WIPO Arbitration and Mediation Center

EXPERTENENTSCHEID

Cablecom GmbH v. Marco Furrer

Verfahren Nr. DCH2009-0033

1. Die Parteien

Die Gesuchstellerin ist Cablecom GmbH, Zürich, Schweiz, vertreten durch Dr. Robert G. Briner, CMS von Erlach Henrici, Zürich, Schweiz.

Der Gesuchsgegner ist Marco Furrer, Thun, Schweiz.

2. Streitiger Domain-Name

Gegenstand des Verfahrens ist der Domain-Name <upc-business.ch> (nachfolgend der „Domain-Name”).

Die Domainvergabestelle ist SWITCH, Zürich, Schweiz.

3. Verfahrensablauf

Das Gesuch ging beim WIPO Schieds- und Mediationszentrum (“Zentrum”) in deutscher Sprache am 16. Dezember 2009 per Email und am 18. Dezember 2009 per Post ein. Das Gesuch stützt sich auf das Verfahrensreglement von SWITCH für Streitbeilegungsverfahren für “.ch” und “.li” Domain-Namen (“Verfahrensreglement”), das am 1. März 2004 in Kraft trat.

Am 4. Januar 2010 bestätigte die Domainvergabestelle SWITCH, dass der Gesuchsgegner Inhaber und administrative Kontaktperson des Domain-Namens sei. Das Zentrum stellte fest, dass das Gesuch den formellen Anforderungen des Verfahrensreglements entspreche, stellte es am 12. Januar 2010 ordnungsgemäss zu und leitete das Streitbeilegungsverfahren ein. Die Frist für die Einreichung einer Gesuchserwiderung war der 1. Februar 2010.

Das Zentrum teilte mit Schreiben vom 2. Februar 2010 mit, dass der Gesuchsgegner weder eine Gesuchserwiderung eingereicht, noch auf andere Weise gegenüber dem Zentrum seine Bereitschaft zur Teilnahme an einer Schlichtungsverhandlung zum Ausdruck gebracht habe. Die Gesuchstellerin wurde am 3. Februar 2010 vom Zentrum über die Möglichkeit benachrichtigt, die Fortsetzung des Verfahrens zu verlangen.

Am 5. Februar 2010 wurde das Verfahren in Übereinstimmung mit Paragraph 19 des Verfahrensreglements fortgesetzt und das Zentrum bestellte am 8. Februar 2010 Dr. Bernhard F. Meyer als Experten. Der Experte stellt fest, dass er ordnungsgemäss bestellt wurde und erklärte in Übereinstimmung mit Paragraph 4 des Verfahrensreglements seine Unabhängigkeit.

4. Sachverhalt

Die Gesuchstellerin ist ein Kabelnetzunternehmen in der Schweiz, das in den Bereichen Kabelfernsehen, Breitband-Internet, Festnetz- und Mobiltelefonie seine Dienste anbietet. Cablecom ist eine Ländergesellschaft von UPC Broadband, der europäischen Kabelnetzgruppe von Liberty Global Inc., welche die Gesuchstellerin seit September 2005 zu hundert Prozent beherrscht (http://de.wikipedia.org/wiki/Liberty_Global).

Die Liberty Global Europe N.V. ist Inhaberin der nachfolgenden Marken, welchen in der Schweiz Schutz zukommt:

- UPC, IR-709244, registriert am 8. Januar 1999, für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 38, 41 und 42;

- UPC (fig.), IR-738248, registriert am 28. Januar 2000, für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 38, 41 und 42;

- UPC EINFACH FÜR JEDEN, CH-581773, registriert am 11. August 2008, für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 38, 41 und 42;

- UPC FIBER POWER, IR-997954, registriert am 16. Januar 2009, für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 38, 41 und 42.

Die Gesuchstellerin ist auch Inhaberin des Domain-Namens <upc.ch>.

Der Gesuchsgegner ist Inhaber des streitigen Domain-Namens <upc-business.ch>. Der Inhalt dieser Webseite erschöpft sich in einem Angebot unzähliger Links im Bereich verschiedenster Interessenskategorien.

5. Parteivorbringen

A. Gesuchstellerin

Die Gesuchstellerin bringt vor, die Registrierung des streitgegenständlichen Domain-Namens verletze ihre Markenrechte. Zwischen den oben erwähnten Marken „UPC” und dem Domain-Namen <upc-business.ch> bestehe eine Verwechslungsgefahr, zumal der Wortteil „business” bloss beschreibend sei. Ein schützenswertes Interesse des Gesuchsgegners am Domain-Namen sei nicht ersichtlich.

Weiter führt die Gesuchstellerin aus, in ihren Firmen- sowie Namensrechten verletzt zu sein. Der Firmenbestandteil „UPC” sei vor Namensanmassungen geschützt. So werde in der Werbung prominent darauf verwiesen, dass es sich bei der Gesuchstellerin um ein Unternehmen der UPC handle. Ausserdem seien gewisse Produkte der Gesuchstellerin bereits mit dem Firmenbestandteil „UPC” beschriftet sowie ein künftiger Namenswechsel von „Cablecom” zu „UPC” in den Medien angekündigt worden.

