WIPO Arbitration and Mediation Center

ENTSCHEIDUNG DES BESCHWERDEPANELS

Sirs-Lab GmhH v. Stefan Russwurm

Verfahren Nr. D2010-0215

1. Die Parteien

Beschwerdeführerin ist Sirs-Lab GmhH aus Jena, Deutschland, vertreten durch Holme Roberts & Owen, München, Deutschland.

Beschwerdegegner ist Stefan Russwurm aus Jena, of Deutschland, vertreten durch ACADA Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Jena, Deutschland.

2. Domain Name und Domainvergabestelle

Der streitige Domainname <sirs-lab.com> (der „Domainname”) ist bei der Network Solutions, LLC, Herndon, USA (die „Domainvergabestelle”) registriert.

3. Verfahrensablauf

Die Beschwerde ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center (dem „Zentrum”) am 12. Februar 2010 per E-Mail ein. Am 12. Februar 2010 hat das Zentrum eine Bitte um Prüfung der Registrierungsdaten hinsichtlich des streitigen Domain Namen an Network Solutions, LLC geschickt. Am 12. Februar 2010 übermittelte Network Solutions, LLC das Prüfungsergebnis per E-mail an das Zentrum in dem sie bestätigte, dass der Beschwerdegegner Inhaber und administrative Kontaktperson für den Domainnamen ist. Am 17. Februar 2010 schickte das Zentrum ein Schreiben zur Klärung der Verfahrenssprache. Beide Parteien erklärten sich per E-Mail vom 17. und vom 19. Februar 2010 einverstanden, Deutsch als Verfahrenssprache zu akzeptieren.

Das Zentrum stellte fest, dass die Beschwerde den formellen Anforderungen der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der „Richtlinie”), der Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der „Verfahrensordnung”) und der WIPO Supplemental Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der „Ergänzenden Verfahrensregeln”) genügt.

Gemäß Paragrafen 2(a) und 4(a) der Verfahrensordnung wurde die Beschwerde dem Beschwerdegegner förmlich zugestellt und das Beschwerdeverfahren am 19. Februar 2010 eingeleitet. Gemäß Paragraf 5(a) der Verfahrensordnung endete die Frist für die Beschwerdeerwiderung am 11. März 2010. Am 8. März 2010 reichte der Beschwerdegegner eine Beschwerdeerwiderung ein. Auf diese antwortete die Beschwerdeführerin mit einer Replik am 11. März 2010, auf die der Beschwerdegegner am 16. März 2010 mit einer Duplik erwiderte. Am 19. März 2010 ging ein weiterer Schriftsatz der Beschwerdeführerin beim Zentrum ein.

Das Zentrum bestellte Christian Schalk am 16. März 2010 als Einzelpanelmitglied. Das Beschwerdepanel stellt fest, dass es ordnungsgemäß bestellt wurde. Das Beschwerdepanel hat eine Annahmeerklärung und Erklärung der Unbefangenheit und Unabhängigkeit gemäß Paragraf 7 der Verfahrensordnung abgegeben.

Am 19. März 2010 ließ das Panel den Parteien über das Zentrum mitteilen, dass die summarische Natur des UDRP Verfahrens nur eine Beschwerdeschrift (den Complaint) und eine Beschwerdeerwiderung (Response) vorsieht und deshalb der Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 19. März 2010 nicht berücksichtigt werden kann. Das Panel ließ ferner mitteilen, dass es sich eine Entscheidung über die Berücksichtigung der Replik der Beschwerdeführerin vom 11. März 2010 und der Duplik der Beschwerdegegnerin vom 16. März 2010 vorbehalte.

4. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist auf dem Gesundheitssektor in der Forschung und Entwicklung, der Herstellung und Vertrieb von Produkten sowie der Erbringung von Dienstleistungen, insbesondere der Humandiagnostik tätig. Das notarielle Gründungsprotokoll der Beschwerdeführerin ist auf den 11. Januar 2000 datiert. Die Eintragung der Beschwerdeführerin ins zuständige Handelsregister erfolgte laut dem Panel vorliegenden Handelsregisterauszug am 05. Juli 2000.

Einige Tage zuvor, am 01. Juli 2000, war der Beschwerdegegner zum Geschäftsführer der Beschwerdeführerin bestellt worden.

Nach einer dem Panel vorliegenden Rechnung vom 22. Januar.2001 beauftragte der Beschwerdegegner am 18. Januar.2001 per E-Mail ein auf die Durchführung von Markenrecherchen spezialisiertes Unternehmen, eine Markenrecherche hinsichtlich des Begriffes „Sirs-Lab” durchzuführen.

Die Beschwerdeführerin verfügt über Rechte an der Wort/Bildmarke SIRS LAB - als Europäische Gemeinschaftsmarke Nr. 2693778, Anmeldedatum 13. Mai 2002 für die Klassen 1, 5, 10, 42 und 44.

Eine zuvor getätigte fast identische Markenanmeldung (Nr. 2239523, Anmeldedatum 31. Mai.2001 für die Klassen 1, 5, 10 und 42) wurde nachträglich zurückgezogen.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 16. März.2009 wurde die Bestellung des Beschwerdegegners zum Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung widerrufen. In einer Aufhebungs- und Erledigungsvereinbarung vom 10. Juni 2009 vereinbarten die Parteien u.a.,

- dass der Beschwerdegegner für die Dauer eines Jahres nicht in Wettbewerb zur Gesellschaft tritt,

- dass der Beschwerdegegner die Beschwerdeführerin beim Erwerb aller Schutzrechte, die in Zusammenhang mit Erfindungen stehen, insbesondere durch die Erteilung von Erklärungen gegenüber Patentämtern, unterstützt und

- dass mit Erfüllung dieser Vereinbarung „sämtliche wechselseitige Ansprüche der Parteien im Zusammenhang mit dem Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 08. März.2001 in Verbindung mit den Nachtragsvereinbarungen vom 22. November 2006 und 04. März.2008 erledigt [sind]. Es bestehen insbesondere keine weiteren Zahlungsansprüche, Urlaubsansprüche, Urlaubsabgeltungsansprüche in Geld, Ansprüche auf Zahlung von Tantiemen oder ähnlichen Gratifikationen, Boni oder Verschaffung von Optionsrechten an Geschäftsanteilen des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft. Umgekehrt sind alle etwaigen Ansprüche der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer im Zusammenhang mit dessen Geschäftsführerstellung und dessen Gesellschafterstellung (mit Ausnahme des satzungsmäßigen Wettbewerbsverbots) – ganz gleich, ob bekannt oder unbekannt und aus welchem Rechtsgrund – erledigt”;

- dass die Parteien ausdrücklich feststellen, dass dem Geschäftsführer an (…) allen immateriellen Wirtschaftsgütern der Gesellschaft mit Erfüllung der Aufhebungs- und Erledigungsvereinbarung keinerlei Rechte zustehen.

