WIPO

 

WIPO Arbitration and Mediation Center

 

ENTSCHEIDUNG DES EXPERTEN

Adecco S.A. v. Jobforum AG

Verfahren Nr. DLI2006-0001

 

1. Die Parteien

Die Gesuchstellerin ist Adecco S.A. („Gesuchstellerin“) mit Sitz in Chéserex, Schweiz, vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Wittenberg, Wild Schnyder AG, Zürich, Schweiz.

Der Gesuchsgegner ist Jobforum AG („Gesuchsgegnerin“) mit Sitz in Buchs, Schweiz.

 

2. Domain Namen und Domainvergabestelle

Gegenstand des Verfahrens ist der Domainname <adecco.li> („Domainname“).

Die Domainvergabestelle ist SWITCH, Zürich, Schweiz („Domainvergabestelle“).

 

3. Verfahrensablauf

Das Gesuch ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center (“Center”) am 10. August 2006 per E-Mail und am 14. August 2006 in Hardcopy in deutscher Sprache ein. Die Domainvergabestelle SWITCH bestätigte am 16. August 2006, dass die Gesuchsgegnerin die Inhaberin des Domainnamen <adecco.li> ist und auch dessen administrative Kontaktperson ist.

Das Center stellte fest, dass das Gesuch den Anforderungen des Verfahrensreglementes für Streitbeilegungsverfahren für „.ch“ und „.li“ Domainnamen („Verfahrensreglement“), das SWITCH am 1. März 2004 in Kraft gesetzt hat, genügt, und dass ordnungsgemäss gezahlt wurde.

In Übereinstimmung mit Paragraph 14 des Verfahrensreglements übermittelte das Center am 22. August 2006 die Beschwerdeschrift an die Gesuchsgegnerin. Nachdem die Gesuchsgegnerin innert Frist keine Beschwerdeerwiderung eingereicht hatte, wurde die Gesuchstellerin vom Center über die Möglichkeit benachrichtigt, die Fortsetzung des Verfahrens zu verlangen. Am 15. September 2006 wurde das Verfahren in Übereinstimmung mit Paragraph 19 des Verfahrensreglements fortgesetzt und das Center bestellte am 5. Oktober 2006 Dr. Bernhard F. Meyer-Hauser als Experten. Der Experte hat geprüft und bestätigt, dass er ordnungsgemäss bestellt wurde und hat in Übereinstimmung mit Paragraph 4 des Verfahrensreglements seine Unabhängigkeit erklärt.

 

4. Sachverhalt

Die Gesuchstellerin ist eine nach schweizerischem Recht organisierte Aktiengesellschaft mit Sitz in Chéserex, Schweiz. Sie erbringt unter der Marke ADECCO weltweit Dienstleistungen auf dem Gebiet der Temporär- und der Dauerstellenvermittlung sowie weitere Dienstleistungen im Bereich Human Resources. Die Gesuchstellerin ist in 70 Ländern vertreten.

Die Gesuchstellerin ist Inhaberin der internationalen Marke Nr. 666347 ADECCO mit Priorität vom 9. Mai 1996.

Die Gesuchstellerin unterhält für ihre Dienstleistungen die Domainnamen <adecco.com>, <adecco.ch>, <adecco.fr>, <adecco.de>, <adecco.it> usw.

Die Gesuchsgegnerin ist eine nach schweizerischem Recht organisierte Aktiengesellschaft mit Sitz in Buchs, Schweiz. In Schaan, Liechtenstein, hat sie eine Zweigniederlassung. Die Gesuchsgegnerin bietet ebenfalls Dienstleistungen im Bereich Human Resources an. Über die Gesuchsgegnerin wurde am 3. Januar 2006 der Konkurs eröffnet.

Der streitgegenständliche Domainname wurde am 16. Juni 2005 durch die Gesuchsgegnerin registriert.

 

5. Parteivorbringen

A. Gesuchstellerin

Die Gesuchstellerin macht geltend, die Registrierung und/oder die Verwendung des streitgegenständlichen Domainnamens durch die Gesuchsgegnerin verletze nach dem Recht der Schweiz oder Liechtensteins ihr Kennzeichenrecht. Sie beantragt deshalb, den Domainnamen auf die Gesuchstellerin zu übertragen.

B. Gesuchsgegnerin

Wie bereits erwähnt, hat der Experte festgestellt, dass die Mitteilung des Verfahrens ordnungsgemäss erfolgt ist. Die Gesuchsgegnerin hat keine Gesuchserwiderung eingereicht. Sie hat daher das Vorbringen des Gesuches nicht bestritten und der Experte wird auf der Grundlage des Vorbringens des Gesuches entscheiden (Paragraph 23(a) des Verfahrensreglements).