Schliesslich verstosse der Gesuchsgegner durch das Erwecken eines unzutreffenden Eindrucks über eine wirtschaftliche Zugehörigkeit zur Gesuchstellerin gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

B. Gesuchsgegner

Der Gesuchsgegner hat keine Gesuchserwiderung eingereicht. Entsprechend sind die Ausführungen der Gesuchstellerin unbestritten.

6. Entscheidungsgründe

Gemäss Paragraph 24(c) des Verfahrensreglements gibt der Experte dem Gesuch statt, wenn die Registrierung oder Verwendung des Domain-Namens eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts darstellt, das der Gesuchstellerin nach dem Recht der Schweiz oder Liechtensteins zusteht.

Gemäss Paragraph 24(d) des Verfahrensreglements liegt eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts insbesondere dann vor, wenn

(i) sowohl der Bestand als auch die Verletzung des geltend gemachten Kennzeichenrechts sich klar aus dem Gesetzeswortlaut oder aus einer anerkannten Auslegung des Gesetzes und den vorgetragenen Tatsachen ergeben und durch die eingereichten Beweismittel nachgewiesen sind; und

(ii) der Gesuchsgegner keine relevanten Verteidigungsgründe schlüssig vorgetragen und bewiesen hat; und

(iii) die Rechtsverletzung, je nach dem im Gesuch erhobenen Rechtsbegehren, die Übertragung oder Löschung des Domain-Namens rechtfertigt.

A. Bestand von Kennzeichenrechten

Die Gesuchstellerin hat dargelegt, dass sie aufgrund ihrer Konzernzugehörigkeit Rechte an den UPC-Marken hat. Der Gesuchsgegner hat keine Tatsachen hervorgebracht, die das Gegenteil zu beweisen vermöchten.

B. Klare Verletzung der Rechte der Gesuchstellerin

Das Bundesgericht hielt in einem Leitentscheid fest, dass Domain-Namen eine Kennzeichnungsfunktion haben und gegenüber absolut geschützten Kennzeichen Dritter den gebotenen Abstand einzuhalten haben, um Verwechslungen zu vermeiden (BGE 126 III 244). Eine Verwechslungsgefahr besteht, sobald es aufgrund der erwähnten Kriterien (Schriftbild, Wirkung, Sinngehalt) und aufgrund der Gleichartigkeit des Angebots an Waren und Dienstleistungen bei den Benutzern des Internets zu Verwechslungen kommen kann. Dass Verwechslungen tatsächlich stattgefunden haben, ist nicht Voraussetzung (BGE 128 III 401 E. 5).

Ist ein Zeichen namens-, firmen- oder markenrechtlich geschützt, kann dessen Inhaber Unberechtigten die Verwendung dieses Zeichens als Domain-Namen verbieten, sofern die unbefugte Verwendung eine Verwechslungsgefahr schafft, indem die entsprechende Webseite dem Falschen zugerechnet werden kann (BGE 4C.141/2002 in sic! 2003 438 ff.).

(i) Markenrecht

Art. 13 Abs. 1 Markenschutzgesetz (“MSchG”) verleiht dem Inhaber das ausschliessliche Recht, die Marke zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, zu gebrauchen. Gemäss Art. 13 Abs. 2 MSchG kann der Markeninhaber einem anderen den Gebrauch eines Zeichens untersagen, das seine Rechte verletzt, z.B. indem es mit einer älteren Marke für gleichartige Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers identisch oder verwechselbar ist (Art. 3 Abs. 1 lit. a bis c MSchG). Die Gesuchstellerin lässt implizit vortragen, sie sei von ihrer Muttergesellschaft berechtigt, deren Rechte wahrzunehmen, was unwidersprochen geblieben ist.

Die Gleichartigkeit zwischen den von den Marken der Gesuchstellerin beanspruchten und den unter dem streitgegenständlichen Domain-Namen angebotenen Waren und Dienstleistungen i.S.v. Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG ist aufgrund des umfangreichen Angebots auf der betroffenen Webseite gegeben. Diese enthält insbesondere unter den Rubriken „Technologie”, „Internet”, „Geschenke” oder „Gesellschaft” Links, die zu Webseiten Dritter mit teilweise gleichem oder gleichartigem Waren- und Dienstleistungsangebot führen.

Nach bundesgerichtlicher Praxis ist die Frage, ob sich zwei Zeichen genügend unterscheiden, aufgrund des Gesamteindrucks zu beurteilen, den sie beim interessierten Publikum hinterlassen. Der Gesamteindruck wird durch den Klang, das Schriftbild und den Sinngehalt bestimmt.

