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WIPO Arbitration and Mediation Center

ENTSCHEIDUNG DER Schiedskommission

Biotensidon GmbH v. Jörg Jögel

Verfahrensnr. DEU2021-0016

1. Die Parteien

Beschwerdeführerin ist Biotensidon GmbH, aus Deutschland, vertreten durch Michalski Hüttermann & Partner Patentanwälte mbB, Deutschland.

Beschwerdegegner ist Jörg Jögel, Deutschland, vertreten durch Grünecker Patent- und Rechtsanwälte PartGmbH, Deutschland.

2. Domainname, Register und Registrierstelle

Das Register des streitigen Domainnamens <biotensidon.eu> (der „streitige Domainname“) ist das European Registry for Internet Domains („EURid“ oder das „Register“). Der streitige Domainname ist bei RegistryGate GmbH registriert.

3. Verfahrensablauf

Die Beschwerde wurde bei dem WIPO Arbitration and Mediation Center (dem „Zentrum“) am 22. April 2021 eingereicht.

Am 23. April 2021 sandte das Zentrum eine Bitte um Bestätigung der Registrierungsdaten hinsichtlich des streitigen Domainnamens per E-Mail an das Register. Am 26. April 2021 übermittelte das Register seine Antwort per E-Mail an das Zentrum, in welcher es bestätigte, dass der Beschwerdegegner Inhaber des streitigen Domainnamens ist, und stellte dessen Kontaktdaten zur Verfügung.

Das Zentrum stellte fest, dass die Beschwerde den formellen Voraussetzungen der Regeln für die Alternative Streitbeilegung in .eu-Domainnamenstreitigkeiten (die „ADR-Regeln“) und den Ergänzenden Regeln der Weltorganisation für Geistiges Eigentum für .eu-Domainnamenstreitigkeiten (die „Ergänzenden Regeln“) entspricht.

In Übereinstimmung mit den ADR-Regeln, Paragraph B(2), wurde die Beschwerde dem Beschwerdegegner vom Zentrum förmlich übermittelt und das Verfahren am 29. April 2021 eingeleitet. Gemäß den ADR-Regeln, Paragraph B(3), endete die Frist für die Beschwerdeerwiderung am 8. Juni 2021. Die Beschwerde wurde am 8. Juni 2021 bei dem Zentrum eingereicht.

Das Zentrum ernannte Stephanie G. Hartung am 14. Juni 2021 als einköpfige Schiedskommission. Die Schiedskommission stellt fest, dass sie ordnungsgemäß ernannt wurde. Die Schiedskommission hat eine Annahmeerklärung und Erklärung der Unabhängigkeit, wie vom Zentrum zwecks Übereinstimmung mit den ADR-Regeln, Paragraph B(5), vorgeschrieben, abgegeben.

4. Sachverhalt

Die in Deutschland ansässige Beschwerdeführerin betreibt eine Forschungsanlage zur Entwicklung biotechnologischer Methoden.

Die Beschwerdeführerin verfügt nachgewiesenermaßen über diverse eingetragene Marken zum Schutz der Bezeichnung „Biotensidon“, darunter:

- Nationale deutsche Wort-/Bildmarke BIOTENSIDON, Deutsches Patent- und Markenamt (DPMA), Registrierungs-Nr.: DE 3020110538913, Registrierungsdatum: 21. Februar 2012, Status: Marke eingetragen;
- Nationale deutsche Wort-/Bildmarke BIOTENSIDON, DPMA, Registrierungs-Nr.: DE 3020188018855, Registrierungsdatum: 10. August 2018, Status: Marke eingetragen;
- Internationale (IR) Wort-/Bildmarke BIOTENSIDON mit Erstreckung auf die Europäische Union, Registrierungs-Nr. IR 1464704, Registrierungsdatum: 8. Oktober 2019, Status: Marke eingetragen.

Der Beschwerdegegner ist ebenfalls in Deutschland ansässig und hat den streitigen Domainnamen am 6. Februar 2021 für sich registriert. Im Zeitpunkt des Erlasses dieser Entscheidung leitet der streitige Domainname auf eine sog „Baustellen“-Website weiter, auf der in Kürze eine neue Internetpräsenz angekündigt wird.