Der Beschwerdegegner registrierte den Domainnamen am 08. Januar.2000 in seinem Namen. Zwischen den Parteien ist streitig, wer die Gebühr zur erstmaligen Registrierung des Domainnamens zahlte. Seit dem Jahr 2001 wurden jedoch die jährlich anfallenden Gebühren für die Aufrechterhaltung des Domainnamens jeweils der Beschwerdeführerin in Rechnung gestellt und von ihr bezahlt.

Eine ausdrückliche Regelung zur Inhaberschaft an dem Domainnamen wurde in der Aufhebungs- und Erledigungsvereinbarung nicht getroffen. Auch in den Folgemonaten wurde der Domainname sowie das nun für den Beschwerdegegner geltende Wettbewerbsverbot in den Verhandlungen der Anwälte beider Parteien über den Vollzug der in der Aufhebungs- und Erledigungsvereinbarung getroffenen Absprachen ausgeklammert.

Dem Panel liegt eine Erklärung des Anwalts des Beschwerdegegners vom 1. März 2010 vor, wonach es „allen Beteiligten klar war, dass sowohl die Frage des satzungsmäßigen Wettbewerbsverbots zu Lasten [des Beschwerdegegners] als auch dessen Inhaberschaft am Domain-Namen <sirs-lab.com> in der Aufhebungs- und Erledigungsvereinbarung vom 10. Juni.2009 (versehentlich) ausgeklammert worden sei und demzufolge noch einer Lösung zugeführt werden musste. Hierzu gab es in den Monaten Juli und August 2009 mehrere kurze Telefonate zwischen uns und [....] dem damaligen Prozeßbevollmächtigten der [Beschwerdeführerin].”

Im August 2009 suchte der Anwalt der Beschwerdeführerin den Anwalts des Beschwerdegegners in seinen Räumen auf, um die „Modalitäten der endgültigen Übertragung der persönlichen Erfinderrechte durch [den Beschwerdegegner] an die [Beschwerdeführerin] zu besprechen. Nachdem hierzu keine Einigung getroffen werden konnte” sprach der Anwalt des Beschwerdegegners „die beiden noch ungeregelten Punkte, nämlich die Behandlung des satzungsmäßigen Wettbewerbsverbots und Lösung der Domaininhaberschaft an. [Der Anwalt der Beschwerdeführerin] erklärte daraufhin definitiv, dass er an der Regelung dieser beiden Punkte kein Interesse habe. Infolgedessen kam es am 12. Oktober 2009 zur Unterzeichnung der Abtretungsvereinbarung II zwischen den Parteien, ohne dass die Frage der Domaininhaberschaft darin behandelt worden ist.”

Im einem dem Panel ebenfalls vorliegenden Schreiben des Anwalts der Beschwerdeführerin vom 09. Oktober.2009 heißt es hierzu: „Die Frage der Domain-Rechte haben wir einvernehmlich ausgeklammert; dies darf ich Ihnen nochmals der Ordnung halber bestätigen. Wir gehen beide davon aus, dass es erforderlichenfalls gelingt, diesen Punkt ebenso kurzfristig zu klären.”

Am 28. Oktober 2009 bat die Beschwerdeführerin den Registrar des Domainnamens, die Beschwerdeführerin als Inhaberin des Domainnamens einzutragen.

Der Registrar teilte ihr am 13. November 2009 mit, dass der Beschwerdegegner es bestreite, dass der Domainname für die Beschwerdeführerin beantragt wurde. Ferner habe der Anwalt des Beschwerdegegners der Darstellung der Beschwerdeführerin widersprochen, wonach der Beschwerdegegner irrtümlich als Inhaber des Domainnamens eingetragen sei. Vielmehr sei der Beschwerdegegner enttäuscht, dass eine direkte Kontaktaufnahme zwischen der Beschwerdeführerin und ihm nicht erfolgt sei. Daher sehe sich der Registrar gezwungen, den Beschwerdegegner als Inhaber des Domainnamens zu belassen und ihm die volle Verfügungsgewalt über diesen zu übertragen.

Am 03. Dezember 2009 forderte die Beschwerdeführerin den Beschwerdegegner mit anwaltlichem Schreiben auf, den Domainnamen auf sie zu übertragen. Dies lehnte der Beschwerdegegner mit anwaltlichem Schreiben vom 07. Dezember 2009 ab.

Der Beschwerdegegner hat in der Vergangenheit weitere Domainnamen registriert, darunter <sirs-lab.de>, die von der Beschwerdeführerin benutzt wurden und für die die Beschwerdeführerin die jährlichen Kosten für deren Aufrechterhaltung trug. Diese Domainnamen hat der Beschwerdegegner auf die Beschwerdeführerin übertragen.

Der Domainname ist mit der Firmenwebseite der Beschwerdeführerin verlinkt.

5. Parteivorbringen

A. Beschwerdeführerin

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin ist das Verfahren ordnungsgemäß eingeleitet worden. Dies gilt auch hinsichtlich der Bevollmächtigung durch den von ihr beauftragten Rechtsanwalt.

Das Verfahren sei auch zulässig und stehe in keinem Widerspruch zu der zwischen den Parteien geschlossenen Aufhebungs- und Erledigungsvereinbarung. Dies ergebe sich aus den vom Beschwerdegegner vorgelegten Erklärungen eines Rechtsanwalts aus der ihn vertretenden Anwaltssozietät („infolgedessen kam es am 12. Oktober 2009 zur Unterzeichnung der Abtretungsvereinbarung, ohne dass die Frage der Domaininhaberschaft darin behandelt wurde”) und aus dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin („die Frage der Domainrechte haben wir einvernehmlich ausgeklammert”). Vertragliche Ansprüche, welche die Geltendmachung materiellrechtlicher Ansprüche gegen den Beschwerdegegner verhindern könnten, lägen somit nicht vor. Dieses würden auch die vom Beschwerdegegner vorgelegten Schriftstücke beweisen.

Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass der Domainname identisch mit ihren SIRS-LAB – Marken ist.

Die Beschwerdeführerin ist auch der Auffassung, dass der Beschwerdegegner kein berechtigtes Interesse an dem Domainnamen im Sinne der in der UDRP genannten Rechtfertigungsgründe hat. Die Beschwerdeführerin bestreitet ausdrücklich die vom Beschwerdegegner geschilderten Umstände, die zur Auswahl der Bezeichnung „sirs-labs” führten. Sie behauptet, dass der Domainname am 8. Januar 2000 ausschließlich für die drei Tage später gegründete Beschwerdeführerin registriert wurde. Sie führt weiter aus, dass der Beschwerdegegner nur auf die Eintragung ins Handelsregister zurückgreife, um einen möglichst großen Zeitraum zwischen der Domainnamenregistrierung am 8. Januar 2000 und der Gründung der Gesellschaft zu konstruieren. Dabei verschweige er jedoch, dass der Gesellschaftsvertrag bereits am 11. Januar 2000 geschlossen wurde.

