WIPO

WIPO Arbitration and Mediation Center

EXPERTENENTSCHEID

Health & Beauty Group AG v. CPL Centre de Chirurgie

Plastique Lausanne S.à.r.l.

Verfahren Nr. DCH2009-0026

1. Die Parteien

Die Gesuchstellerin ist Health and Beauty Group AG, c/o Swissestetix The Beauty clinic, Zollikon, Schweiz, vertreten durch Steinbrüchel Hüssy, Rechtsanwälte, Zürich, Schweiz.

Die Gesuchsgegnerin ist CPL Centre de Chirurgie Plastique Lausanne S.à.r.l., Fabien Leyral (Web-Administrator), Font, Schweiz, vertreten durch Blum & Grob, Rechtsanwälte AG, Zürich, Schweiz.

2. Streitiger Domain-Name

Gegenstand des Verfahrens ist der Domain-Name <swissaesthetic.ch> (nachfolgend der Domain-Name). Die Domainvergabestelle ist SWITCH, Zürich, Schweiz.

3. Verfahrensablauf

Das Gesuch ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center (das „Center”) in deutscher Sprache am 9. Oktober 2009 per Email und am 12. Oktober 2009 per Post ein. Am 12. Oktober 2009 bestätigte die Domainvergabestelle SWITCH, dass die Gesuchsgegnerin Inhaberin und administrative Kontaktperson des Domain-Namens ist. Das Center wies die Gesuchstellerin am 28. Oktober 2009 darauf hin, dass das Gesuch gemäss Paragraph 14(b) des Verfahrensreglements formale Mängel aufweise. Nach Angabe des Centers reichte die Gesuchstellerin das geänderte Gesuch am 2. November 2009 per E-Mail und am 10. November 2009 per Post ein. Am 23. November 2009 erging ein Entscheid des Centers, wonach die Verfahrenssprache Deutsch sei. Das Gesuch stützt sich auf das Verfahrensreglement von SWITCH für Streitbeilegungsverfahren für “.ch” und “.li” Domain-Namen (“Verfahrensreglement”), welches am 1. März 2004 in Kraft trat.

Das Center stellte fest, dass das Gesuch den formellen Anforderungen des Verfahrensreglements entsprach, stellte es am 5. November 2009 ordnungsgemäss der Gesuchsgegnerin zu und leitete das Streitbeilegungsverfahren ein. Die Frist für die Einreichung einer Gesuchserwiderung war der 25. November 2009.

Die Gesuchserwiderung traf am 25. November 2009 per Email und am 26. November 2009 per Post beim Center ein. Am 1. Dezember 2009 erklärte die Gesuchsgegnerin ihre Bereitschaft zur Teilnahme an einer telefonischen Schlichtungsverhandlung. Am 9. Dezember 2009 wurden die Akten dem Schlichter übermittelt und am 22. Dezember 2009 wurde das Verfahren sistiert.

Die Schlichtungsverhandlung führte zu keinem Vergleichschluss.

Am 12. Januar 2010 wurde das Verfahren in Übereinstimmung mit Paragraph 19 des Verfahrensreglements fortgesetzt und das Center bestellte am 26. Januar 2010 Bernhard F. Meyer als Experten. Der Experte stellt fest, dass er ordnungsgemäss bestellt worden ist und erklärt in Übereinstimmung mit Paragraph 4 des Verfahrensreglements seine Unabhängigkeit.

4. Sachverhalt

Die Gesuchstellerin ist eine Aktiengesellschaft, die das Schönheitszentrum Swissestetix, The beauty doctors, betreibt, eine Praxisgruppe für ästhetische Medizin mit Filialen in Zollikon ZH und Rapperswil SG.

Die Gesuchstellerin ist seit dem 30. April 2009 Inhaberin der folgenden Marke:

- swissestetix, Nr. 526 176, registriert am 10. Juni 2004, für Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 5 und 44.

Ausserdem ist die Gesuchstellerin Inhaberin des Domain-Namens <swissestetix.ch>.

Die Gesuchsgegnerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Lausanne VD, betreibt ein Zentrum für plastische und rekonstruktive Chirurgie. Sie ist Inhaberin des am 23. Juni 2005 registrierten, streitigen Domain-Namens <swissaesthetic.ch>. Die Registrierung lautet auf ihren Web-Administrator Fabien Leyral.