5. Parteivorbringen

A. Beschwerdeführerin

Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass sie in Anerkennung ihrer bahnbrechenden Forschungstätigkeit im Jahr 2016 Finalistin beim Next Economy Award gewesen sei.

Zu der Prüfung, ob der streitige Domainname mit der Marke BIOTENSIDON der Beschwerdeführerin identisch oder verwechslungsfähig ähnlich ist, verweist die Beschwerdeführerin ausschließlich auf ihre diesbezüglichen Markenrechte. Zu der Prüfung, ob der Beschwerdegegner Rechte oder berechtigte Interessen in Bezug auf den streitigen Domainnamen hat, verweist die Beschwerdeführerin darauf, dass der streitige Domainname vom Beschwerdegegner bislang nicht ernsthaft genutzt worden sei; ferner habe der Beschwerdegegner nach Kenntnis der Beschwerdeführerin selbst keine Markenrechte an der Bezeichnung „Biotensidon“ und sei unter dieser auch nicht selbst bekannt. Dass der streitige Domainname von dem Beschwerdegegner in bösgläubiger Absicht registriert wurde und benutzt werde, folge u.a. aus dem Umstand, dass der streitige Domainname bisher „inhaltlich“ noch nicht, jedoch bereits als E-Mail-Adresse benutzt worden sei. Ferner handele es sich bei dem Beschwerdegegner um einen ehemaligen Angestellten der Beschwerdeführerin, welche nun offenbar versuche, in den Wettbewerb mit dieser zu treten; in den sozialen Medien träte der Beschwerdegegner zudem weiterhin als zum Unternehmen der Beschwerdeführerin zugehörig auf. Schließlich handele es sich bei dem streitigen Domainnamen um den Namen des Unternehmens der Beschwerdeführerin, zu welchem der Beschwerdegegner keinerlei Beziehung mehr habe.

Die Beschwerdeführerin beantragt, den streitigen Domainnamen auf die Beschwerdeführerin zu übertragen.

B. Beschwerdegegner

Der Beschwerdegegner weist zunächst darauf hin, dass der Wortbestandteil der Marke BIOTENSIDON der Beschwerdeführerin rein beschreibender Natur und folglich nicht unterscheidungskräftig sei, woraus zugleich die Unähnlichkeit der Marke BIOTENSIDON und des beschreibenden Domainnamens folge. Insbesondere aber stünden dem Beschwerdegegner sowohl eigene Rechte als auch legitime Interessen an dem streitigen Domainnamen zu. Denn zum einen verfüge der Beschwerdegegner bereits seit 2010 über prioritätsältere Urheberrechte an dem von ihm selbst geschaffenen Logo „Biotensidon“, wie es Gegenstand der Marke BIOTENSIDON der Beschwerdeführerin sei; dieses Logo habe der Beschwerdegegner schon 2010 zum Vertrieb von Reinigungsprodukten auf der Basis von Biotensiden entwickelt. Zum anderen läge zwischen den Parteien insbesondere eine Vereinbarung vom 29. Oktober 2011 vor, wonach der Beschwerdegegner „Erfinder und Entwickler des Namens BIOTENSIDON sowie Inhaber der Domainnamen <biotensidon.de> und <biotensidon.com>“ sei, und der Beschwerdeführerin in dieser Vereinbarung sowohl das nicht-ausschließliche Recht eingeräumt habe, das Logo „Biotensidon“ gegen Entrichtung einer Gebühr nutzen zu dürfen, als auch die Domainnamen <biotensidon.de> und <biotensodon.com> an die Beschwerdeführerin übertragen habe. Mittlerweile sei der Beschwerdegegner in beratender Funktion für ein tschechisches Unternehmen BIOTENSIDON s.r.o. tätig, im Rahmen derer er beabsichtige, den streitigen Domainnamen zu nutzen. Vor diesem Hintergrund des Vorliegens prioritätsälterer Rechte des Beschwerdegegners an der Bezeichnung „Biotensidon“ scheide schließlich auch eine bösgläubige Registrierung und Nutzung des streitigen Domainnamens aus; insbesondere behindere der Beschwerdegegner mit der Registrierung und Nutzung des streitigen Domainnamens nicht die Beschwerdeführerin, sondern sei letztlich das Gegenteil der Fall, insofern die Beschwerdeführerin die Rechte an der Bezeichnung „Biotensidon“ vielmehr vom Beschwerdegegner ableite, und nicht umgekehrt.

