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WIPO Arbitration and Mediation Center

EXPERTENENTSCHEID

Artemis Suisse SA v. ArtemisRose AG, Manuela Gisler

Verfahren Nr. DCH2015-0024

1. Die Parteien

Die Gesuchstellerin ist Artemis Suisse SA aus Herisau, Schweiz, vertreten durch Zulauf Bürgi Partner, Schweiz.

Die Gesuchsgegnerin ist ArtemisRose AG, Manuela Gisler aus Altdorf, Schweiz vertreten durch Muheim Merz Baumann, Schweiz.

2. Streitiger Domain-Name

Gegenstand des Verfahrens ist der Domain-Name <artemisrose.ch> (nachfolgend der "Domain-Name").

Die Domain-Registrierungsstelle ist SWITCH, Zürich, Schweiz, die Domainvergabestelle ist InternetX GmbH, Regensburg, Deutschland.

3. Verfahrensablauf

Das Gesuch ging beim WIPO Schieds- und Mediationszentrum (das "Zentrum") am 18. November 2015 per Email und am 19. November 2015 per Post ein. Das Gesuch stützt sich auf das Verfahrensreglement von SWITCH für Streitbeilegungsverfahren für ".ch" und ".li" Domainnamen ("Verfahrensreglement"), welches am 1. März 2004 in Kraft getreten ist.

Am 19. November 2015 gab die Domain-Registrierungsstelle SWITCH die Kontaktdaten des Inhabers des Domainnamens bekannt. Am 20. November 2015 verständigte das Zentrum die Gesuchstellerin von einer Änderung der Gesuchsgegnerin. Die Gesuchstellerin reichte am 25. November 2015 eine Ergänzung zum Gesuch ein. Das Zentrum bestätigte die formelle Ordnungsmässigkeit des Gesuchs zusammen mit der Ergänzung des Gesuchs entsprechend dem Verfahrensreglement.

Am 30. November 2015 wurde das Gesuch ordnungsgemäss zugestellt und das Streitbeilegungsverfahren eingeleitet. Die Frist für die Einreichung einer Gesuchserwiderung war der 20. Dezember 2015.

Die Gesuchserwiderung traf elektronisch am 18. Dezember 2015 und per Post am 21. Dezember 2015 bei dem Zentrum ein. Am 18. Dezember 2015 bestätigte die Gesuchsgegnerin ihre Bereitschaft zur Teilnahme an einer Schlichtungsverhandlung.

Die Schlichtungsverhandlung fand am 22. Januar 2016 statt. Das Zentrum teilte mit Schreiben vom 22. Januar 2016 mit, dass die Schlichtungsverhandlung nicht zu einem Vergleichschluss geführt habe. Die Gesuchsstellerin beantragte am 28. Januar 2016 die Fortsetzung des Streitbeilegungsverfahrens.

Am 1. Februar 2016 wurde das Verfahren in Übereinstimmung mit Paragraph 19 des Verfahrensreglements fortgesetzt und das Zentrum bestellte am 1. Februar 2016 Daniel Kraus als Experten. Der Experte stellt fest, dass er ordnungsgemäss bestellt wurde und hat in Übereinstimmung mit Paragraph 4 des Verfahrensreglements seine Unabhängigkeit erklärt.

4. Sachverhalt

Die Gesuchstellerin ist eine schweizerische Aktiengesellschaft ("AG") namens Artemis Suisse SA. Sie verfolgt die Entwicklung, den Vertrieb und das Marketing für hochwertige Kosmetika im In- und Ausland. Sie ist seit dem 18. Juli 2005 im Handelsregister des Kantons Appenzell-Ausserrhoden eingetragen. Die Gesuchstellerin ist Inhaberin mehrerer Marken für ARTEMIS beziehungsweise ARTEMIS OF SWITZERLAND, inklusive einer internationalen Marke mit Wirkung in der Schweiz, welche schon am 5. September 1960 registriert wurde. Die Gesuchstellerin ist gleichzeitig die Inhaberin der Domainnamen <artemissuisse.com> und <artemis-skincare.com>.

Die Gesuchgegnerin, ArtemisRose AG, ist ebenso eine schweizerische Aktiengesellschaft, deren einziger Verwaltungsrat Frau Manuela Gisler ist. Die Gesellschaft verfolgt die Herstellung und den Handel mit firmeneigenen Naturprodukten, die Beratung und den Handel mit naturwissenschaftlichen Produkten sowie Energie- und Trance-Arbeit bei Mensch, Tier und Natur. Sie ist seit 4. Mai 2005 im Handelsregister des Kantons Uri eingetragen.

