WIPO

 

WIPO Arbitration and Mediation Center

 

ENTSCHEIDUNG DES BESCHWERDEPANELS

Albert Fürst von Thurn und Taxis v. Rainer Merthan

Verfahren Nr. D2005-0040

 

1. Die Parteien

Der Beschwerdeführer ist Albert Fürst von Thurn und Taxis, Regensburg, c/o Torys LLP, 237 Park Avenue, New York, New York 10017, Vereinigte Staaten von America.

Der Beschwerdegegner ist Rainer Merthan, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Lenbachplatz 1, 80333 München, Deutschland.

 

2. Domain Namen und Domainvergabestelle

Gegenstand des Verfahrens sind die Domainnamen <thurn-und-taxis.com>, <thurn-und-taxis.net>, <thurn-und-taxis.org>, <thurnundtaxis.net> und <thurnundtaxis.org>.

Die Domainvergabestelle ist Schlund & Partner AG, Brauerstraße 48, 76135 Karlsruhe, Deutschland.

 

3. Verfahrensablauf

Die Beschwerdeschrift ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center (im Folgenden “Center”) per E-Mail am 13. Januar 2005 und in körperlicher Form am 18. Januar 2005 ein. Am 14. Januar 2005 wurde von dem zuständigen Registrar bestätigt, dass die streitgegenständlichen Domainnamen auf den in der Beschwerdeschrift genannten Beschwerdegegner registriert sind.

Das Center wies den Beschwerdeführer am 17. Januar 2005 darauf hin, dass die Sprache des Verfahrens gemäß Paragraph 11 der Verfahrensordnung die Sprache der Registrierungsordnung sei und forderte den Beschwerdeführer auf, die Beschwerdeschrift entweder in deutscher Sprache einzureichen oder eine Vereinbarung mit dem Beschwerdegegner vorzulegen, in der sich die Parteien auf Englisch als Verfahrenssprache einigen. Der Beschwerdeführer reichte die deutsche Übersetzung am 4. Februar 2005 per E-Mail und am 10. Februar 2005 in körperlicher Form ein.

Das Center stellte fest, dass die Beschwerdeschrift den Anforderungen der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (im Folgenden „UDRP-Richtlinie“), den Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (im Folgenden „UDRP-Verfahrensordnung”) und den WIPO Supplemental Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (im Folgenden „Ergänzende Verfahrensregeln der WIPO“) entspricht und dass die Verfahrensgebühr ordnungsgemäß bezahlt wurde.

Am 10. Februar 2005 stellte das Center die Beschwerdeschrift dem Beschwerdegegner zu und forderte ihn auf, bis zum 2. März 2005 eine Beschwerdeerwiderung einzureichen. Der Beschwerdegegner reichte die Beschwerdeerwiderung fristgerecht am 1. März 2005 beim Center ein.

Am 4. März 2005 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Zulassung einer Ergänzung der Beschwerde.

Am 8. März 2005 teilte das Center den Parteien mit, dass ein Beschwerdepanel in der Person von Herrn Dr. Torsten Bettinger bestellt wurde, und dass das Panelmitglied eine Annahmeerklärung und eine Erklärung der Unbefangenheit und Unabhängigkeit abgegeben hat. Für den Erlass der Entscheidung wurde der 22. März 2005 festgesetzt.

Am 18. März 2003 reichte der Beschwerdeführer eine Ergänzung seiner Beschwerde beim Center ein. Das Center bestätigte deren Eingang am selben Tage und teilte dem Beschwerdegegner mit, dass er Gelegenheit habe, innerhalb von 10 Tagen hierauf zu erwidern.

Durch verfahrensleitende Verfügung vom 23. März 2005, die dem Beschwerdegegner vom Center an die von ihm angegebenen E-Mail-Adressen übermittelt wurde, wies das Beschwerdepanel den Beschwerdegegner darauf hin, dass die UDRP-Verfahrensordnung eine Beweiserhebung durch Zeugenvernehmung nicht vorsehe und forderte ihn auf, bis spätestens zum 30.3.2005 eine eidesstattliche Versicherung des Karl Prinz von Thurn und Taxis, Giselastraße 6, 80802 München, vorzulegen, aus der sich ergibt, dass dieser dem Beschwerdegegner gestattet hat, den Namen Thurn und Taxis als Bestandteil der Firmenbezeichnung "Thurn und Taxis AG Asset Management" und als Bestandteil der streitgegenständlichen Domainnamen zu führen.