Der Beschwerdegegner beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

6. Entscheidungsgründe

Gemäß Artikel 21(1) der EU-Verordnung 874/2004 sowie Artikel B11(d)(1) der ADR-Regeln ist es Aufgabe der Beschwerdeführerin nachzuweisen, dass

(i) der streitige Domainname identisch oder verwechselbar mit Namen ist, für die ein Recht oder Rechte nach nationalem Recht und/oder EU-Recht im Sinne des Artikel B1(b)(9) der ADR-Regeln anerkannt oder festgelegt ist oder sind; und entweder
(ii) der streitige Domainname von der Beschwerdegegnerin ohne Rechte oder legitime Interessen am streitigen Domainnamen registriert wurde; oder
(iii) der streitige Domainname in bösgläubiger Absicht registriert wurde oder benutzt wird.

A. Identisch oder verwechselbar mit einem Namen, für den Rechte bestehen, die nach nationalem Recht eines Mitgliedsstaats und/oder Gemeinschaftsrecht anerkannt oder festgelegt sind

Die Beschwerdeführerin hat nachgewiesen, dass sie Inhaberin der Marke BIOTENSIDON ist, die Schutz für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bzw. das der Europäischen Union genießt, und auch deutlich vor der Registrierung des streitigen Domainnamens eingetragen worden ist.

Der streitige Domainname ist mit der Marke BIOTENSIDON verwechslungsfähig ähnlich, da er zum einen den einzig kennzeichnungskräftigen Wortbestandteil der Marke BIOTENSIDON vollständig beinhaltet (vgl. PepsiCo, Inc. v. PEPSI, SRL (a/k/a P.E.P.S.I.) and EMS Computer Industry (a/k/a EMS), WIPO Verfahren Nr. D2003-0696), zum anderen nach der gängigen Praxis der Schiedskommissionen sowohl in Schiedsverfahren nach den Regeln der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (UDRP)1 als auch nach den hier einschlägigen ADR-Regeln bei der Feststellung einer verwechslungsfähigen Ähnlichkeit zwischen dem streitigen Domainnamen und der BIOTENSIDON-Marke die Betrachtung der in dem streitigen Domainnamen enthaltenen country code Top-Level-Domain („ccTLD“) „.eu“ im Rahmen der anzustellenden Ähnlichkeitsprüfung regelmäßig und so auch hier außen vor bleibt (vgl. WIPO Overview of Panel Views on Selected UDRP Questions, Third Edition („WIPO Overview 3.0“), Abschnitt 1.11.1). Lediglich klarstellend sei darauf hingewiesen, dass es sich bei dieser Ähnlichkeitsprüfung im Rahmen des sog. ersten Elements der UDRP ausschließlich um einen begründeten, aber relativ einfachen Vergleich zwischen der Marke der Beschwerdeführerin und dem streitigen Domainnamen handelt und z.B. Überlegungen zur Kennzeichnungskraft der Marke, wie sie von der Beschwerdegegnerin angestellt werden, hier keine Berücksichtigung finden.

Demzufolge stellt die Schiedskommission fest, dass die Voraussetzungen des Artikel B11(d)(1)(i) der ADR-Regeln erfüllt sind.