5. Parteivorbringen

A. Gesuchstellerin

Die Gesuchstellerin bringt hervor, die Registrierung des streitgegenständlichen Domain-Namens sowie dessen Verwendung würde ihren markenrechtlichen Ausschliesslichkeitsanspruch beeinträchtigen.

Aufgrund des generischen Begriffs „swiss” sowohl am Anfang der Marke als auch am Anfang des Domain-Namens, sei die Aufmerksamkeit im Rahmen der Zeichenähnlichkeit auf die Wortteile „estetix” bzw. „aesthetic” zu richten. Die Gesuchstellerin bringt vor, aus dem deutschen Wort „Ästethik” und dem französischen Wort „ésthétique” die originelle Eigenerfindung „estetix” gebildet zu haben. „Aesthetic” hingegen, stelle lediglich eine leichte Umformung des englischen Begriffs „aesthetics” dar. Die beiden Wortbestandteile würden auch in phonetischer Hinsicht einen äusserst minimalen Unterscheidungscharakter aufweisen. Daraus, und aus der gleichartigen Geschäftsaktivität, würde eine unzumutbare Nähe der beiden Zeichen assoziiert, was zu Fehlzurechnungen führe und den Eindruck erwecke, es handle sich um das selbe Unternehmen.

Des Weiteren verletze die Gesuchsgegnerin auch das Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), indem sie der Gesuchstellerin den Markt streitig mache und eine Verwechslungsgefahr zwischen der Marke und dem Domain-Namen herbeiführe. Die Gesuchsstellerin beantragt deshalb primär die Löschung des Domain Namens <swissaesthetic.ch>, eventualiter aber auch dessen Übertragung auf die Gesuchsstellerin.

B. Gesuchsgegnerin

Die Gesuchsgegnerin widersetzt sich dem Antrag und bringt vor, ein allfälliger Abwehranspruch der Gesuchstellerin sei aufgrund ihres langen Zuwartens sowie der vierjährigen gutgläubigen Verwendung des Domain-Namens durch die Gesuchsgegnerin verwirkt. Eine Übertragung wäre unter diesen Umständen unzumutbar.

Ausserdem fehle die Zeichenähnlichkeit zwischen der registrierten Marke und dem Domain-Namen. Die Zeichenähnlichkeit beurteile sich nach dem Erinnerungsbild des massgeblichen Publikums, wobei dem generischen Bestandteil „swiss” nur marginale Bedeutung zukomme. Es müsse auf die beiden Bestandteile „estetix” sowie „aesthetic” abgestellt werden, die sich aufgrund der verschiedenen Anfangsbuchstaben sowie der visuellen und phonetischen Abweichungen hinreichend klar voneinander unterscheiden würden. Das Wortelement „aesthetic” hebe sich ferner durch den zusätzlichen Buchstaben „h” sowie den Endbuchstaben „c” anstelle von „x” genügend von „estetix” ab. Das deutlich verschiedene Schriftbild präge den Gesamteindruck in entscheidender Weise. Nicht zu vernachlässigen seien auch die hinzugefügten Elemente „www” und „.ch”.

Die Gesuchsgegnerin führt weiter aus, dass es sich bei “swissestetix”, aufgrund der relativen Nähe zu zwei generischen und somit nicht schützbaren Begriffen, um eine schwache Marke mit minimalem Schutzumfang handle. Zwischen der Marke und dem streitigen Domain-Namen bestehe auch keine Verwechselbarkeit. Einem durchschnittlichen Internetnutzer würden bereits geringfügige Differenzen zwischen Marken und Domain-Namen auffallen.

Der aus dem Lauterkeitsrecht fliessende Kennzeichenschutz dürfe nicht zur Schaffung eines gesamtschweizerischen Marktes für plastische und rekonstruktive bzw. ästhetische Chirurgie führen. Der Lauterkeitsschutz gehe nur soweit, als die betreffenden Zeichen im Verkehr tatsächlich gebraucht würden. Schliesslich seien auch unter dem Blickwinkel des Lauterkeitsrechts eine Zeichenähnlichkeit und eine Verwechslungsgefahr zu verneinen.

6. Entscheidungsgründe

Gemäss Paragraph 24(c) des Verfahrensreglements gibt der Experte dem Gesuch statt, wenn die Registrierung oder Verwendung des Domain-Namens eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts darstellt, das dem Gesuchsteller nach dem Recht der Schweiz oder Liechtensteins zusteht.