Der streitgegenständliche Domainname wurde am 2. Februar 2009 bei SWITCH registriert.

Mit Hinterlegungsdatum vom 6. August 2014 hat die Gesuchsgegnerin eine Wort-Bildmarke im schweizerischen Markenregister hinterlegt, die das Wortelement ARTEMISROSE enthielt. Aufgrund einer Abmahnung der Gesuchstellerin löschte die Gesuchgegnerin diese Marke jedoch.

Am 6. Mai 2015 reichte die Gesuchstellerin bei der Schlichtungsbehörde des Kantons Uri ein Schlichtungsgesuch ein. Dieser Versuch war nicht von Erfolg gekrönt, weshalb die Gesuchstellerin das Schlichtungsgesuch zurückzog. Das Verfahren wurde in der Folge als erledigt abgeschrieben.

5. Parteivorbringen

A. Gesuchstellerin

Die Gesuchstellerin macht geltend, es liege eine Beeinträchtigung durch "firmenmässige" Anmassung ihres Kennzeichens durch die Gesuchgegnerin vor, welche gegen Art. 956 Abs. 2 Obligationenrecht ("OR") verstosse. Durch die Registrierung des Domain-Namens <artemisrose.ch> sei auch das ausschliessliche Markenrecht der Gesuchstellerin gemäss Art. 13 Abs. 2 lit. e Markenschutzgesetz ("MSchG") verletzt. Ein Beseitigungsanspruch aus unlauterem Wettbewerb sei ebenso aus Art. 9 Abs. 1 lit. b Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ("UWG") i.V.m. Art. 3 Abs 1 lit. d UWG gegeben.

B. Gesuchsgegnerin

Die Gesuchsgegnerin macht geltend, dass sie mit ihrem Domain-Namen auf sich selbst aufmerksam machen will. Die Firma der Gesuchsgegnerin ist rechtmässig im Handelsregister des Kantons Uri eingetragen, was von der Gesuchstellerin auch nicht bestritten sei. Aus dem Firmenrecht ergebe sich das Recht der Gesuchgegnerin, unter ihrem eigenen Namen am Geschäftsverkehr teilzunehmen und diesen Namen bei allen sich bietenden Gelegenheiten als Mittel der Identifizierung zu verwenden (BGE 116 II 614 E. 5c/aa). Auch mit dem gewählten Domain-Namen mache die Gesuchsgegnerin von diesem Recht Gebrauch. Der Domain-Name stimmt mit der Firmenbezeichnung der Gesuchsgegnerin überein und lasse einzig die Rechtsform weg. Die Wahl des streitegenständlichen Domain-Namens liegt für die Gesuchsgegnerin klar am nächsten. Am gewählten Domain-Namen bestehe also ein schutzwürdiges Interesse. Die Gesuchsgegnerin macht auch geltend, dass keine Verwechslungsgefahr zwischen der Firma der Gesuchstellerin und dem streitigen Domain Namen bestehe. Es könne nämlich davon ausgegangen werden, dass Internetnutzer Domain-Namen aufmerksamer begegnen als herkömmlichen Zeichen und deshalb bereits geringe Zeichenunterschiede beachten. Die Branchenähnlichkeit sei auch zu verneinen, da sich die Parteien nicht an die gleichen Kundenkreise wenden. Die Zeichen seien auch nicht ähnlich. Zudem liege keine Verwechslungsgefahr vor. Sie beantragt deshalb, das von der Gesuchstellerin erhobene Rechtsbegehren zurückzuweisen.

6. Entscheidungsgründe

Gemäss Paragraph 24(c) des Verfahrensreglements gibt der Experte dem Gesuch statt, wenn die Registrierung oder Verwendung des Domain-Namens eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts darstellt, das dem Gesuchsteller nach dem Recht der Schweiz oder Liechtensteins zusteht.

Gemäss Paragraph 24(d) liegt eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts insbesondere vor, wenn

(i) sowohl der Bestand als auch die Verletzung des geltend gemachten Kennzeichenrechts sich klar aus dem Gesetzeswortlaut oder aus einer anerkannten Auslegung des Gesetzes und den vorgetragenen Tatsachen ergeben und durch die eingereichten Beweismittel nachgewiesen sind; und

(ii) der Gesuchsgegner keine relevanten Verteidigungsgründe schlüssig vorgetragen und bewiesen hat; und

(iii) die Rechtsverletzung, je nach dem im Gesuch erhobenen Rechtsbegehren, die Übertragung oder Löschung des Domain-Namens rechtfertigt.