Die Beschwerdeführerin trägt ferner vor, dass der Domainname nur für den Gebrauch durch die zu gründende Beschwerdeführerin bestimmt war. Sie bestreitet, dass sich der Beschwerdegegner und die übrigen Gründungsmitglieder spontan während des notariellen Gründungstermins entschieden hätten, die Beschwerdeführerin „Sirs Lab” zu nennen.

Der Beschwerdeführer registrierte den Domainnamen auf sich als Privatperson anstatt auf die Beschwerdeführerin, obwohl dieser alleine die Rechte an diesem Domainnamen zustünden. In diesem Zusammenhang habe er auch gegen seine Pflichten als Geschäftsführer gem. Paragraf 43 des deutschen GmbH Gesetz verstoßen, wonach er verpflichtet ist, jeden Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Er hätte erkennen müssen, dass er keine Berechtigung hatte, den Domainname auf sich zu registrieren und somit dauerhaft die Kennzeichenrechte der Beschwerdeführerin zu verletzen.

In diesem Zusammenhang bestreitet die Beschwerdeführerin, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen der Beschwerdeführerin nur vorübergehend für unternehmerische Zwecke überlassen habe. Schließlich habe er sämtliche Domains, darunter die Domain <sirs-lab.de>, auf die Beschwerdeführerin übertragen und nur den Domainnamen davon ausgenommen.

Der Beschwerdeführer nutze den Domainnamen auch nicht für ein gutgläubiges Angebot für Waren- und Dienstleistungen, ist nicht unter diesem bekannt und handelt auch nicht in berechtigter nicht gewerblicher oder sonst in anerkennungswerter Weise ohne Gewinnerzielungsabsicht.

Die Beschwerdeführerin ist ferner der Ansicht, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen in bösem Glauben für sich registrierte. In diesem Zusammenhang trägt sie vor, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen quasi am Tag vor der Gründung der Gesellschaft auf sich als Privatperson registrierte. Dabei sei ihm auch bewusst gewesen, dass die Eintragung der Marke SIRS-LAB geplant war. Daher seien Ende 2000 auch Markenrecherchen in Auftrag gegeben worden. Eine erste Gemeinschaftsmarkenanmeldung für die Wort-Bildmarke SIRS LAB sei dann in 2001 vorgenommen worden.

Die Beschwerdeführerin ist ebenfalls der Ansicht, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen auch in bösem Glauben benutzt hat und benutzt. Hierzu trägt sie vor, dass der Beschwerdegegner Mitbegründer der Beschwerdeführerin und deren geschäftsführender Gesellschafter war. Dennoch registrierte er den Domainnamen auf sich persönlich anstatt wie vorgesehen auf die Beschwerdeführerin.

Nach Meinung der Beschwerdeführerin ist es in diesem Zusammenhang unerheblich, ob die Marke zum Zeitpunkt der Domainregistrierung bereits eingetragen war. Bösgläubigkeit liege schon dann vor, wenn sich der Domaininhaber als Mitarbeiter oder Geschäftspartner Insiderwissen in Bezug auf eine beabsichtigte Markenregistrierung zu Nutze macht. In diesem Zusammenhang verweist die Beschwerdeführerin auf Red Bull GmbH v. Reinhard Birnhuber, WIPO Verfahren Nr. D2005-0862.

Die Beschwerdeführerin trägt ferner vor, dass der Beschwerdegegner zumindest nachträglich spätestens zum Zeitpunkt der Markeneintragung bzw. nach Ausscheiden aus der Gesellschaft bösgläubig geworden sei. Insofern sei Paragraf 4(a)(iii) UDRP analog anzuwenden. Es dürfe nämlich keinen Unterschied machen, ob der Beschwerdegegner zum Zeitpunkt der Registrierung schon bösgläubig war oder es erst später wurde, da die Folgen, die Verletzung der Kennzeichen der Beschwerdeführerin, identisch seien. Zur Untermauerung ihrer Argumentation zieht die Beschwerdeführerin die Entscheidung Ideenhaus Kommunikationsagentur GmbH v. Ideenhaus GmbH, WIPO Verfahren Nr. D2004-0016, heran. Für eine analoge Anwendung der Vorschrift spreche ferner das Vorliegen einer Regelungslücke. Die UDRP sei geschaffen worden, um sog. Erpressungsfälle jeder Art abschließend zu regeln. Daher dürfe es keinen Unterschied machen, ob der Beschwerdegegner bereits zum Zeitpunkt der Registrierung oder erst später bösgläubig wurde.

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin liegt auch eine bösgläubige Benutzung des Domainnamens durch den Beschwerdegegner vor. So könne bereits die passive Innehabung der Registrierung eine bösgläubige Benutzung darstellen. Darüber hinaus sei in diesem Fall die Gleichstellung von passiver und aktiver Benutzung gerechtfertigt, da die Beschwerdeführerin sich auf eine Marke berufen kann, die von ihr bislang in Alleinstellung verwendet wurde.

Die Beschwerdeführerin führt weiter aus, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen nicht auf die Beschwerdeführerin übertrug, obwohl diese die jährlichen Kosten zur Aufrechterhaltung der Domainnamenregistrierung zahlte. Spätestens mit dem Ausscheiden des Beschwerdegegners als Geschäftsführer hätte dieser den Domainnamen auf sie übertragen müssen. Der Beschwerdegegner habe sich jedoch nach seinem Ausscheiden an den Provider gewandt und darum gebeten, zukünftig selbst die Kosten für die Registrierung zu zahlen und über den Domainnamen frei zu verfügen.

Die Beschwerdeführerin schließt daraus, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen als Faustpfand für die Zahlung einer höheren Abfindung missbrauchen will. Sie ist der Ansicht, dass dieser sich den Domainnamen abkaufen lassen wolle, obwohl ihm für diesen niemals Kosten entstanden waren.

So habe der Rechtsanwalt des Beschwerdegegners in der Gesellschafterversammlung vom 09. Dezember 2009 der Beschwerdeführerin den Domainnamen im Tausch gegen die Aufhebung des Wettbewerbsverbotes angeboten, an das der Beschwerdegegner als ehemaliger Gesellschafter gebunden ist. Darüber hinaus habe der Beschwerdegegner gegenüber einem Gesellschafter der Beschwerdeführerin erklärt, dass er den Domainnamen nur gegen die Zahlung von mindestens Euro 2000.- auf die Beschwerdeführerin übertragen würde. In diesem Zusammenhang behauptet die Beschwerdeführerin, dass der Beschwerdegegner gegenüber einer Gesellschafterin der Beschwerdeführerin gesagt haben soll, dass es „die Domain nur gegen Kohle gäbe [..] und es wird jeden Tag teurer.”