Der Beschwerdegegner ist dieser Aufforderung des Beschwerdepanels nicht nachgekommen.

 

4. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ist Mitglied der Familie Thurn und Taxis, einer international bekannten und regelmäßig in den Medien präsenten deutschen Adelsfamilie. Der Beschwerdeführer ist Inhaber der folgenden Markenregistrierungen, die den Wortbestandteil „Thurn und Taxis“ enthalten:

- Europäische Gemeinschaftsmarke Nr. 000259499 - Thurn und Taxis, mit Priorität vom 14.5.1996

- Europäische Gemeinschaftsmarke Nr. 0002889426 – Fürst Thurn und Taxis, mit Priorität vom 14.10.2002

- Europäische Gemeinschaftsmarke Nr. 0002812857 - Thurn und Taxis, mit Priorität vom 15.8.2002

- Deutsche Marke Nr. 30240915 - Thurn und Taxis, mit Priorität vom 15.8.2002

- Deutsche Marke Nr. 30240914 – Fürst Thurn und Taxis, mit Priorität vom 15.8.2002

- US-Marke Nr. 78/339,580 - Thurn und Taxis mit Priorität vom 11.12.2003

- US-Marke Nr. 78/339,669 - Thurn und Taxis mit Priorität vom 11.12.2003

Der Beschwerdegegner ist als Inhaber der streitgegenständlichen Domainnamen eingetragen und hält unter diesen eine Website abrufbar, auf dem das Familienwappen des Beschwerdeführers abgebildet ist und folgender Text zu lesen ist:

„Herzlich Willkommen. Hier entsteht die Internetseite der Thurn und Taxis  AG Asset Management. Wir freuen uns, Sie auf dieser Webseite recht bald mit ausführlichen Informationen begrüßen zu dürfen“.

 

5. Parteivorbringen

A. Beschwerdeführer

Der Beschwerdeführer trägt vor, dass (1) die streitgegenständlichen Domainnamen mit den Marken, aus denen der Beschwerdeführer Rechte herleitet, identisch sind; (2) der Beschwerdegegner weder ein Recht noch ein berechtigtes Interesse an den Domainnamen hat; und (3) die Domainnamen bösgläubig registriert hat und benutzt.

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass zwischen dem Beschwerdegegner und dem Beschwerdeführer keinerlei Verbindungen bestünden und er diesem kein Recht eingeräumt habe, seinen Namen als geschäftliche Bezeichnung oder als Domainname zu benutzen.

Weiterhin trägt der Beschwerdeführer vor, dass der Beschwerdegegner zum Zeitpunkt der Registrierung der Domainnamen Kenntnis von den Markenrechten des Beschwerdeführers gehabt habe und dass die Registrierung und Benutzung der Domainnamen willentlich und in der Absicht erfolgt sei, durch Begründung einer Verwechslungsgefahr mit den Marken bzw. dem Namen des Beschwerdeführers Internetbenutzer zu der unter den streitgegenständlichen abrufbaren Website des Beschwerdegegners zu lenken.

Der Beschwerdeführer bestreitet, dass der Beschwerdegegner von Karl Prinz von Thurn und Taxis, einem Mitglied eines separaten Zweigs der Familie Thurn und Taxis, beauftragt worden sei, die streitgegenständlichen Domainnamen treuhänderisch für ihn zu registrieren. Er macht geltend, dass dem Beschwerdegegner selbst dann kein Recht zur Benutzung der streitgegenständlichen Domainnamen zustehe, wenn dieser von Karl Prinz von Thurn und Taxis beauftragt worden sei, die streitgegenständlichen Domainnamen zu registrieren. Auch die Registrierung und Benutzung der Domainnamen durch Karl Prinz von Thurn und Taxis sei aufgrund der für den Beschwerdeführer eingetragenen Marken unlauter.

B. Beschwerdegegner

Der Beschwerdegegner macht geltend, er sei Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in München und halte als Treuhänder für Karl Prinz von Thurn und Taxis Anteile an der Thurn und Taxis AG Asset Management. Er habe die streitgegenständlichen Domainnamen treuhänderisch für Karl Prinz von Thurn und Taxis registriert.

Er vertritt die Ansicht „nach der gefestigten Rechtsprechung seien markenrechtliche Grundsätze auf Internetdomains nicht anwendbar“ und beruft sich zur Begründung der Abweisung der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Ansprüche auf Übertragung der streitgegenständlichen Domainamen auf ein Urteil des Landgerichts Paderborn vom 1. September 1999 und einen Beschluss des Österreichischen Gerichtshofs vom 21. Dezember 1999 (Az. Ob 320/99h).