Die Bezeichnung „UPC” ist im Domain-Namen in identischer Weise wie in den registrierten Marke enthalten. Der Domain-Name unterscheidet sich von den Marken „UPC” lediglich durch das mit Bindestrich angefügte Element „business”. Ob zwei Zeichen verwechselbar sind, ist nicht aufgrund eines abstrakten Zeichenvergleichs, sondern stets vor dem Hintergrund der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Im vorliegenden Fall stellt das kennzeichnungskräftige Element klar die Buchstabenfolge „UPC” dar, die durch die Schreibweise mit Bindestrich sogar stark hervorgehoben wird. Der Zusatz „-business” gehört dagegen zum Gemeingut (engl. für Geschäft) und hat keinen eigenständigen, prägenden Charakter. Eine Verwechslungsgefahr ist offensichtlich zu bejahen.

Der Experte stellt damit eine klare Verletzung der Markenrechte der Gesuchstellerin im Sinne von Paragraph 24(c) und (d) des Verfahrensreglements fest.

(ii) unlauterer Wettbewerb

Die Gesuchstellerin rügt ausserdem ein wettbewerbswidriges Verhalten des Gesuchsgegners in Verletzung von Art. 3 lit. d UWG. Domain-Namen unterstehen neben dem Kennzeichenrecht auch dem Lauterkeitsgebot des Wettbewerbsrechts (BGE 126 III 245). Nach Art. 3 lit. d UWG handelt unlauter, wer Massnahmen trifft, die geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren, Werken, Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb eines anderen herbeizuführen. Unter den wettbewerbsrechtlichen Kennzeichenschutz fallen sämtliche Verhaltensweisen, bei denen das Publikum durch die Schaffung von Verwechslungsgefahr irregeführt wird (BGE 126 III 239, 245).

Dass eine Verwechslungsgefahr zwischen den unter den Marken angebotenen und den unter dem streitigen Domain-Namen erhältlichen Waren und Dienstleistungen besteht, wurde bereits erläutert. Es wurden keine Gründe vorgetragen, die einen lauteren Gebrauch des Zeichen „UPC” im Domain-Namen rechtfertigen würden. Es muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass der Gesuchsgegner beim Registrieren des Domain-Namens einen Vorteil aus den besagten Marken ziehen wollte, indem er Massnahmen getroffen hat, die geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren und Dienstleistungen oder dem Geschäftsbetrieb der Gesuchstellerin herbeizuführen. Somit liegt auch eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 lit. d UWG vor.

(iii) Namens- und Firmenrechte

Das Firmenrecht (Art. 956 Obligationenrecht) bietet Schutz vor unbefugtem Gebrauch der Firma, wobei das Ausschliesslichkeitsrecht des Firmeninhabers verletzt sein muss. Eine solche Verletzung beruht entweder auf der Identität oder einem Mangel an deutlicher Unterscheidbarkeit zu einer später gebildeten Firma, was bei Dritten Fehlvorstellungen bezüglich der gekennzeichneten Unternehmen hervorrufen kann (vgl. Seedamm-Immobilien AG v. Giuseppe Cuccaro, WIPO Verfahren Nr. DCH2008-0024, mit weiteren Hinweisen). Der firmenrechtliche Schutz kann nur gegen firmenrechtliche Bezeichnungen in Anspruch genommen werden. Da der Gebrauch von Domain-Namen jedoch kein firmenmässiger Gebrauch darstellt, fällt eine Verletzung des Firmenrechtes ausser Betracht.

Das Namensrecht (Art. 27 ff. Zivilgesetzbuch) bietet nicht nur den gesetzlichen Namen, sondern auch Geschäftsbezeichnungen, Kurznamen, Enseignes, etc. Schutz. Für den Schutz des Namens ist erforderlich, dass beim Namensberechtigten wegen der Anmassung seines Namens eine Beeinträchtigung schützenswerter Interessen eintritt. Die für eine beeinträchtigende Anmassung in Betracht kommenden Fallgruppen lassen sich regelmässig auf das Schaffen einer Verwechslungsgefahr reduzieren (vgl. Seedamm-Immobilien AG v. Giuseppe Cuccaro, WIPO Verfahren Nr. DCH2008-0024, m.w.H.).

Angesichts der nachgewiesenen klaren Verletzung des Markenrechts sowie des Verstosses gegen das UWG, die sowohl der Bestand als auch die Verletzung des geltend gemachten Kennzeichenrechts belegen, kann offen bleiben, ob die Gesuchstellerin Cablecom am Namen “UPC”, den sie (noch) nicht in der Firma führt, überhaupt Rechte geltend machen kann. Eine Verletzung des Namensrechts wurde von der Gesuchstellerin jedenfalls nicht schlüssig dargelegt.

Andererseits ist festzustellen, dass der Gesuchsgegner keine relevanten Verteidigungsgründe vorgetragen oder bewiesen hat und dass die Rechtsverletzung die beantragte Übertragung des Domain-Namens an die Gesuchsstellerin rechtfertigt.

7. Entscheidung

Aus den vorstehend genannten Gründen entscheidet der Experte, dass der Domain-Name <upc-business.ch> gemäss Paragraph 24 des Verfahrensreglements an die Gesuchstellerin zu übertragen ist.


Dr. Bernhard F. Meyer
Expert

Datum: 23. Februar 2010