der Ansicht, dass der streitgegenständliche Domainname in bösem Glauben eingetragen und benutzt wurde.

Sie verweisen auf frühere Panelentscheidungen, nach denen durch die Registrierung eines Domainnamens, welcher eine bekannte Marke eines Dritten beinhaltet, kein Recht oder berechtigtes Interesse an der Nutzung des Domainnamens angenommen werden kann, sondern dass dies auf eine bösgläubige Verwendung gemäss Absatz 4(c) der Verfahrensordnung schließen läßt. In diesen Zusammenhang verweisen die Beschwerdeführer auf die WIPO Entscheidungen Nr. DAS2000-0001 (Hugo Boss AG v. LuckyLukes a.k.a. LUCKYLUCKES>COM a.k.a. David Lie); D2000-0003 (Telstra Corporation Limited v. Nuclear Marshmallows); D2000-0179 (Medisite S.A.R.L. v. Intellisolve Limited).

Die Bekanntheit und Reputation der Marke „HUGO BOSS“ der Beschwerdeführer in Verbindung mit der bestehenden Verwechslungsgefahr zwischen dieser und dem streitgegenständlichen Domainnamen sowie der vom Beschwerdegegner auf Ebay bereitgestellte Inhalt ließen eindeutig darauf schließen, dass der Beschwerdegegner bei dessen Registrierung und nachfolgenden Nutzung Kenntnis von den Rechten der Beschwerdeführer an der Marke „HUGO BOSS“ hatte.

Die sofortige Einstellung dieses Domainnamens in die Ebay Webseite sowie der Verweis auf die Berühmtheit der Marke der Beschwerdeführer machten deutlich, dass der Beschwerdegegner diesen in erster Linie gewinnbringend verkaufen wollte. Dafür spreche, dass der vorgegebene Verkaufspreis wesentlich höher als die tatsächlichen Registrierungskosten ist.

B. Beschwerdegegner

Der Beschwerdegegner hat zu dem Vortrag der Beschwerdeführer nicht Stellung genommen.

 

6. Entscheidungsgründe

Gemäß Paragraph 15(a) der Verfahrensordnung hat das Panel über die Beschwerde auf Basis der dem Panel vorliegenden Erklärungen und Dokumente, gemäß der „Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy“ (der „Richtlinie“), sowie den Regeln und Rechtsgrundsätzen, die das Panel in diesem Fall für anwendbar hält, zu entscheiden.

Das Panel ist davon überzeugt, dass das Center alle geeigneten Schritte unternommen hat, um den Beschwerdegegner von der Einreichung der Beschwerde und dem Beginn dieses Verfahrens zu informieren. Das Schweigen des Beschwerdegegners hat daher seinen Ursprung nicht in einem Unterlassen seitens des Centers. Da der Beschwerdegegner nicht auf den Vortrag der Beschwerdeführer erwidert hat, wird das Panel auf Basis des Vorbringens der Beschwerdeführer und aller Folgerungen, die daraus gezogen werden können, entscheiden.

Paragraph 4(a) der Richtlinie führt drei Elemente auf, die die Beschwerdeführer nachweisen müssen, um die Feststellung zu rechtfertigen, daß der Domainname des Beschwerdegegners auf die Beschwerdeführer zu übertragen ist:

(1) dass der Domainname <hugo-boss.org> mit einer Marke, aus der die Beschwerdeführer Rechte herleiten, identisch oder verwechslungsfähig sind; und

(2) dass der Beschwerdegegner weder Rechte noch ein berechtigtes Interesse an dem streitgegenständlichen Domainnamen hat; und

(3) dass der streitgegenständliche Domainname bösgläubig registriert wurde und benutzt wird.