Der Beschwerdegegner behauptet, dass sich die geschäftliche Tätigkeit des Beschwerdeführers auf Waldbewirtschaftung beschränke und dass durch die Registrierung und Benutzung der streitgegenständlichen Domainnamen keine Verwechslungen begründet würden, da „im Rahmen der Verwendung der streitgegenständlichen Domainnamen, des Wappens des Beschwerdeführers und des Firmennamens Thurn und Taxis AG Asset Management lediglich die Verwaltung des Vermögens von Karl Prinz von Thurn und Taxis betrieben werde“.

 

6. Entscheidungsgründe

Paragraph 4(a) der UDRP-Richtlinie führt drei Tatbestandsvoraussetzungen auf, deren Vorliegen der Beschwerdeführer nachweisen muss, um den geltend gemachten Anspruch auf Übertragung der streitgegenständlichen Domainnamen zu begründen:

(1) der streitgegenständliche Domainname muss mit einer Marke, aus welcher der Beschwerdeführer Rechte herleitet, identisch oder verwechslungsfähig ähnlich sein;

(2) der Beschwerdegegner darf weder Rechte noch ein berechtigtes Interesse an dem Domainnamen haben; und

(3) der Domainname muss vom Beschwerdegegner bösgläubig registriert worden sein und benutzt werden.

(1) Identität zwischen der Marke, aus welcher der Beschwerdeführer Rechte herleitet (Paragraph 4 a (i) der UDRP-Richtlinie)

Das Erfordernis der Identität und der verwechslungsfähigen Ähnlichkeit gemäß § 4 (a) UDRP ist im Einklang mit der überwiegenden Mehrheit der Beschwerdepanel anders als im Markenrecht unabhängig von der Produktähnlichkeit, den Marketingkanälen und ähnlichen Faktoren zu beurteilen, sondern setzt lediglich voraus, dass zwischen Marke und streitgegenständlichem Domainnamen in phonetischer, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht Übereinstimmungen bestehen (vgl. WIPO Verfahren Nr. D2003-0038 – <legoclub.com>; WIPO Verfahren Nr. D2000-0109 – <gate-way.com>; WIPO Verfahren Nr. D2002-0834 – <vanguad.com>).

Ausgangspunkt für die Prüfung der Identität bzw. verwechslungsfähigen Ähnlichkeit in diesem Sinne ist dabei allein die Second-Level-Domain, während die Top-Level-Domains „.com“, „.net“, „.org“ aufgrund ihrer von den Nutzern erkannten, technisch-funktionalen Bedeutung bei der vergleichenden Gegenüberstellung außer Betracht bleiben.

Nach den vorgenannten Grundsätzen sind die streitgegenständlichen Domainnamen mit den Marken des Beschwerdeführers identisch oder zumindest verwechslungsfähig ähnlich. Der Beschwerdeführer ist Inhaber mehrerer Wortmarken, die ausschließlich aus dem Namen „Thurn und Taxis“ bzw. „Fürst Thurn und Taxis“ gebildet sind. Die streitgegenständlichen Domainnamen bestehen abgesehen von Bindestrichen ebenfalls ausschließlich aus dem Namen „Thurn und Taxis“.

Das Beschwerde-Panel geht daher davon aus, dass die Tatbestandsvoraussetzung der Identität oder verwechslungsfähigen Ähnlichkeit zwischen streitgegenständlichen Domainnamen und Marke gemäß Paragraph 4 (a) der UDRP-Richtlinie erfüllt ist.

(2) Rechte oder berechtigte Interessen an dem Domainnamen (Paragraph 4 a (ii) UDRP-Richtlinie)

Der Beschwerdeführer hat vorgetragen, dass dem Beschwerdegegner kein Recht oder berechtigtes Interesse an dem Domainnamen zusteht, und dass er diesem weder ein Recht zur Benutzung der Firmenbezeichnung „Thurn und Taxis AG Asset Management“ noch zur Benutzung der streitgegenständlichen Domainnamen eingeräumt habe.

Der Beschwerdegegner hat kein eigenes Recht an dem Namen „Thurn und Taxis“ und beruft sich darauf, dass er die streitgegenständlichen Domainnamen treuhänderisch für Karl Prinz von Thurn und Taxis, einem Mitglied eines separaten Zweigs der Familie Thurn und Taxis registriert habe, und ihm von diesem gestattet worden sei, die Bezeichnung „Thurn und Taxis AG Asset Management“ zu führen.