B. Rechte oder berechtigte Interessen

Gemäß den ADR-Regeln, Artikel B11(d)(1)(ii), obliegt es der Beschwerdeführerin weiterhin, vorzutragen und entsprechend nachzuweisen, dass der streitige Domainname von dem Beschwerdegegner ohne Rechte oder berechtigte Interessen an demselben registriert worden ist. Die ADR-Regel enthalten in Artikel B11(e) einen nicht abschließenden Katalog von Fällen, die geeignet sind, Rechte oder berechtigte Interessen eines Beschwerdegegners nachweisen, nämlich insbesondere, wenn der Beschwerdegegner den streitigen Domainnamen oder einen diesem entsprechenden Namen vor der Ankündigung der Streitigkeit im Zusammenhang mit dem Angebot von Waren oder Dienstleistungen verwendet oder nachweislich Vorbereitungen in diese Richtung getroffen hat (Artikel B11(e)(1) der ADR-Regeln). Insofern es typischerweise schwierig ist, eine negative Tatsache (hier das Fehlen von Rechten oder berechtigten Interessen) nachzuweisen, entspricht es der herrschenden Meinung von Schiedskommissionen in UDRP – sowie in .eu-ADR-Verfahren, dass es ausreichend ist, wenn der Beschwerdeführer einen sog. Anscheinsbeweis (prima facie) für das Fehlen entsprechender Rechte oder berechtigte Interessen liefert, womit es in der Folge zu einer Beweislastumkehr kommt und es nun dem Beschwerdegegner obliegt, seinerseits vorzutragen und unter Beweis zu stellen, dass entsprechende Rechte oder berechtigte Interessen an dem streitigen Domainnamen bestehen (vgl. etwa Lidl-Stiftung & Coupon KG v. Name Redacted, WIPO Case No. DEU2018-0012).

Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass dem Beschwerdegegner nach ihrer Kenntnis keine Markenrechte an der Bezeichnung „Biotensidon“ zustehen und er unter dieser Bezeichnung selbst auch nicht bekannt sei, weder als Einzelpersonen noch als Unternehmen. Die Beschwerdeführerin gibt ferner an, dass der streitige Domainname bislang offenbar noch nicht im Zusammenhang mit einem Internetangebot, wohl aber für den Betrieb einer E-Mail-Adresse verwendet worden sei. Erwähnung findet überdies, dass es sich bei dem Beschwerdegegner offenbar um einen ehemaligen Angestellten der Beschwerdeführerin handelt, welcher nun nach Kenntnis der Beschwerdeführerin versuche, in den Wettbewerb mit dieser zu treten. Zu dem Umstand, ob aus diesem früheren Verhältnis zwischen den Parteien Rechte oder berechtigte Interessen des Beschwerdegegners an dem streitigen Domainnamen erwachsen sein könnten oder eben auch nicht, schweigt sich die Beschwerdeführerin aus.

Demgegenüber weist der Beschwerdegegner zunächst darauf hin, dass er mittlerweile für eine Firma Biotensidon s.r.o. mit Sitz in Tschechien tätig sei, was er durch die Vorlage von E-Mail-Korrespondenz mit diversen Geschäftskunden untermauert. Daneben trägt der Beschwerdegegner sehr detailliert dazu vor, dass ihm nach seiner Auffassung an dem von ihm selbst geschaffenen Logo „Biotensidon“, wie es Gegenstand der Marke BIOTENSIDON der Beschwerdeführerin sei, Urheberrechte zustünden. In diesem Zusammenhang legt der Beschwerdegegner eine Vielzahl von Dokumenten (darunter diverse eidesstattliche Versicherungen sowie sonstige schriftliche Erklärungen verschiedener Personen) vor, aus denen sich zweifelsfrei ergibt, dass der Beschwerdegegner bereits vor der Registrierung der BIOTENSIDON-Marke der Beschwerdeführerin mit der Entwicklung von Logos beschäftigt war, die als einzig kennzeichnungskräftigen Wortbestandteil die Bezeichnung „Biotensidon“ enthielten. Insbesondere aber reicht der Beschwerdegegner schließlich eine Vereinbarung mit Datum vom 29. Oktober 2011 zu den Akten, welche von ihm aufgesetzt und offenbar durch die Beschwerdegegnerin gelesen sowie ausweislich einer Unterschrift mit Firmenstempel genehmigt worden ist. Aus dieser Vereinbarung geht unmissverständlich hervor, dass es der Beschwerdegegner war, der der Beschwerdeführerin seinerzeit nicht-ausschließliche Nutzungsrechte an dem von dem Beschwerdegegner selbst entworfenen Logo „Biotensidon“ eingeräumt und überdies die Domainnamen <biotensidon.de> und <biotensidon.com> an die Beschwerdeführerin übertragen hat.