B. Beschwerdegegner

Der Beschwerdegegner ist der Ansicht, dass das Verfahren nicht wirksam eingeleitet wurde, da der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführerin nicht bevollmächtigt sei und zunächst keine schriftliche Vollmacht vorgelegen habe. Die nachgereichte Vollmacht sei ebenfalls nicht wirksam, da ein Geschäftsführer einer GmbH nach dem hier anwendbaren deutschen Recht nicht zur Verfahrenseröffnung befugt sei.

Der Beschwerdegegner trägt ferner vor, dass das Verfahren aufgrund des in der Aufhebungs- und Erledigungsvereinbarung vom 10.06.2009 vorgesehenen Generalverzichts unzulässig sei. Eine solche Vereinbarung könne nur durch Abschluss einer Änderungsvereinbarung und damit durch Beschluss der Gesellschafterversammlung und gerade nicht durch Abbruch von Verhandlungen hierüber geändert werden.

Der Beschwerdegegner ist ferner der Ansicht, dass die Beschwerdeführerin nicht über eine mit dem Domainnamen identische Marke verfügt.

Der Beschwerdegegner behauptet außerdem, dass er ein berechtigtes Interesse an dem Domainnamen habe. So sei der Domainname bereits sechs Monate vor der Eintragung der Beschwerdeführerin ins Handelsregister eingetragen worden. Die Bildmarken der Beschwerdeführerin seien erst zweieinhalb bzw. viereinhalb Jahre später eingetragen worden. Ein berechtigtes Interesse an dem Domainnamen ergäbe sich auch daraus, dass dieser aus dem eigenen Familiennamen abgeleitet sei. Bereits im Jahr 1999 habe er mit seiner Ehefrau und verschiedenen wechselnden Interessenten an der Aufsetzung eines ärztlichen Forschungs- und Entwicklungsprojekts zur Aufklärung der molekularen Ursachen einer Sepsis zusammengearbeitet. Um diesem Projekt einen Arbeitstitel zu geben, habe man die familiären Initialen des Anfangsbuchstabens seines Vornamens und dem seiner Ehefrau sowie des ersten und dritten Buchstabens des gemeinsamen Familiennamens zu der Abkürzung „SIRS” zusammengefügt. Diese Abkürzung reflektiere zugleich die englischsprachige Bezeichnung „Systemic Inflammatory Response Syndrom”, einer Krankheitsvorstufe der Sepsis. Die deutsche Übersetzung dieser Bezeichnung laute „Systemisches Inflammatorisches Response-Syndrom”. Die Kurzbezeichnung „Lab” sei wegen des rein experimentellen Charakters des Projekts hinzugestellt worden, so dass daraus der Arbeitstitel „SIRS-Lab” entstanden sei.

Der Beschwerdegegner trägt außerdem vor, dass er bislang über 30 wissenschaftliche Fachbeiträge veröffentlicht- und an der Anmeldung von über 50 Patenten jeweils zum Thema Systemic Inflammatory Response Syndrom mitgewirkt habe.

Der Beschwerdegegner verneint, dass er den Domainnamen in bösem Glauben angemeldet habe. Er führt hierzu aus, dass er diesen nur angemeldet habe, um dem Arbeitstitel eine Kommunikationsplattform zu geben. Erst in den darauf folgenden Monaten habe sich ein Kreis von Projektpartnern gebildet, die sich zur Gründung einer GmbH entschlossen, deren Eintragung ins Handelsregister am 05. Juli 2000 erfolgte. Daher habe der Beschwerdegegner den Domainnamen gar nicht auf die Beschwerdeführerin registrieren lassen können.

Der Beschwerdegegner trägt ferner vor, dass er die Kosten der Erstregistrierung des Domainnamens getragen habe und dass diese ihm von der Beschwerdeführerin nie erstattet worden seien. Er führt weiter aus, dass er der Beschwerdeführerin den Domainnamen während seiner Gesellschafterstellung zur unternehmerischen Nutzung vorübergehend überlassen habe. Einzige Gegenleistung hierfür seien die Zahlungen der jährlichen Gebühren bis zum Ausscheiden des Beschwerdegegners gewesen.

Der Beschwerdegegner bestreitet ferner, dass er den Domainnamen der Beschwerdeführerin zum Kauf angeboten habe. Er sei vielmehr bereit gewesen, der Beschwerdeführerin den Domainnamen gegen Erstattung der hiermit verbundenen Anwaltsgebühren in Höhe zu übertragen, die auf Euro 2000.- geschätzt würden. Die Anwaltsgebühren wären erforderlich gewesen, um die Aufhebungs- und Erledigungsvereinbarung entsprechend abzuändern. Dies sei jedoch durch den Prozessbevollmächtigten und zugleich Aufsichtsratmitglied der Beschwerdeführerin in einem persönlichen Gespräch mit dem Prozessbevollmächtigen des Beschwerdegegners abgelehnt worden. In seiner Duplik trägt der Beschwerdegegner hierzu ferner vor, dass es angesichts des Drohverhaltens der Beschwerdeführerin nachvollziehbar sei, dass er für eine unentgeltliche Übertragung wenigstens den Ersatz seiner Anwaltskosten von Euro 2000.- beanspruchen könne. Außerdem habe der angebliche Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführerin für sein Abmahnschreiben selbst eine Gebühr von Euro 2.300.- gefordert.

Ebenso bestreitet der Beschwerdegegner, dass er den Domainnamen zum Tausch gegen die Streichung des Wettbewerbsverbots angeboten habe. Vielmehr habe der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdegegners die Frage der Registrierung des Domainnamens und des Wettbewerbsverbots als offen bezeichnet und eine Lösung auf dem Vergleichswege empfohlen, was die Beschwerdeführerin immer wieder abgelehnt habe. Der Beschwerdegegner erklärt außerdem, dass es unzutreffend sei, dass es ihm bei der Registrierung des Domainnamens auf die Zahlung eines Geldbetrages angekommen sei. Selbst nach dem Ausscheiden des Beschwerdegegners als Gesellschafter und Geschäftsführer der Beschwerdeführerin habe er kein Entgelt für die Übertragung des Domainnamens verlangt.

Der Beschwerdegegner wendet sich ferner gegen die analoge Anwendung des Paragraf 4(a)(iii) UDRP. Nach seiner Ansicht liegt keine Verletzung der Kennzeichen der Beschwerdeführerin vor. Außerdem sei eine Gleichstellung einer nachträglichen mit einer anfänglichen Bösgläubigkeit unzulässig. Andernfalls müsste jeder gutgläubige Anmelder eines Domainnamens damit rechnen, von einem Inhaber einer jüngeren Markenanmeldung in Anspruch genommen zu werden.