A. Bestand von Kennzeichenrechten

Die Gesuchstellerin verfügt über Markenrechte und hat die Firma "Artemis Suisse SA". Die Gesuchstellerin ist zudem Inhaberin der Domains <artemissuisse.com> und <artemis-skincare.com>. Dies ist von der Gesuchsgegnerin auch nicht bestritten.

B. Klare Verletzung der Rechte der Gesuchstellerin

Das Bundesgericht hielt in einem Leitentscheid fest, dass Domain-Namen eine Kennzeichnungsfunktion haben und gegenüber den absolut geschützten Kennzeichen Dritter den gebotenen Abstand einzuhalten haben, um Verwechslungen zu vermeiden (BGE 126 III 244, berneroberland.ch). Eine Verwechslungsgefahr besteht, sobald es aufgrund der erwähnten Kriterien (Schriftbild, Wirkung, Sinngehalt) und aufgrund der Gleichartigkeit des Angebots an Dienstleistungen bei Internetnutzern zu Verwechslungen kommen kann. Dass Verwechslungen tatsächlich stattgefunden haben, ist nicht Voraussetzung (BGE 128 III 401 E. 5, luzern.ch). Ist das als Domain-Name verwendete Zeichen namenrechtlich, firmenrechtlich oder markenrechtlich geschützt, kann der entsprechend Berechtigte einem Unberechtigten demnach die Verwendung des Zeichens als Domain-Name grundsätzlich verbieten, wobei über Kollisionen zwischen verschiedenen Rechten durch Abwägung der gegenseitigen Interessen zu entscheiden ist (BGE 125 III 91, Rytz.ch). Domain-Namen unterstehen überdies auch dem Lauterkeitsgebot des Wettbewerbsrechts (BGE 126 III 245, berneroberland.ch). Der Begriff der Verwechslungsgefahr ist für das gesamte Kennzeichenrecht einheitlich umschrieben (BGE 4A_45/2012 vom 12. Juli 2012, E. 3.2.2).

(1) Firmenrecht

Das Firmenrecht (Art. 956 OR) bietet Schutz vor unbefugtem Gebrauch der Firma, wobei das Ausschliesslichkeitsrecht des Firmeninhabers verletzt sein muss. Diese Verletzung beruht entweder auf der Identität oder einem Mangel an deutlicher Unterscheidbarkeit zu einer später gebildeten Firma, was dazu führt, dass bei Dritten Fehlvorstellungen bezüglich der gekennzeichneten Unternehmen hervorgerufen werden (Rolf H. Weber, E-Commerce und Recht: Rechtliche Rahmenbedingungen elektronischer Geschäftsformen, 2001, S. 149). Obwohl in der Lehre umstritten (Ueli Burri, Die Verwechselbarkeit von Internet Domain Names, S. 68), hat die Rechtsprechung akzeptiert, dass der Inhaber einer Firma sich gegenüber einem mit seinem Firmennamen verwechselbar ähnlichen Domainnamen auf ein Exklusivrecht berufen kann (,BGE 125 III 91, Rytz.ch; cofideco.ch, Tribunal d'arrondissement de Lausanne du 23 juillet 2001 (vorsorgliche Massnahmen); Seedamm-Immobilien AG v. Giuseppe Cuccaro, WIPO Verfahren Nr. DCH2008-0024, mit weiteren Hinweisen).

Im vorliegenden Fall lautet die Firma der Gesuchstellerin "Artemis Suisse SA", wobei die unterscheidungskräftigen Elemente "Artemis" und "Schweiz" sind. Als "Artemis" werden in der griechischen Mythologie die Göttin der Jagd, des Waldes und die Hüterin der Frauen und Kinder bezeichnet. Obwohl sie nicht als beschreibend bezeichnet werden kann, ruft die Bezeichnung "Artemis" gewisse Assoziationen mit dem Hauptzweck der Gesuchstellerin hervor, sodass die Firma eher als schwach betrachtet werden könnte. Ihr Schutzumfang dürfte deswegen im gleichen Masse limitiert sein.