Gemäss Paragraph 24(d) des Verfahrensreglements liegt eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts insbesondere dann vor, wenn

(i) sowohl der Bestand als auch die Verletzung des geltend gemachten Kennzeichenrechts sich klar aus dem Gesetzeswortlaut oder aus einer anerkannten Auslegung des Gesetzes und den vorgetragenen Tatsachen ergeben und durch die eingereichten Beweismittel nachgewiesen sind; und

(ii) Die Gesuchsgegnerin keine relevanten Verteidigungsgründe schlüssig vorgetragen und bewiesen hat; und

(iii) die Rechtsverletzung, je nach dem im Gesuch erhobenen Rechtsbegehren, die Übertragung oder Löschung des Domain-Namens rechtfertigt.

A. Bestand von Kennzeichenrechten

Die Gesuchstellerin hat bewiesen, dass sie Inhaberin der Marke „swissestetix” ist, wobei der Hinterlegungszeitpunkt vor dem Zeitpunkt der Registrierung des streitigen Domain-Namens datiert.

B. Klare Verletzung der Rechte der Gesuchstellerin

i) Markenrecht

Das Bundesgericht hielt in einem Leitentscheid fest, dass Domain-Namen eine Kennzeichnungsfunktion haben und gegenüber den absolut geschützten Kennzeichen Dritter den gebotenen Abstand einzuhalten haben, um Verwechslungen zu vermeiden (BGE 126 III 244). Eine Verwechslungsgefahr besteht, sobald es aufgrund der erwähnten Kriterien (Schriftbild, Wirkung, Sinngehalt) und aufgrund der Gleichartigkeit des Angebots an Dienstleistungen bei den Benutzern des Internets zu Verwechslungen kommen kann. Dass Verwechslungen tatsächlich stattgefunden haben, ist nicht Voraussetzung (BGE 128 III 401 E. 5).

Art. 13 Abs. 1 Markenschutzgesetz (“MSchG”) verleiht der Inhaberin einer Marke das ausschliessliche Recht, die Marke zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen in den angemeldeten Warenklassen zu gebrauchen. Gemäss Art. 13 Abs. 2 MSchG kann die Markeninhaberin einem anderen den Gebrauch eines verletzenden Zeichens untersagen, z.B. wenn es mit einer älteren Marke für gleichartige Waren oder Dienstleistungen identisch oder verwechselbar ist (Art. 3 Abs. 1 lit. a bis c MSchG).

Ist ein Zeichen namens-, firmen- oder markenrechtlich geschützt, kann dessen Inhaber Unberechtigten auch die Verwendung des Zeichens als Domain-Namen verbieten, wenn eine Verwechslungsgefahr besteht, z.B. indem die entsprechende Website dem Falschen zugerechnet werden kann (BGE 4C.141/2002 in sic! 2003 438 ff.).

Die Gleichartigkeit zwischen den von den Marken der Gesuchstellerin beanspruchten und den unter dem streitgegenständlichen Domain-Namen angebotenen Dienstleistungen i.S.v. Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG wird nicht bestritten. Nach bundesgerichtlicher Praxis ist die Frage, ob sich zwei Zeichen genügend unterscheiden, aufgrund des Gesamteindrucks zu beurteilen, den sie beim interessierten Publikum hinterlassen. Der Gesamteindruck wird durch den Klang, das Schriftbild und den Sinngehalt bestimmt.

Die Bezeichnung „swiss” ist im Domain-Namen in identischer Weise wie in der registrierten Marke enthalten. Die jeweils zweiten Wortelemente, „estetix” sowie „aesthetic”, haben beide ihren Ursprung im Begriff „Ästhetik” (bzw. „aesthetics”, „esthetics”, auf britisch resp. amerikanisch englisch, oder „ésthetique” auf französisch). Beiden Zeichen wird somit derselbe Sinngehalt beigemessen. Der Domain-Name unterscheidet sich von der Marke aber durch die hinzugefügten Buchstaben „a” und „h” sowie durch die Endung auf „c” an Stelle des „x”. Diese Abweichungen vermögen das Schriftbild des Domain-Namens in gewissem Masse zu verändern, wobei insbesondere auch der anderslautende Endbuchstabe zu einem etwas unterschiedlichen Klangbild führt.