6. Entscheidungsgründe

Gemäß Paragraph 15(a) der Verfahrensordnung hat das Panel über die Beschwerde auf Basis der dem Panel vorliegenden Erklärungen und Dokumente, gemäß der Richtlinie sowie den Regeln und Rechtsgrundsätzen, die das Panel in diesem Fall für anwendbar hält, zu entscheiden.

Das Panel entscheidet, dass neben dem Beschwerdeschriftsatz und der Beschwerdeerwiderung auch die Replik der Beschwerdeführerin und die Duplik des Beschwerdegegners zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden. Der Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 19. März 2010 findet in dem Verfahren keine Berücksichtigung. Das UDRP –Verfahren ist ein summarisches Verfahren, in dem durch das Panel innerhalb eines genau bestimmten Zeitraumes zu entscheiden ist, ob die in Paragraph 4(a) der Richtlinie erwähnten Voraussetzungen im konkreten Fall vorliegen. Daher sehen die Verfahrensregeln vor, dass die Parteien jeweils nur einen Schriftsatz (Beschwerde und Beschwerdeerwiderung) einreichen können, in dem alle für das Verfahren relevanten Fakten und Argumente vorzutragen sind. Die Zulassung der Replik auf die Beschwerdeerwiderung und die Duplik darauf liegt im Ermessen des Panels. In diesem Fall werden die Replik sowie die Duplik, die Bestandteil der dem Panel übermittelten Verfahrensakte sind, zugelassen. Der erst nach der Bestellung des Panels nachgeschobene Schriftsatz der Beschwerdeführerin kann jedoch nicht mehr angenommen werden, um den Zeitplan bis zur Entscheidung als wesentlichen Verfahrensbestandteil sowie die Chancengleichheit der Parteien nicht zu gefährden.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdegegners ist das Verfahren zulässig. Das Panel hat zu entscheiden, ob in diesem Fall die in Paragraph 4(a) der Richtlinie genannten Voraussetzungen vorliegen. Die Frage, ob die Inhaberschaft an dem Domainnamen in den Verhandlungen über die Aufhebungs- und Erledigungsvereinbarung vom 10. Juni 2009 bereits abschließend geregelt wurde oder (wenn auch versehentlich) ausgeklammert wurde und damit nach wie vor streitig ist und welche Auswirkungen dies auf die Rechte an dem Domainnamen hat, kann vom Panel nicht abschließend entschieden werden. Dies fällt in die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts.

Nach Ansicht des Panels wird die Beschwerdeführerin in dem vorliegenden Verfahren in ausreichender Weise vertreten. Der summarische Charakter des Verfahrens erlaubt es dem Panel nicht, nationale gesellschaftsrechtliche- und andere Vorschriften im Einzelnen darauf hin zu prüfen, ob der Rechtsbeistand einer Partei von dieser rechtswirksam bevollmächtigt wurde bzw. durch diesen in rechtlich relevanter Weise vertreten werden kann. Nach Ansicht des Panels ist spätestens mit der Vorlage der durch eine Vertreterin der Beschwerdeführerin unterzeichneten und dem Panel vorliegenden Vollmacht eine ausreichende Bevollmächtigung des Rechtsbeistandes gegeben. In diesem Zusammenhang wird seitens des Panels angemerkt, dass es nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ungewöhnlich ist, dass Parteien ihre Interessen in verschiedenen Rechtsgebieten jeweils durch Rechtsanwälte wahrnehmen lassen, die in dem jeweiligen Rechtsbereich eine besondere Expertise besitzen.

Paragraph 4(a) der Richtlinie führt drei Elemente auf, die die Beschwerdeführerin nachweisen muss um die Feststellung zu rechtfertigen, dass der Domainname der Beschwerdegegnerin auf die Beschwerdeführerin zu übertragen ist:

(1) dass der Domainname <sirs-lab.com> mit einer Marke, aus der die Beschwerdeführerin Rechte herleitet, identisch oder verwechselbar ähnlich ist; und

(2) dass der Beschwerdegegner weder Rechte noch ein berechtigtes Interesse an dem streitgegenständlichen Domainnamen hat; und

(3) dass der streitgegenständliche Domainname bösgläubig registriert wurde und benutzt wird.

1. Verwechslungsgefahr mit einer Marke, aus welcher die Beschwerdeführerin Rechte herleitet

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin einer als Europäische Gemeinschaftsmarke eingetragenen Wort-Bildmarke SIRS-LAB. Es besteht daher keine Identität zwischen dem Domainnamen und der Marke der Beschwerdeführerin, da Domainnamen keine graphischen Elemente enthalten können (vgl. Park Place Entertainment Corporation v. Mike Gorman, WIPO Verfahren Nr. D2000-0699).

Nach Ansicht des Panels besteht jedoch Verwechslungsgefahr zwischen dem Domainnamen und der Marke der Beschwerdeführerin. Die Buchstabenkombination „SIRS-Lab” ist auf einem Streifen aufgebracht, dessen linke Hälfte in einer dunklen- und dessen rechte Hälfte in einer hellen Farbe gehalten ist. Beide Farbfelder sind durch einen weißen, halbkreisförmigen Bogen voneinander getrennt. Prägender und damit unterscheidungskräftiger Bestandteil der Marke ist jedoch der Schriftzug „SIRS-Labs”, hinter den der Farbstreifen als rein dekoratives Element deutlich zurücktritt.

Hinsichtlich des Zusatzes „.com” gilt nach ständiger Entscheidungspraxis, dass dieser als so genannter Top-Level Domain nur eine technisch-funktionale Bedeutung- und deshalb bei der vergleichenden Gegenüberstellung außer Betracht zu bleiben hat (siehe u.a. Deutsche Post AG v. MailMij LLC, WIPO Verfahren Nr. D2003-0128; Freistaat Bayern v. Tobias Binderberger, WIPO Verfahren Nr. D2004-0368; DePfa Deutsche Pfandbriefbank AG v. Michael Wilhelm, WIPO Verfahren Nr. D2002-0401; Wal-Mart Stores, Inc. v. Walsucks and Walmarket Puerto Rico, WIPO Verfahren Nr. D2000-0477). Aus den genannten Gründen besteht Verwechslungsgefahr zwischen der Marke der Beschwerdeführerin und dem streitgegenständlichen Domainnamen.