 

6. Entscheidgründe

Gemäss Paragraph 24(a) des Verfahrensreglements hat der Experte über das Gesuch unter Einhaltung des Verfahrensreglements und anhand der Vorbringen beider Parteien und der eingereichten Schriftstücke zu entscheiden.

Der Experte gibt dem Gesuch statt, wenn die Registrierung oder die Verwendung des Domainnamens eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts darstellt, das der Gesuchstellerin nach dem Recht der Schweiz oder Liechtensteins zusteht (Paragraph 24(c) des Verfahrensreglements). Gemäss Paragraph 24(d) liegt eine solche Verletzung insbesondere dann vor, wenn

(i) sowohl der Bestand als auch die Verletzung des geltend gemachten Kennzeichenrechts sich klar aus dem Gesetzeswortlaut oder aus einer anerkannten Auslegung des Gesetzes und den vorgetragenen Tatsachen ergeben und durch die eingereichten Beweismittel nachgewiesen sind; und

(ii) der Gesuchsgegner keine relevanten Verteidigungsgründe schlüssig vorgetragen und bewiesen hat; und

(iii) die Rechtsverletzung, je nach dem im Gesuch erhobenen Rechtsbegehren, die Übertragung oder Löschung des Domainnamens rechtfertigt.

A. Die Gesuchstellerin hat ein Recht am geltend gemachten Kennzeichen nach schweizerischem Recht

Wie bereits oben ausgeführt, ist die Gesuchstellerin Inhaberin der Internationalen Registrierung 666347 ADECCO mit Priorität vom 9. Mai 1996.

Entsprechend hat die Gesuchstellerin den Nachweis gemäss Paragraph 24(d)(i) des Verfahrensreglements ausreichend erbracht.

B. Die Registrierung oder die Verwendung des Domainnamens ist eine klare Verletzung der Rechte der Gesuchstellerin

Der streitgegenständliche Domainname lautet <adecco.li>. Die Gesuchstellerin ist die Inhaberin der internationalen Marke ADECCO.

Vor diesem Hintergrund besteht kein Zweifel daran, dass der kennzeichnungskräftige Teil des Domainnamens mit der Marke der Gesuchstellerin identisch ist.

Da die relevanten Bestimmungen des liechtensteinischen Rechts (Markenrecht sowie Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) und des schweizerischen Rechts identisch sind (vgl. <admin.ch> für die Bestimmungen des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb [SR 241] und das Bundesgesetz über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben [Markenschutzgesetz, SR 232.11] und <recht.li> für die Bestimmungen des liechtensteinischen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb [Nr. 240] sowie des liechtensteinischen Markenschutzgesetzes [Nr. 232.11]), wird der Experte die Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts beiziehen.

Das Schweizerische Bundesgericht hat in seinem Leitentscheid festgehalten, dass Domainnamen in ihrer Funktion die dahinter stehenden Personen, Produkte bzw. Sachen oder Dienstleistungen identifizieren und deshalb vergleichbar seien mit Personennamen, Firmen oder Marken (vgl. BGE 126 III 239, 244, mit weiteren Literaturhinweisen). Diese Kennzeichenfunktion von Domainnamen habe zur Folge, dass diese gegenüber absolut geschützten Kennzeichen Dritter den gebotenen Abstand einzuhalten hätten (BGE 126 III 239, 244 f.).

In Bezug auf die Marke ADECCO kommt als Anspruchsgrundlage der von der Gesuchstellerin geltend gemachte Art. 13 Abs. 2 lit. e des liechtensteinischen Markenschutzgesetzes vom 12. Dezember 1996 („MSchG“) in Betracht. Demnach kann eine Markeninhaberin anderen verbieten, ein Zeichen zu gebrauchen, das aufgrund ihres älteren Markenrechts nach Art. 3 Abs. 1 MSchG vom Markenschutz ausgeschlossen ist, so insbesondere auf Geschäftspapieren, in der Werbung oder sonst wie im geschäftlichen Verkehr.

Der kennzeichnungskräftige Teil des streitigen Domainnamens ist mit der Marke der Gesuchstellerin identisch. Ebenfalls kann der kennzeichnungsmässige Gebrauch für einen Domainnamen ohne weiteres bejaht werden. Die Gesuchsgegnerin verweist über den streitigen Domainnamen <adecco.li> auf das eigene Dienstleistungsangebot, welches unter „Jobforum“ vermarktet wird. Die gewerbliche Nutzung ist deshalb zu bejahen. Eine Verletzung des markenrechtlichen Schutzes der Marke ADECCO liegt vor.