Demgegenüber stehen im Domain-Namen der Gesuchsgegnerin, ArtemisRose AG, beide Begriffe, "Artemis" und "Rose" auch eher als schwache Bestandteile. Nach Ansicht des Experten können beide Zeichen als ausreichend unterschiedlich betrachtet werden, um nicht ähnlich zu erscheinen. Der Experte ist deswegen der Ansicht, dass der Bestand sowie die Verletzung des geltend gemachten Kennzeichenrechts sich nicht klar aus dem Gesetzeswortlaut oder aus einer anerkannten Auslegung des Gesetzes und den vorgetragenen Tatsachen ergeben.

(2) Markenrecht

Das Gleiche gilt vom markenrechtlichen Gesichtspunkt her. Der Markeninhaber kann anderen verbieten, ein Zeichen zu gebrauchen, das nach Art. 3 Abs. 1 MSchG vom Markenschutz ausgeschlossen ist. Vom Markenschutz ausgeschlossen sind gem. Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG jene Zeichen, die einer älteren Marke ähnlich und für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt. Das jüngere Zeichen muss demnach dem älteren ähnlich sein, für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen gebraucht werden und aus dieser Verwendung muss sich eine Verwechslungsgefahr ergeben.

a) Gleichartigkeit von Waren

Die Marke ARTEMIS der Gesuchstellerin ist für die Klassen 3 und 5 eingetragen, sie ist somit u.a. für Parfümeriewaren und Mittel zur Körper- und Schönheitspflege geschützt. Die Gesuchsgegnerin bietet unter ihrem Zeichen "ArtemisRose" Natur-Produkte, inklusive kosmetische Produkte an, aber gemäss Handelsregisterauszug auch die Beratung und den Handel mit naturwissenschaftlichen Produkten sowie Energie- und Trance-Arbeit mit Mensch, Tier und Natur. Der Experte ist daher der Ansicht, dass eine teilweise Gleichartigkeit von Waren und Dienstleistungen im vorliegenden Fall gegeben ist.

b) Zeichenähnlichkeit

Ob sich zwei Marken genügend unterscheiden, ist aufgrund des Gesamteindrucks, den sie bei den massgebenden Verkehrskreisen hinterlassen, zu beurteilen (BGE 128 III 441, 446; BGE 121 III 377, 378; SHK-Joller, Art. 3 N 121). Die Marken sind dabei als Ganzes zu würdigen und dürfen nicht in ihre Einzelteile zerlegt und isoliert betrachtet werden (BGE 90 II 43, 48). Dabei wird der Gesamteindruck einer Marke primär durch die kennzeichnungskräftigen Bestandteile geprägt (SHK-Joller, Art. 3 N 123). Schwache Elemente vermögen dabei den Gesamteindruck weniger zu beeinflussen (SHK-Joller, Art. 3 N 123). Zeichenähnlichkeit wird in der Regel dann bejaht, wenn eine ältere Marke oder ihr prägender Hauptbestandteil übernommen wird (SHK-Joller, Art. 3 N 123; von Büren/Marbach/Ducrey, a.a.O., N 646). Was bereits mit Blick auf die Firma festgehalten wurde gilt auch unter dem Gesichtspunkt der Marke, sodass nach Ansicht des Experten beide Zeichen auch unter Betracht des Markenrechts als ausreichend unterschiedlich betrachtet werden können, um nicht ähnlich zu erscheinen.

c) Verwechslungsgefahr

Eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG ist dann anzunehmen, wenn das jüngere Zeichen die ältere Marke in ihrer Unterscheidungsfunktion beeinträchtigt (von Büren/Marbach/Ducrey, a.a.O., N 657). Je ähnlicher sich die Produkte sind, für welche der Schutz beantragt wird, desto grösser ist das Risiko von Fehlzurechnung und umso stärker muss sich das jüngere vom älteren Zeichen unterscheiden, damit keine Verwechslungsgefahr resultiert (von Büren/Marbach/Ducrey, a.a.O., N 669).

Der Experte ist der Ansicht, dass vorliegend nicht klar von einer Verwechslungsgefahr auszugehen sei. Da sich die Produkte an ein eher überdurchschnittlich aufmerksames Publikum richten, kann nicht zweifellos befürchtet werden, dass die Abnehmer falsche Rückschlüsse ziehen könnten, indem sie der Ansicht sein könnten, dass die Gesuchsgegnerin mit der Gesuchstellerin in irgendeiner Form verbunden ist.

d) Markenrechtsverletzung durch die Gesuchsgegnerin

Der Experte ist aufgrund der vorstehenden Ausführungen der Ansicht, dass die Verwendung des Domain-Namens durch die Gesuchsgegnerin die Marke ARTEMIS der Gesuchstellerin nicht klar verletzt.