Das Beschwerdepanel sieht sich an dieser Stelle nicht gehalten, im Einzelnen rechtlich zu prüfen, ob und inwieweit zugunsten des Beschwerdegegners an dem nachgewiesenermaßen von ihm selbst entworfenen Logo „Biotensidon“ tatsächlich Urheberrechte nach deutschem Recht erwachsen sind. Denn es steht aufgrund der Aktenlage jedenfalls zur Überzeugung des Beschwerdepanels fest, dass der Beschwerdegegner bereits vor dem Entstehen von Markenrechten der Beschwerdeführerin an der Bezeichnung „Biotensidon“ diverse Logos entwickelt und diverse Domainnamen registriert hatte, die eben diesen Begriff zum Gegenstand hatten; etwaige an diesen Logos bestehende Urheberrechte sowie die Domainnamen sollten im Wege der Vereinbarung vom 29. Oktober 2011 von dem Beschwerdegegner auf die Beschwerdeführerin übergehen. Damit ist zugleich davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner bereits deutlich vor Bekanntgabe dieser Streitigkeit, nämlich sogar schon vor der Entstehung von Markenrechten BIOTENSIDON der Beschwerdeführerin die Bezeichnung „Biotensidon“, die dem streitigen Domainnamen entspricht, in Verbindung mit einem gutgläubigen Angebot von Waren oder Dienstleistungen, nämlich zum Vertrieb von Reinigungsprodukten auf der Basis von Biotensiden verwendet hat.

Damit aber liegen zugleich die Voraussetzungen dafür vor, hier das Bestehen von Rechten oder jedenfalls berechtigten Interessen des Beschwerdegegners an dem streitigen Domainnamen gemäß Artikel B11(e)(1) der ADR-Regeln als nachgewiesen anzusehen. Somit ist im Ergebnis davon auszugehen, dass die Voraussetzungen gemäß Artikel B11(d)(1)(ii) der ADR-Regeln vorliegend nicht erfüllt sind.

C. Bösgläubige Registrierung oder bösgläubige Benutzung

Schließlich lassen die dem Beschwerdepanel vorliegenden Fakten aber auch nicht den Schluss zu, dass der Beschwerdegegner den streitigen Domainnamen bösgläubig registriert habe und nutze.

Angesichts des detaillierten und durch verschiedene Dokumente untermauerten Vortrags des Beschwerdegegners muss davon ausgegangen werden, dass es sich vorliegend jedenfalls nicht um den typischen Fall eines Domainnamen-Missbrauchs (Cybersquatting) zulasten der Beschwerdeführerin als Markeninhaberin BIOTENSIDON handelt. Zwar mag es sein, dass der Beschwerdegegner als ehemaliger Angestellter der Beschwerdeführerin möglicherweise einem Wettbewerbsverbot unterliegt, welches ihm untersagt, nunmehr für ein tschechisches Unternehmen tätig zu werden, das ebenfalls die Firma „Biotensidon“ trägt und offenbar ebenfalls mit Biotensiden handelt. Hierzu hat die Beschwerdeführerin allerdings nichts vorgetragen und lassen die von dem Beschwerdegegner vorgelegten umfangreichen Dokumente eher den gegenteiligen Schluss zu, dass die Beschwerdeführerin von dem Beschwerdegegner nicht-ausschließliche Nutzungsrechte an der Bezeichnung „Biotensidon“ ableitet, was gegen das Bestehen eines möglichen Wettbewerbsverbot spricht. Insbesondere muss aufgrund der Vereinbarung zwischen den Parteien vom 29. Oktober 2011 davon ausgegangen werden, dass die Bezeichnung „Biotensidon“ als Bestandteil eines Logos, wie es nunmehr Gegenstand der Marke BIOTENSIDON der Beschwerdeführerin ist, schon 2010 von dem Beschwerdegegner selbst entwickelt worden ist, und der Beschwerdegegner bereits zu diesem Zeitpunkt die Domainnamen <biotensidon.de> sowie <biotensidon.com> registriert hatte, die er sodann auf die Beschwerdeführerin übertrug, sich dabei jedoch das Nutzungsrecht an der Bezeichnung „Biotensidon“ selbst vorbehielt.