Ob sich zwei Zeichen hinreichend deutlich unterscheiden oder im Gegenteil verwechselbar sind, ist aber nicht aufgrund eines abstrakten Zeichenvergleichs, sondern stets vor dem Hintergrund der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Der Massstab, der an die Unterscheidbarkeit anzulegen ist, hängt vom Umfang des Ähnlichkeitsbereichs ab, dessen Schutz die Markeninhaberin beanspruchen kann. Und dieser bestimmt sich nach ihrer Kennzeichnungskraft. Für schwache Marken ist der geschützte Ähnlichkeitsbereich kleiner als für starke. Als schwach gelten gemeinhin Marken, deren wesentliche Bestandteile sich eng an Sachbegriffe des allgemeinen Sprachgebrauchs anlehnen.

Im Zusammenhang mit den betroffenen Dienstleistungen sowie dem Ort der Dienstleistungserbringung (Schweiz) handelt es sich bei den Begriffen „swiss” und „Ästhetik” (in allen oben erwähnten Sprachen) um rein beschreibende Hinweise. Sie sind deshalb dem Gemeingut zuzuordnen und vom Markenschutz ausgeschlossen. Der Experte geht davon aus, dass die Marke “swissestetix” lediglich, bzw. gerade wegen ihrer Abweichungen gegenüber dem englischen Wort “esthetics” (fehlendes “h” bzw. divergierende Endung “x”) und dem französischen Wort “ésthetique” (anderer Beginn und andere Endung) ins Markenregister eingetragen wurde. Dies bedeutet für den vorliegenden Zeichenkonflikt, dass sich der Schutzumfang der Wortmarke nicht auf die im Domain-Namen enthaltenen oder anklingenden Sachbezeichnungen “swiss” und “aesthetic(s)” oder “ésthetique” erstrecken kann. Eine Verwechslungsgefahr ist demnach zu verneinen.

Der Experte kann keine klare Verletzung der Markenrechte der Gesuchstellerin im Sinne von Paragraph 24(c) und (d) des Verfahrensreglements feststellen.

ii) Lauterkeitsrecht

Die Gesuchstellerin rügt ausserdem ein wettbewerbswidriges Verhalten der Gesuchsgegnerin in Verletzung der Art. 2 und 3 lit. d UWG.

Domain-Namen unterstehen neben dem Kennzeichenrecht auch dem Lauterkeitsgebot des Wettbewerbsrechts (BGE 126 III 245). Unlauter und widerrechtlich nach Art. 2 UWG ist jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten oder Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst. Nach Art. 3 lit. d UWG handelt unlauter, wer Massnahmen trifft, die geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren, Werken, Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb eines anderen herbeizuführen. Unter den wettbewerbsrechtlichen Kennzeichenschutz fallen sämtliche Verhaltensweisen, bei denen das Publikum durch die Schaffung von Verwechslungsgefahr irregeführt wird (BGE 126 III 239, 245).

Dass keine Verwechslungsgefahr zwischen den unter der Marke angebotenen und den unter dem streitigen Domain-Namen erhältlichen Dienstleistungen besteht, wurde bereits erläutert. Auch aus lauterkeitsrechtlicher Sicht können die generischen Begriffe „swiss” und „Ästhetik” (in den erwähnten Sprachen) nicht monopolisiert werden. Ferner überzeugt das Vorbringen der Gesuchsstellerin nicht, die Gesuchsgegnerin mache ihr den Markt streitig. Aus der Website der Gesuchsgegnerin geht deutlich hervor, dass es sich beim Anbieter um das „Centre de Chirurgie Plastique” in Lausanne handelt und nicht um das Team “swissestetix” in Zürich und Rapperswil. Nebst den deutlichen Hinweisen auf der Website werden die Dienstleistungen sodann in regional verschiedenen Märkten angeboten was eine räuberische Ausbeutung des Marktes unwahrscheinlich macht.

Der Experte kann aufgrund der Vorbringen der Gesuchstellerin keine klare Verletzung des Lauterkeitsrechts feststellen.

Die Voraussetzungen von Paragraph 24(c) und (d) des Verfahrensreglements sind nicht erfüllt und die Übertragung des streitgegenständlichen Domain-Namens an die Gesuchstellerin ist nicht gerechtfertigt.

7. Entscheidung

Aus den oben dargelegten Gründen weist der Experte, das Gesuch gemäss Paragraph 24(b) des Verfahrensreglements ab.


Dr. Bernhard F. Meyer

Datum: 9. Februar 2010