Der Beschwerdegegner hat keine schriftlichen Nachweise für diese Behauptungen vorgelegt, sondern einen von der UDRP-Verfahrensordnung nicht vorgesehenen Beweis durch Zeugnis des Karl Prinz von Thurn und Taxis angeboten.

Das Beschwerdepanel hatte aufgrund des auffallend wenig sachgerechten Vortrags des Beschwerdegegners in der Beschwerdeerwiderung vom 8. März 2005 erhebliche Zweifel an der Wahrheit der Behauptung, er verwalte die streitgegenständlichen Domainnamen treuhänderisch für Karl Prinz von Thurn und Taxis. Das Beschwerdepanel hat den Beschwerdegegner daher mit verfahrensleitender Verfügung vom 23. März 2005 darauf hingewiesen, dass die UDRP-Verfahrensordnung einen Zeugenbeweis nicht vorsieht, und ihn aufgefordert, seine Behauptungen durch eidesstattliche Versicherungen des Karl Prinz von Thurn und Taxis zu belegen. Der Beschwerdegegner ist dieser Aufforderung nicht nachgekommen.

Das Beschwerpanel geht mangels Beweis der Behauptung des Beschwerdegegners, er verwalte die Domainnamen treuhänderisch für Karl Prinz von Thurn und Taxis, davon aus, dass der Beschwerdegegner kein von dem Namensrecht des Karl Prinz von Thurn und Taxis abgeleitetes Recht oder rechtliches Interesse im Sinne des Paragraph 4 (b) der UDRP-Richtlinie an den streitgegenständlichen Domainnamen zusteht.

Andere Umstände, aus denen sich ein Recht oder berechtigtes Interesse des Beschwerdegegners an den streitgegenständlichen Domainnamen ergeben könnten, sind nicht ersichtlich.

(3) Bösgläubige Eintragung und Benutzung (Paragraph 4 a (iii) UDRP-Richtlinie)

Damit eine Beschwerde Erfolg haben kann, muss das Beschwerdepanel weiterhin überzeugt sein, dass der Domainname bösgläubig eingetragen wurde oder bösgläubig benutzt wird.

Angesichts der Bekanntheit des Familiennamens „Thurn und Taxis“ in Deutschland besteht kein Zweifel, dass der Beschwerdegegner die streitgegenständlichen Domainnamen in Kenntnis der Marke bzw. des Namens des Beschwerdeführers registriert hat.

Der Beschwerdegegner hat trotz Aufforderung des Beschwerdepanels keine Nachweise vorgelegt, aus denen sich ein Recht oder berechtigtes Interesse des Beschwerdegegners an den streitgegenständlichen Domainnamen ableiten ließe.

Dies allein stellt bereits ein klares Indiz einer bösgläubige Registrierung der streitgegenständlichen Domainnamen durch den Beschwerdegegner dar. Zieht man weiterhin in Betracht, dass der Beschwerdegegner insgesamt fünf identisch mit den Marken des Beschwerdeführers übereinstimmende Domainnamen registriert hat und diese für eine Website nutzt, auf der das Familienwappen des Beschwerdeführers abgebildet ist und der Hinweis auf eine Firma „Thurn und Taxis AG Asset Management“ erfolgt, deren berechtigte Benutzung der Beschwerdegegner ebenfalls nicht nachgewiesen hat, ist der Schluss gerechtfertigt, dass der Beschwerdeführer die streitgegenständlichen Domainnamen in Gewinnerzielungsabsicht registriert hat und benutzt, um durch Schaffung einer Verwechslungsgefahr Internetbenutzer zu seiner Website zu lenken und den Beschwerdeführer an der Registrierung seiner Marke bzw. seines Namens als Domainname zu hindern.

Ob und unter welchen Voraussetzungen der angeblich vom Beschwerdegegner vertretene Karl Prinz von Thurn und Taxis berechtigt ist, die streitgegenständlichen Domainnamen zu registrieren und benutzen, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

 

7. Entscheidung

Aus den vorgenannten Gründen ordnet das Beschwerdepanel gemäss Paragraph 4(i) der UDRP-Richtlinie und Paragraph 15 der UDRP-Verfahrensordnung an, dass die Domainnamen <thurn-und-taxis.com>, <thurn-und-taxis.net>, <thurn-und-taxis.org>, <thurnundtaxis.net> und <thurnundtaxis.org> auf den Beschwerdeführer übertragen werden.


Dr. Torsten Bettinger
Einzelpanelist

Datum: 7. April 2005