C. Verteidigungsgründe

Im vorliegenden Fall findet man zwei Firmen vor, die beide rechtswirksam im Handelsregister eingetragen sind. Es trifft schon zu, dass sowohl die Gesuchstellerin als auch die Gesuchgegnerin in ähnlichen Bereichen Tätig sind und dass die Produkte, welche auf die Webseiten der Gesuchstellerin und der Gesuchgegnerin angeboten sind, ähnlich sind. Ob die Firma der Gesuchgegnerin schutzfähig sei oder nicht, hat der Experte in diesem Verfahren nicht zu beurteilen. Offensichtlich wurde die Firma von den zuständigen Registrierbehörden als gültig erachtet und erteilt. Ein Einspruch gegen die Eintragung kann hier nicht erfolgen. Der Experte geht somit von einer gültigen Firma aus. Diesen Umständen ist bei der nachfolgenden Prüfung der Verteidigungsgründe Rechnung zu tragen.

Die Begriffe "Artemis" und "Schweiz" sind Begriffe, die selbst in Kombination eher unterdurchschnittlich kennzeichnend wirken und suggestive Qualität aufweisen. Entsprechend ist davon auszugehen, dass die Gesuchsgegnerin nicht von einem durch die Gesuchstellerin geschaffenen, "Goodwill" profitieren wollte oder konnte. Vielmehr hat die Gesuchsgegnerin ihr legitimes Interesse an der Verwendung der streitgegenständlichen Domain-Namens, welchen ihre Firma entspricht, bewiesen. Der Experte erachtet es unter diesen Umständen als erwiesen, dass der Gesuchsgegnerin auch unter lauterkeitsrechtlichen Gesichtspunkten nichts vorzuwerfen ist.

Die Gesuchsgegnerin hat damit relevante Verteidigungsgründe im Sinne von Paragraph 24(d)(ii) glaubhaft gemacht.

D. Verwirkung der Unterlassungsansprüche?

Abwehransprüche aus Immaterialgüterrecht können untergehen, wenn sie zu spät geltend gemacht werden (BGE 117 II 575; von Büren/Marbach/Ducrey, a.a.O., N 1006). Eine solche Verwirkung wegen verspäteter Rechtsausübung ist jedoch nicht leichthin anzunehmen (BGE 117 II 575; von Büren/Marbach/Ducrey, a.a.O., N 1007). Die Verwirkung setzt voraus, dass die Berechtigte die Verletzung ihrer Rechte durch Mitgebrauch eines gleichen oder ähnlichen Kennzeichens während längerer Zeit widerspruchslos gedudelt und die Verletzerin inzwischen am Zeichen einen eigenen wertvollen Besitzstand erworben hat (BGE 117 II 575). Im Sinne einer Faustregel kann davon ausgegangen werden, dass Verwirkung nicht vor fünf Jahren einsetzt, nach Ablauf von zehn Jahren jedoch meistens eingetreten sein dürfte (von Büren/Marbach/Ducrey, a.a.O., N 1008). Massgebend ist dabei der Zeitpunkt, an welchem die Berechtigte von der Verletzung ihrer Rechte gewusst hat (BGE 117 II 575).

Der streitgegenständliche Domain-Name wurde 2009 registriert, wurde aber erst 2015 aktiv benutzt. Vor diesem Zeitpunkt war laut der Gesuchstellerin nicht klar, ob die Gesuchsgegnerin den Domain-Namen verletzend oder nicht verletzend brauchen würde. Da die Registrierung oder Verwendung des Domain-Namens schon aus anderen Gründen keine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts darstellt, kann dieser Punkt hier aber offen bleiben.