Domainnamen unterstehen neben dem Kennzeichenrecht auch dem Lauterkeitsgebot des Wettbewerbsrechts (BGE 126 III 239, 245). Gemäss gefestigter Rechtsprechung kommt das Wettbewerbsrecht dabei nicht nur ergänzend bei nicht bestehendem Kennzeichenschutz, sondern auch kumulativ zur Füllung von Schutzlücken des Kennzeichnungsrechts zur Anwendung (vgl. statt vieler HGer ZH, zitiert in sic! 1999, 582 ff. Rivella – Apiella II).

Gemäss Art. 2 des liechtensteinischen Gesetzes vom 22. Oktober 1992 gegen den unlauteren Wettbewerb („UWG“) ist unlauter und damit widerrechtlich jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten oder Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst.

Art. 3 lit. d UWG bestimmt, dass unlauter handelt, wer Massnahmen trifft, die geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren, Werken, Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb eines anderen herbeizuführen. Unter diesen wettbewerbsrechtlichen Kennzeichenschutz fallen sämtliche Verhaltensweisen, bei denen das Publikum durch die Schaffung von Verwechslungsgefahr irregeführt wird (BGE 126 III 239, 245).

Die Gesuchsgegnerin hat keine Gründe angegeben, weshalb sie den streitigen Domainnamen registriert hat. Vernünftige Gründe sind auch für den Experten nicht ersichtlich. Auf der anderen Seite benachteiligt die Registrierung der streitigen Domainnamen die Gesuchstellerin erheblich: der Domainname <adecco.li> kann von ihr nicht mehr gebraucht werden, um ihre Dienstleistungen auch über diesen Domainnamen anzubieten.

Der kennzeichnungskräftige Teil des Domainnamens („adecco“) ist identisch mit der Marke der Gesuchstellerin. Die Marke ADECCO ist in Bezug auf Dienstleistungen im Bereich der Stellenvermittlung sowohl in der Schweiz als auch in Liechtenstein sehr bekannt. Die Verwechselbarkeit des Domainnamens mit der Marke der Gesuchstellerin wird vom Experten als erheblich eingeschätzt.

Ein Benutzer, welcher den streitigen Domainnamen ansteuert, geht davon aus, direkt mit dem Stellenvermittlungsservice der Gesuchstellerin verbunden zu sein. Internetbenutzer werden den Domainnamen mit den Dienstleistungen der Gesuchstellerin in Verbindung bringen und dabei über deren Herkunft zumindest vorübergehend irregeführt werden. Zudem besteht die Gefahr, dass Internetbenutzer trotz anderem Marktauftritt eine Zusammenarbeit zwischen Adecco und Jobforum vermuten, umsomehr als es inhaltlich um vergleichbare Dienstleistungen geht.

Nach den Umständen steht fest, dass die Gesuchsgegnerin versucht hat, von der Bekanntheit der Marke und Firmennamen der Gesuchstellerin zu profitieren.

Die Registrierung und Verwendung des Domainnamens seitens der Gesuchsgegnerin verletzt auch das Namensrecht der Gesuchstellerin gemäss Art. 43 ff. des liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR). So hat das Fürstliche Landgericht für das Namensrecht entschieden, dass Domainnamen dem Schutzbereich einer Person an ihrem Namen zuzuordnen sind, mit anderen Worten, dass eine durch eine in ihren Namensrechten verletzte Person die Nutzung der streitgegenständlichen Domain verbieten kann. In einem obiter dictum hielt es ausserdem fest, dass Analoges auch für Firmennamen gelte (Fürstliches Landgericht, 25.02.00/06PH/CS).

Durch die Identität der Firma der Gesuchstellerin mit dem Domainnamen sowie die erwähnte Nähe im Geschäftsleben kann aus den oben aufgeführten Gründen auf eine massgebliche Verwechslungsgefahr zwischen der Gesuchstellerin und der hinter dem Domainnamen stehenden juristischen Person geschlossen werden.

Die vorliegenden Rechtsverletzungen rechtfertigen die Übertragung des streitgegenständlichen Domainnamens.

Die Voraussetzungen von Paragraph 24(c) und (d) des Verfahrensreglements sind somit erfüllt.

 

7. Entscheidung

Im Sinne der obigen Erwägungen ordnet der Experte an, dass der streitgegenständliche Domainname <adecco.li> im Sinne von Paragraph 24 des Verfahrensreglements auf die Gesuchstellerin übertragen wird.


Dr. Bernhard F. Meyer-Hauser
Experte

Datum: 18. Oktober 2006