2. Rechte oder berechtigtes Interesse an dem Domainnamen

Die Gewährung eines Übertragungsanspruches oder Löschungsanspruches setzt gemäß Paragraph 4(a)(ii) der Richtlinie voraus, dass sich der Beschwerdegegner nicht auf ein eigenes Recht oder berechtigtes Interesse an dem Domainnamen berufen kann. In Paragraph 4(c) zählt die Richtlinie beispielhaft und nicht abschließend drei Umstände auf, die als Nachweis eines eigenen Rechts oder berechtigten Interesses genügen. Danach soll ein Recht oder berechtigtes Interesse im Sinne des Paragraphen 4(a)(ii) der Richtlinie insbesondere dann vorliegen, wenn unter Würdigung aller vorgetragenen Beweismittel festgestellt wird, dass der Beschwerdegegner:

(a) den streitgegenständlichen Domainnamen oder einen diesen entsprechenden Namen vor Anzeige der Streitigkeit für ein gutgläubiges Angebot von Waren oder Dienstleistungen verwendet oder eine solche Verwendung nachweislich vorbereitet hat, oder

(b) allgemein (als Einzelperson, Unternehmen oder andere Organisation) unter dem Domainnamen bekannt ist, selbst wenn sie eine Marke nicht erworben hat, oder

(c) den Domainnamen in berechtigter nicht gewerblicher oder sonst anerkennenswerter Weise ohne Gewinnerzielungsabsicht und ohne den Willen, Verbraucher in irreführender Weise abzuwerben oder die fragliche Marke zu verunglimpfen, verwendet.

Nach Ansicht des Panels hat der Beschwerdegegner aus den folgenden Erwägungen kein Recht oder berechtigtes Interesse an dem Domainnamen dargetan:

(a) Das Panel ist der Ansicht, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen im Rahmen der Vorbereitungen für die Gründung Beschwerdeführerin anmeldete, da diese noch nicht als juristische Person existierte. Bereits nach deren Gründung aber spätestens mit seinem Ausscheiden hätte der Beschwerdegegner den Domainnamen auf die Beschwerdeführerin übertragen müssen. Da der Beschwerdegegner alle übrigen Domainnamen, darunter die Domain <sirs-lab.de>, auf die Beschwerdeführerin übertragen hat, ist kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdegegner nicht auch den streitgegenständlichen Domainnamen auf die Beschwerdeführerin übertrug. Hinzu kommt, dass der Domainname nach der Registrierung fast ein Jahrzehnt ausschließlich im Zusammenhang mit der Firmenwebseite der Beschwerdeführerin verwendet wurde, deren langjähriger Mitarbeiter der Beschwerdeführer bis zum Sommer 2009 war. Die Beschwerdeführerin hat außerdem mindestens neun Jahre lang die Kosten zur Aufrechterhaltung des Domainnamens getragen.

(b) Für das Panel nachvollziehbar ist die Zusammensetzung des Domainnamens aus den Anfangsbuchstaben der englischsprachigen Fachbezeichnung „Systemic Inflammatory Response Syndrom”. Nicht plausibel und vielmehr konstruiert erscheinen dem Panel hingegen die Ausführungen des Beschwerdegegners zur Ableitung des Domainnamens aus Buchstaben seines Vornamens, dem seiner Ehefrau sowie dem ersten und dritten Buchstaben des gemeinsamen Familiennamens.

(c) Die nicht weiter belegte Behauptung des Beschwerdegegners, dass er zahlreiche Veröffentlichungen auf dem Gebiet des „Systemic Inflammatory Response Syndroms” getätigt hat, genügt ebenfalls nicht für die Annahme eines berechtigten Interesses an dem Domainnamen. Unter dem Domainnamen ist seit vielen Jahren einzig und allein die Firmenwebseite der Beschwerdeführerin abrufbar. Internetnutzer verbinden den Domainnamen daher in erster Linie mit der Beschwerdeführerin. Der Beschwerdegegner als langjähriger Geschäftsführer der Beschwerdeführerin wird allenfalls nur in seiner bisherigen Funktion bei der Beschwerdeführerin mit dem Domainnamen in Verbindung gebracht. Eine solche indirekte Verbindung reicht für die Annahme eines eigenen berechtigten Interesses an dem Domainnamen nicht aus.

(d) Der Beschwerdegegner hat den Domainnamen weder für ein gutgläubiges Angebot von Waren oder Dienstleistungen verwendet noch eine solche Verwendung nachweislich vorbereitet. Vielmehr hält er den Domainnamen gleichsam als Faustpfand zurück, um offenbar seine Position in den Verhandlungen über noch ungeklärte Fragen, wie die des Wettbewerbsverbotes zu stärken. Eine solche Verwendung des Domainnamens begründet kein legitimes Interesse an diesem.

3. Bösgläubige Eintragung und Benutzung des Domainnamen

Die Gewährung eines Übertragungsanspruches oder Löschungsanspruches setzt gemäß Paragraph 4(a)(iii) der Richtlinie außerdem voraus, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen bösgläubig registriert hat oder verwendet.

Nach einer nicht abschließenden Aufzählung ist gemäß Paragraph 4(b) der Richtlinie Bösgläubigkeit insbesondere dann anzunehmen, wenn

(a) gemäß Paragraph 4(b)(i) der Richtlinie, Umstände darauf hinweisen, dass der Domainname in der Absicht registriert wurden, diesen an den Markeninhaber oder einen Wettbewerber des Kennzeicheninhabers zu verkaufen, zu lizenzieren oder auf sonstige Weise zu veräußern, um damit Gewinne zu erzielen, die über die mit dem Domainnamen zusammenhängenden Kosten hinausgehen;

(b) gemäß Paragraph 4(b)(ii) der Richtlinie die Registrierung des Domainnamen mit dem Ziel erfolgte, den Markeninhaber daran zu hindern, den Domainnamen zu registrieren, die der Marke des Zeicheninhabers entsprechen, sofern sein Verhalten einem entsprechenden Muster folgt;

(c) gemäß Paragraph 4(b)(iii) der Richtlinie, die Registrierung des Domainnamen in erster Linie in der Absicht der Behinderung eines Wettbewerbers erfolgte;

(d) gemäß Paragraph 4(b)(iv) der Richtlinie, die Registrierung des Domainnamen in der Gewinnerzielungsabsicht erfolgte, um Internetnutzer auf die eigene Webseite oder zu einer sonstigen Onlinepräsenz zu leiten, indem eine Verwechslungsgefahr hinsichtlich Herkunft, Zugehörigkeit, Inhaberschaft der Webseite oder der Onlinepräsenz oder der Produkte oder Dienstleistungen der Webseite oder Onlinepräsenz begründet wird.

Das Panel ist der Ansicht, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen nicht in bösem Glauben registriert hat.