1. Verwechslungsgefahr mit einer Marke, aus welcher die Beschwerdeführer Rechte herleiten

(a) Die Beschwerdeführerin 1 ist eine in der Schweiz ansässige Gesellschaft. Ausgehend von den Unterlagen, die die Beschwerdeführer eingereicht haben, besitzt die Beschwerdeführerin 1 keine Markenrechte, die eine Verwechslungsgefahr mit dem streitgegenständlichen Domainnamen begründen könnten. Diese hätten durch entsprechende Markeneintragungsurkunden bzw. Lizenzverträgen, ggf. verbunden mit dem Nachweis einer gesellschaftsrechtlichen Beziehung (z.B. Mutter-/ Tochterunternehmen) mit der Markeninhaberin, dargelegt werden müssen. Inhaberin von solchen Markenrechten ist hingegen eine in Deutschland beheimatete Gesellschaft, die nicht Partei in diesem Verfahren ist, sowie die Beschwerdeführerin 2. Da alle drei Vorraussetzungen des Paragraph 4(a) der Richtlinie vorliegen müssen, um der Beschwerde stattzugeben, ist die Beschwerde hinsichtlich der Beschwerdeführerin 1 abzuweisen.

(b) Die Beschwerdeführerin 2 ist hingegen Inhaberin von HUGO BOSS Marken in Deutschland, wo auch der Beschwerdegegner seinen Wohnsitz hat. Der streitgegenständliche Domainname <hugo-boss.org>, ist fast identisch mit diesen Marken der Beschwerdeführerin 2. Der Zusatz “.org” bleibt bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr unberücksichtigt. Da der Internetnutzer erkennt, daß der Zusatz “.org” als sogennannter Top-Level-Domainname nur von technisch-funktionaler Bedeutung ist, hat dieser bei der vergleichenden Gegenüberstellung außer Betracht zu bleiben (siehe Deutsche Post AG v. MailMij LLC, WIPO Entscheidung Nr. D2003-0128; Freistaat Bayern v. Tobias Binderberger, WIPO Entscheidung Nr. D2004-0368; DePfa Deutsche Pfandbriefbank AG v. Michael Wilhelm, WIPO Entscheidung Nr. D2002-0401; Wal-Mart Stores, Inc. v. Walsucks and Walmarket Puerto Rico, WIPO Entscheidung Nr. D2000-0477).

Auch der Bindestrich zwischen den Worten „HUGO“ und „BOSS“ vermag keine Verwechslungsgefahr ausschließen (siehe u.a. National City Corporation v. MH Networks LLC, WIPO Entscheidung Nr. D2004-0128 für den Domainnamen <national-city-mortgage.com>; Transamerica Corp. v. Inglewood Computer Services, WIPO Entscheidung Nr. D2000-0690 für den Domainnamen <trans-america.com>; Fort Knox National Company v. Ekaterina Phillipova, WIPO Entscheidung Nr. D2004-0281 für den Domainnamen <true-pay.com>).

2. Rechte oder berechtigtes Interesse an den Domainnamen

Die Gewährung eines Übertragungsanspruches oder Löschungsanspruches setzt gemäß Paragraph 4(a)(ii) der Richtlinie voraus, daß sich der Beschwerdegegner nicht auf ein eigenes Recht oder berechtigtes Interesse an dem Domainnamen berufen kann. In Paragraph 4(c) zählt die Richtlinie beispielhaft und nicht abschließend drei Umstände auf, die als Nachweis eines eigenen Rechts oder berechtigten Interesses genügen. Danach soll ein Recht oder berechtigtes Interesse im Sinne des Paragraphen 4(a)(ii) der Richtlinie insbesondere dann vorliegen, wenn unter Würdigung aller vorgetragenen Beweismittel festgestellt wird, daß der Beschwerdegegner als Domainnameninhaber:

(a) die streitgegenständlichen Domainnamen oder einen diesen entsprechenden Namen vor Anzeige der Streitigkeit für ein gutgläubiges Angebot von Waren oder Dienstleistungen verwendet oder eine solche Verwendung nachweislich vorbereitet hat,

(b) allgemein (als Einzelperson, Unternehmen oder andere Organisation) unter den Domainnamen bekannt ist, selbst wenn er eine Marke nicht erworben hat, oder

(c) den Domainnamen in berechtigter nicht gewerblicher oder sonst anerkennenswerter Weise ohne Gewinnerzielungsabsicht und ohne den Willen, Verbraucher in irreführender Weise abzuwerben oder die fragliche Marke zu verunglimpfen, verwendet.