Damit ist in der Gesamtschau der Vortrag der Parteien folglich nicht geeignet, um vorliegend auf eine bösgläubige Registrierung und/oder Nutzung des streitigen Domainnamens durch den Beschwerdegegner im Sinne des Artikel B(11)(d)(1)(iii) der ADR-Regeln schließen zu lassen, da hiernach die Voraussetzungen keines der in Artikel B(11)(f) der ADR-Regeln aufgeführten Katalogfälle erfüllt sind.

Es bleibt dem Beschwerdeführer unbenommen, dieses Streitigkeit vor ein nationales Gericht zu bringen und in einem ordentlichen Gerichtsverfahren andere Fragestellungen prüfen und zusätzliche Beweismittel einfließen zu lassen, um diese Streitigkeit möglicherweise angemessener zu behandeln, als dies im Rahmen eines auf Fälle des eindeutigen Domainnamenmissbrauchs zugeschnittenen .eu ADR-Verfahrens möglich ist.

7. Entscheidung

Aus den vorgenannten Gründen wird die Beschwerde abgewiesen.

Stephanie G. Hartung
einköpfige Schiedskommission
Datum: 23. Juni 2021

In accordance with Paragraphs B12(i) of the ADR Rules and 14 of the WIPO Supplemental Rules for the ADR Rules, below is a brief summary in English of WIPO Decision No. DEU2021-0016.

1. The Complainant is Biotensidon GmbH, Germany, represented by Michalski Hüttermann & Partner Patentanwälte mbB, Germany. The Respondent is Jörg Jögel, Germany, represented by Grünecker Patent- und Rechtsanwälte PartGmbH, Germany.

2. The disputed domain name <biotensidon.eu> was registered on February 6, 2021, with the European Registry for Internet Domains (EURid) and resolves to a so-called “construction site”, where a new Internet presence is announced to appear soon.

3. The Complaint was filed in German on April 22, 2021. The Response was filed in German on June 8, 2021.

Stephanie G. Hartung was appointed as single member panel on June 14, 2021.

4. The Complainant is the owner of the following registered trademarks relating to its company name and brand “Biotensidon”, with protection for the territory of Germany and/or the European Union, respectively:

- German national word-/device mark BIOTENSIDON, German Patent and Trade Mark Office (DPMA), registration No: DE 3020110538913, registration date: February 21, 2012, status: trade mark registered;
- German national word-/device mark BIOTENSIDON, DPMA, registration No: DE 3020188018855, registration date: August 10, 2018, status: mark registered;
- International (IR) word-/device mark BIOTENSIDON with extension to the European Union, Registration No: IR 1464704, Registration date: October 8, 2019, Status: trade mark registered.

5. Pursuant to Article 21(1) of the Commission Regulation (EU) No. 874/2004 and Article B11(d) (1)(i)-(iii) of the ADR Rules, the Panel finds that: – the disputed domain name is identical or confusingly similar to a name in respect of which a right or rights are recognized or established by national law of a Member State and / or EU-law; – the Respondent has rights or legitimate interests in the disputed domain name; the Respondent has not registered and is not using the disputed domain name in bad faith.

6. In accordance with Article B11 of the ADR Rules, the Panel decides that the Complaint be denied.


1 Aufgrund der zahlreichen Parallelen zwischen den Regeln der UDRP und den ADR-Regeln kann die Schiedskommission in relevanten Fällen auch auf die gängige Spruchpraxis in UDRP-Verfahren zurückgreifen.