E. Rechtfertigung der Übertragung

Obwohl sich die Gesuchsgegnerin der Existenz der Gesuchsstellerin unter ihrer Firma und der Tatsache, dass die Gesuchsstellerin ihre Marken registriert hatte, bewusst sein musste – da sowohl die Firma als auch die Marken in Registern veröffentlicht sind – geht aus dem Vorbringen der Gesuchsstellerin nicht klar hervor, ob die Gesuchsgegnerin beabsichtigte, hinsichtlich der Marken und Namen der Gesuchsstellerin "trittbrettzufahren". Es scheint ebenso möglich, dass die Gesuchsgegnerin nach einer klaren Einschätzung der Situation davon ausgegangen ist, dass sie die Rechte ihrer Mitstreiter nicht verletzen würde und berechtigt wäre, den streitigen Domainnamen zu registrieren und zu benutzen. Obwohl der vorliegende Fall nicht der "Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy ("UDRP") unterliegt, möchte der Experte darauf hinweisen, dass sich die Situation im gegenwärtigen Fall von jener im Madonna-Fall (Madonna Ciccone, p/k/a Madonna v. Dan Parisi and "Madonna.com", WIPO Case No. D2000-847) unterscheidet, da es dem Beschwerdegegner im letzteren nicht gelang, eine glaubwürdige Erklärung für seine Wahl des Namens "Madonna" als Domainname zu erbringen. Er hatte des Weiteren die Marke MADONNA in Tunesien registriert, einem Staat, zu welchem er weder geschäftliche noch persönliche Bindungen hatte. Im vorliegenden Fall aber hat die Gesuchsgegnerin einen registrierten Handelsnamen (Firma) in der Schweiz, einem Staat in dem sie ihren Sitz hat und geschäftlich tätig ist. Besagter Handelsname ist von der Gesuchsstellerin vor Gericht, abgesehen von einer Schlichtungsverhandlung, welche von der Gesuchsstellerin nicht weiter verfolgt wurde, nicht bekämpft worden. Da der Handelsname der Gesuchsgegnerin gültig registriert ist, hat die Gesuchsgegnerin das Recht, diesen zu nutzen. In diesem Zusammenhang hält der Experte zusätzlich fest, dass besagter Handelsname - und der streitige Domainname - eine suggestive Qualität aufweist. Anstelle des Problems ob des Vorliegens eines Domainnamens, welcher potentiell eine Marke oder einen Handelsnamen verletzt, ist in erster Linie das Problem des Vorliegens zweier Handelsnamen und zweier Marken zu analysieren. Dies geht jedoch über den Rahmen des gegenwärtigen Verfahrens hinaus. Der Experte sieht Ähnlichkeiten mit Ubisoft AG contre UBI Games S.A. / Ubi Soft Entertainment Johansson, WIPO Case No. DCH2012-0011, in welchem der Gesuchssteller 1988 und der Gesuchsgegner 1996 Handelsnamen registriert hatten und der Experte die Übertragung des Domainnamens abwies und mit I-D Media AG v. Id-Média Sàrl, WIPO Case No. DCH2005-0018, in welchem der Gesuchssteller und der Gesuchsgegner ähnliche Handelsnamen hatten und in welchem der Experte, ebenfalls auf den Rytz Bundesgerichtsentscheid gestützt, den Antrag auf Übertragung des Domainnamens abwies.

Angesichts obiger Ausführungen ist der Experte der Ansicht, dass die vorliegenden Fragen eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Fakten durch eine vollständige Aufbereitung der Beweise beanspruchen würden. Dies ist im Rahmen des effizienten Verfahrensreglements nicht möglich. Der Experte hat die Übertragung oder Löschung des streitigen Domainnamens oder die Abweisung des Gesuchs alleine anhand (1) der limitierten schriftlichen Angaben und dokumentierten Nachweise der Parteien und (2) der Feststellung einer "klaren Verletzung" der exklusiven Rechte des Gesuchsstellers zu entscheiden. In solch einer Situation wäre eine Übertragung des streitigen Domainnamens im Rahmen des gegenwärtigen Verfahrens unverhältnismässig und würde unter Umständen das generelle Prinzip "in dubio pro reo" verletzen. Auf Grund dieser Situation rechtfertigt sich die Übertragung der strittigen Domainnamen nicht.

7. Entscheidung

Die Registrierung und die Benutzung der Domain-Namen stellen keine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts dar, das der Gesuchstellerin nach schweizerischem Recht zusteht.

In Übereinstimmung mit Paragraph 24 des Verfahrensreglements weist der Experte das Gesuch der Gesuchstellerin vollumfänglich ab.

Diese Entscheidung hindert die Parteien in keiner Weise, den Streit einem zuständigen staatlichen Gericht zur Beurteilung vorzulegen.

Daniel Kraus
Experte
Datum: Februar 15, 2016