Nach Ansicht des Panels hat der Beschwerdegegner aus den folgenden Erwägungen kein Recht oder berechtigtes Interesse an dem Domainnamen dargetan:

(a) Der Beschwerdegegner hat den Domainnamen nicht für ein gutgläubiges Angebot von Waren oder Dienstleistungen verwendet oder eine solche Verwendung nachweislich vorbereitet. Vielmehr hat er diesen in Kenntnis der Markenrechte der Beschwerdeführerin 2 angemeldet, um diesen mit hohem Gewinn zu veräußern. Diese Art der Verwendung der Domainnamen kann kein berechtigtes Interesse im Sinne der Richtlinie begründen. Diese versteht unter dem Angebot von Waren und Dienstleistungen gerade nicht den Verkauf von Domainnamen, die deren Inhaber, in Kenntnis der Rechte Dritter an diesen, mit Gewinnerzielungsabsicht zum Verkauf anbietet.

(b) Darüber hinaus hat er gleichzeitig Verlinkungen zu anderen Webseiten hergestellt, die keine Verbindungen zur Beschwerdeführerin 2 aufweisen. Diese waren geeignet, Internetnutzer hinsichtlich der wahren Natur dieser Webseite in die Irre zu führen, da diese annehmen konnten, dass diese Internetseite, wenn nicht durch den Beschwerdeführerin 2 selbst, so doch wenigstens mit deren Wissen bzw. Billigung erstellt und betrieben wurde.

(c) Der Beschwerdegegner ist darüber hinaus weder Vertreter noch Lizenznehmer der Beschwerdeführerin 2 und auch sonst in keiner Weise von dieser befugt worden, die Domainnamen für sich zu registrieren und zu benutzen. Er ist ferner auch nicht unter diesem in irgendeiner Weise bekannt.

3. Bösgläubige Eintragung und Benutzung

Die Gewährung eines Übertragungsanspruches oder Löschungsanspruches setzt gemäß Paragraph 4(a)(iii) der Richtlinie außerdem voraus, daß der Beschwerdegegner den Domainnamen bösgläubig registriert hat oder verwendet.

Nach einer nicht abschließenden Aufzählung ist gemäß Paragraph 4(b) der Richtlinie Bösgläubigkeit insbesondere dann anzunehmen, wenn

(a) gemäß Paragraph 4(b)(i) der Richtlinie, Umstände darauf hinweisen, daß der Domainname in der Absicht registriert wurden, diese an den Markeninhaber oder einen Wettbewerber des Kennzeicheninhabers zu verkaufen, zu lizenzieren oder auf sonstige Weise zu veräußern, um damit Gewinne zu erzielen, die über die mit dem Domainnamen zusammenhängenden Kosten hinausgehen;

(b) gemäß Paragraph 4(b)(ii) der Richtlinie die Registrierung des Domainnamens mit dem Ziel erfolgte, den Markeninhaber daran zu hindern, einen Domainnamen zu registrieren, die der Marke des Zeicheninhabers entsprechen;

(c) gemäß Paragraph 4(b)(iii) der Richtlinie, die Registrierung des Domainnamens in erster Linie in der Absicht der Behinderung erfolgte;

(d) gemäß Paragraph 4(b)(iv) der Richtlinie, die Registrierung des Domainnamens in der Absicht erfolgte, Internetnutzer auf die eigene Webseite oder zu einer sonstigen Onlinepräsenz zu leiten, indem eine Verwechslungsgefahr hinsichtlich Herkunft, Zugehörigkeit, Inhaberschaft der Webseite oder der Onlinepräsenz oder der Produkte oder Dienstleistungen der Webseite oder Onlinepräsenz begründet wird.