Der Beschwerdegegner registrierte den Domainnamen bevor die Beschwerdeführerin als juristische Person existierte und bevor sie die Bezeichnung SIRS-LAB als Marke anmeldete. In solchen Fällen kann nach der Entscheidungspraxis der Beschwerdepanel eine bösgläubige Registrierung dann angenommen werden, wenn (1) nach den Umständen des Einzelfalles feststeht, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen in spekulativer Absicht in Kenntnis einer bevorstehenden Markenbenutzung bzw. Registrierung durch den Beschwerdeführer registriert hat, (2) ein Domainname in Kenntnis der bevorstehenden Fusion zweier Unternehmen und dem dadurch entstehenden gemeinsamen Unternehmenskennzeichen bzw. der Marke erfolgt (Sampo Insurance Company Plc and Leonia Plc v. Caspar Callerstrom, WIPO Verfahren Nr. D2000-0864) oder (3) der Domaininhaber sich als Mitarbeiter oder Geschäftspartner Insiderwissen in Bezug auf eine beabsichtigte Markenregistrierung zu nutze macht (ExecuJet Holdings Ltd. v. Air Alpha America, Inc.; WIPO Verfahren Nr. D2002-0669; Madrid 2012 S.A. v. Scott Martin-MadridMan Websites; WIPO Verfahren Nr. D2003-0598; Red Bull GmbH v. Reinhard Birnhuber, WIPO Verfahren Nr. D2005-0862).

Aus den dem Panel vorliegenden Unterlagen ist nicht ersichtlich, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen in spekulativer Absicht in Kenntnis einer bevorstehenden Markenbenutzung registrieren ließ. Eine juristische Verfügbarkeitsrecherche, um festzustellen, ob die Bezeichnung SIRS-LAB als Marke registriert und benutzt werden kann, wurde erst ein Jahr nach der Domainnamenregistrierung in Auftrag gegeben. Die Markenanmeldung erfolgte wesentlich später, im Mai 2001 bzw. erst im Mai 2002. Andererseits wurde die Bezeichnung „SIRS-Lab” nur drei Tage nach der Registrierung als Domainname im Gründungsprotokoll als Name der Beschwerdeführerin verwendet. Daher muss dem Beschwerdegegner bekannt gewesen sein, dass die Bezeichnung „SIRS-Lab” in Zukunft sowohl als Firmenname als auch als Marke zu verwendet werden sollte. Ferner spricht nach Ansicht des Panels vieles dafür, dass die Domainnamenregistrierung Bestandteil einer Reihe von Vorbereitungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Gründung der Beschwerdeführerin war. Damals konnte die Beschwerdeführerin den Domainnamen nicht in eigenem Namen registrieren, da sie noch nicht als juristische Person existierte. Deshalb musste die Registrierung durch Dritte erfolgen. Das Panel geht daher davon aus, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen im Auftrag, zumindest aber mit Billigung der (übrigen) Gründungsmitglieder Beschwerdeführerin registrierte.

Somit fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass der Beschwerdegegner den Domainname im Zeitpunkt der Registrierung bereits in spekulativer Absicht bzw. aufgrund der in Paragraf 4(b)(i)(iii) genannten Beweggründe für sich registrierte. Es finden sich in den dem Panel vorliegenden Unterlagen auch keine ausreichenden Belege dafür, dass der Beschwerdegegner bereits im Zeitpunkt der Registrierung vorhatte, den Domainnamen nach seinem Ausscheiden aus der Beschwerdeführerin nicht an diese zu übertragen. Das Panel sieht daher keine Anhaltspunkte, dass der Beschwerdegegner in bösem Glauben war, als er den Domainnamen in seinem Namen registrierte.

Der Beschwerdegegner benutzt jedoch den Domainnamen in bösem Glauben im Sinne von Paragraf 4(b)(iv) der Richtlinie. Die Beschwerdeführerin konnte nach ihrer Gründung die Übertragung des vom Beschwerdegegner in seinem Namen registrierten Domainnamens erwarten. Für die behauptete nur vorübergehende Überlassung des Domainnamens seitens des Beschwerdegegners wurden dem Panel keine Belege, wie z.B. ein Lizenzvertrag, vorgelegt. Gegen eine vorübergehende Überlassung spricht ferner, dass die jährlichen Kosten für die Aufrechterhaltung des Domainnamens ab 2001 von der Beschwerdeführerin regelmäßig bezahlt wurden und diese den Domainnamen seit mehr als neun Jahren zur Verlinkung mit ihrer Firmenhomepage verwendet. Ein Zeitraum von fast einem Jahrzehnt stellt auch keinen „vorübergehenden Zeitraum” mehr dar.

Spätestens mit seinem Ausscheiden aus der Beschwerdeführerin hätte er den Domainnamen auf diese übertragen müssen, was er hinsichtlich der übrigen Domainnamen bereits getan hat. Stattdessen verweigert er die Übertragung des Domainnamens und missbraucht diesen offensichtlich als Faustpfand, um eine Aufhebung des für ihn wirtschaftlich ungünstigen Wettbewerbsverbots zu erreichen. Ferner verlangt er die Zahlung eines Betrages von mindestens Euro 2000.-. Dieser Betrag liegt erheblich über dem Betrag, der bereits in 2000 für die Registrierung eines Domainnamens bezahlt werden musste.

Die Auswirkungen der bösgläubigen Benutzung des Domainnamens auf dessen ur-sprüngliche gutgläubige Registrierung sind in der Entscheidungspraxis der Beschwerdepanels umstritten.

Im Fall Camon S.p.A. v. Intelli-Pet, LLC, WIPO Verfahren Nr. D2009-1716 (mit einer eingehenden Diskussion mit der Problematik ) entschied das Panel unter Verweis auf zahlreiche vorangegangene Entscheidungen ( vgl. z.B. MediaSpan Group, Inc. v. Raghavan Rajagopalan, WIPO Verfahren Nr. D2005-1282; Guildline Instruments Limited v. Anthony Anderson, WIPO Verfahren Nr. D2006-0157; Meeza QSTP-LLC v. Torsten Frank/medisite Systemhaus GmbH, WIPO Verfahren Nr. D2009-0943), dass Bösgläubigkeit zum Zeitpunkt der Registrierung und im Zusammenhang mit der Nutzung des Domainnamens vorliegen muss. Zwar wird von den Panels dieser Fälle überwiegend vertreten, dass die in Paragraf 4 der Richtlinie erwähnten Fallkonstellationen nur eine beispielhafte Aufzählung darstellen, die in Abhängigkeit vom konkreten Einzelfall die Regelung einer Vielzahl von Konfliktkonstellationen durch die UDRP erlauben. Gleichwohl wird eine Ausdehnung der aus Paragraf 2 der Richtlinie resultierenden Verpflichtungen auf den Zeitraum nach der Domainnamenregistrierung abgelehnt. Dies wird damit begründet, dass eine ursprünglich gutgläubige Domainnamenregistrierung nicht nachträglich bösgläubig werden kann. Einen solchen rückwirkenden Effekt der bösgläubigen Nutzung des Domainnamens auf dessen ursprünglich gutgläubige Registrierung sieht die Richtlinie nach dieser Ansicht nicht vor. Für diese am Wortlaut orientierte Interpretation spricht ferner, dass bei den Anhörungen und Beratungen im Rahmen der Entstehung der UDRP deren Anwendbarkeit auf alle denkbaren Domainnamenkonflikte gerade nicht vorgesehen wurde (vgl. den WIPO Report zum Domainnamen Prozess sowie e-Duction, Inc. v. John Zuccarini, d/b/a, d/b/a The Cupcake Party&Cupcake Movies, WIPO Verfahren Nr. D2000-1369). Fälle der ursprünglich gutgläubigen Registrierung von Domainnamen sind hiervon ausdrücklich nicht umfasst und ggf. durch das zuständige nationale Gericht zu entscheiden (vgl. auch PAA Laboratories GmbH v. Printing Arts America, WIPO Verfahren Nr. D2004-0338; Teradyne Inc. v. 4tel Technology, WIPO Verfahren Nr. D2000-0026).

In den Entscheidungen Octogen Pharmacal Company, Inc. v. Domains By Proxy, Inc. / Rich Sanders and Octogen e-Solutions, WIPO Verfahren Nr. D2009-0786 und Ville de Paris v. Jeff Walter, WIPO Verfahren Nr. D2009-1278 entschieden die Panels hingegen unter Verweis auf die Entscheidung Telstra Corporation Limited v. Nuclear Marhmallows, WIPO Verfahren Nr. D2000-0003, dass eine bösgläubige Registrierung eines Domainnamens unabhängig von den Motiven des Beschwerdegegners zum Zeitpunkt der Registrierung angenommen werden kann, wenn der Domainame anschließend („subsequently”) zur Ausnutzung des Image des Markeninhabers verwendet wird. In diesem Zusammenhang wird argumentiert, dass die in Paragraf 2 der Richtlinie niedergelegten Verpflichtungen nicht nur im Rahmen der Registrierung eines Domainnamens, sondern auch im Hinblick auf die künftige Nutzung des Domainnamens Anwendung finden. Nach dieser Ansicht kann Bösgläubigkeit unter bestimmten Umständen schon dann angenommen werden, wenn der Beschwerdegegner den Domainnamen bösgläubig verwendet obwohl zum Zeitpunkt der Registrierung eine solche Bösgläubigkeit nicht vorlag. Hierfür spricht nach Meinung der Panels in diesen Verfahren auch, dass Paragraf 4(b) keine abschließende Aufzählung von Fallgruppen der bösgläubigen Registrierung und Nutzung vorsieht und insbesondere die in Paragraf 4(b)(iv) genannten Fälle lediglich Formen der bösgläubigen Nutzung von Domainnamen zum Gegenstand haben.

Das Panel im vorliegenden Fall folgt ebenfalls der bei den Beschwerdepanels vorherrschenden Ansicht, dass bei der Entwicklung der UDRP nicht alle später auftretenden Fallkonstellationen vorhergesehen werden konnten. Deshalb sieht Paragraph 4(b) auch keine abschließende Aufzählung der unter von der UDRP erfassten Fallkonstellationen vor. Ferner erlaubt Paragraf 4(b) (iv) grundsätzlich auch die Erfassung solcher Fälle, in denen es in erster Linie um die bösgläubige Nutzung von Domainnamen geht. Das Spannungsfeld, das jedoch dadurch entsteht, dass der Wortlaut der UDRP auch die Bösgläubigkeit zum Zeitpunkt der Registrierung verlangt, kann nur unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Falles und nur unter engen Voraussetzungen aufgelöst werden. Für eine Regelungslücke ist angesichts der Entstehungsgeschichte der UDRP wenig Raum.

In den oben erwähnten Fällen (Ville de Paris v. Jeff Walter, WIPO Verfahren Nr. D2009-1278 und Octogen Pharmacal Company, Inc. v. Domains By Proxy, Inc. / Rich Sanders and Octogen e-Solutions, WIPO Verfahren Nr. D2009-0786) verfügten die Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Registrierung des streitgegenständlichen Domainnamens entweder schon über eine eingetragene Marke (so im Ville de Paris – Fall) oder es lag eine mehrjährige bzw. jahrzehntelange markenmäßige Benutzung vor (so im Octogen – Fall), was in den USA, wo der Beschwerdeführer tätig war, zur Begründung eines Markenrechts ausreicht.

In dem vorliegenden Fall existierte ein solches Markenrecht zum Zeitpunkt der Registrierung des Domainnamens noch nicht. Die erst viel später in Auftrag gegebenen Markenrecherchen zeigen ferner, dass zwar eine Nutzung der Bezeichnung „SIRS-Lab“ als Marke schon bei der Gründung der Beschwerdeführerin in Betracht gezogen wurde, aber doch noch eine erhebliche Unsicherheit darüber bestand, ob diese Bezeichnung als Marke eintragbar und benutzbar sein würde, ohne Rechte Dritter zu verletzen. Für die Annahme von Bösgläubigkeit zum Zeitpunkt der Registrierung des Domainnamens fehlen daher, wie bereits ausgeführt, die Anhaltspunkte. Die Panels in den Fällen Ville de Paris v. Jeff Walter ( WIPO Verfahren Nr. D2009-1278) und Octogen Pharmacal Company, Inc. v. Domains By Proxy, Inc. / Rich Sanders and Octogen e-Solutions ( WIPO Verfahren Nr. D2009-0786) verlangten ferner, dass der streitgegenständliche Domainname im Anschluß an die ursprünglich gutgläubige Registrierung („subsequently“) in bösem Glauben benutzt wird. Der Begriff „subsequently“ bzw. „im Anschluß“ ist auslegungsbedürftig und daher jeweils nach den Umständen des jeweiligen Falles zu beurteilen. Er erfordert das Bestehen eines gewissen zeitlichen Zusammenhanges mit der Domainregistrierung, der im Einzelfall auch mehr als einige Jahre betragen kann. Bei einem Abstand von über neun Jahren fehlt es mangels weiterer Anhaltspunkte an dem erforderlichen zeitlichen Zusammenhang mit der Registrierung des Domainnamens. Angesichts der Entstehungsgeschichte der UDRP und ihrem eindeutigen Wortlaut ist die Beschwerde trotz Vorliegens einer bösgläubigen Benutzung des Domainnamens abzuweisen, weil es in diesem Fall an einer bösgläubigen Anmeldung des Domainnamen fehlt.

Der Beschwerdeführerin bleibt es jedoch unbenommen, ihr Begehren vor einem zuständigen deutschen Gericht weiterzuverfolgen, für das eine andere Verfahrensordnung gilt und wo auch ausführlichere Sachverhaltsklärungen vorgenommen werden können, die im Rahmen eines summarischen UDRP Verfahrens nicht möglich sind..

7. Entscheidung

Aus den vorgenannten Gründen wird die Beschwerde abgewiesen.


Christian Schalk
Einzelbeschwerdepanelmitglied

Datum: 30. März 2010