Der Beschwerdegegner registrierte den streitgegenständlichen Domainnamen, um ihn nur wenige Stunden später beim Internetauktionshaus Ebay zum Verkauf anzubieten. Dieser nahe zeitliche Zusammenhang spricht dafür, dass die Registrierung dieses Domainnamens in erster Linie diesem Zweck diente. Da die Marke HUGO BOSS weltweit und gerade auch in Deutschland, wo der Beschwerdegegner lebt, eine hohe Bekanntheit genießt, ist das Panel überzeugt, dass diesem bewusst war, dass er in unlauterer Weise in die Markenrechte der Beschwerdeführerin 2 eingriff und diese aufgrund der weltweiten Bekanntheit und Reputation von HUGO BOSS einen hohen Wert darstellen. Dies belegen auch die Angaben zu seinem „Verkaufsobjekt“ auf der Internetseite von Ebay („Wer kennt nicht die berühmte Hugo Boss Marke“, „www.Hugo-Boss.org wird verkauft Wert 75.000 Euro“ (...) „für den richtigen Bieter ein Vermögen wert“). Der auf der Webseite angebotene Preis von Euro 1.750.- liegt außerdem um ein vielfaches über den Registrierungskosten. Ausgehend vom Wortlaut der Richtlinie und deren Anwendung in vorangegangenen Panelentscheidungen (siehe u.a. Julia Fiona Roberts v. Russel Boyd, WIPO Entscheidung Nr. D2000-0210; EMI Group PLC and KHALIL EL-HOLIBY, WIPO Entscheidung Nr. D2000-0761; Ferran S.p.A. v. Allen Gimsbes, WIPO Entscheidung Nr. D2002-0033), ist das Panel der Überzeugung, dass der Beschwerdegegner bösgläubig im Sinne der Richtlinie gehandelt hat.

Dies gilt auch hinsichtlich der Verlinkung des streitgegenständlichen Domainnamens mit einem offenbar vom Beschwerdegegner errichteten Internetportal, auf das Internetnutzer umgehend geführt werden, sobald sie den Domainnamen in den Internetbrowser eingegeben haben. Dieses ist so gestaltet, dass Internetnutzer ohne weiteres davon ausgehen können, dass dieses durch den Beschwerdeführer 2 wenn nicht selbst, so doch zumindest mit seiner Billigung und damit ihm zurechenbar errichtet wurde und betrieben wird. Es besteht dabei die Gefahr, daß potentielle Kunden, die unter diesen Domainnamen nach Informationen zu den Waren und Dienstleistungen der Beschwerdeführerin 2 suchen, letztlich enttäuscht werden und dieser dadurch wirtschaftliche Nachteile entstehen.

Die Tatsache, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen registriert hat, hindert die Beschwerdeführerin 2 auch daran, diesen für eigene geschäftliche Zwecke zu nutzen.

Aus all diesen Erwägungen ist das Panel überzeugt, dass der Beschwerdegegner die Domainnamen nicht nur bösgläubig eingetragen hat, sondern auch benutzt.

 

7. Entscheidung

Das Panel entscheidet, dass die Beschwerde, soweit sie die Beschwerdeführerin 2 betrifft, alle drei Voraussetzungen von Paragraph 4(a) der Richtlinie erfüllt.

Gemäß Paragraph 4(a)(i) der Richtlinie und Paragraph 15 der Verfahrensordnung ordnet das Panel die Übertragung des Domainnamens <hugo-boss.org> auf die Beschwerdeführerin 2 an.


Christian Schalk
Einzelpanelist

Datum: 14. Oktober 2005