WIPO Arbitration and Mediation Center

EXPERTENENTSCHEID

Neue Aargauer Bank AG v. Jan Kowal

Verfahren Nr. DCH2009-0016

1. Die Parteien

Der Gesuchsteller ist Neue Aargauer Bank AG aus Aarau, Schweiz, vertreten durch Anwaltskanzlei Takei, Rheinfelden, Schweiz.

Der Gesuchsgegner ist Jan Kowal aus Katowice, Polen.

2. Streitiger Domain-Name

Gegenstand des Verfahrens ist der Domain-Name <nab-home.ch> (nachfolgend der „Domain-Name”).

Die Domainvergabestelle ist SWITCH, Zürich, Schweiz.

3. Verfahrensablauf

Das Gesuch ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center (das „Center”) am 23. Juli 2009 in elektronischer Form und am 29. Juli 2009 in Papierform ein. Das Gesuch stützt sich auf das Verfahrensreglement von SWITCH für Streitbeilegungsverfahren für “.ch” und “.li” Domainnamen (“Verfahrensreglement”), welches am 1. März 2004 in Kraft getreten ist.

Am 24. Juli 2009 bestätigte die Domainvergabestelle SWITCH, dass der Gesuchsgegner Inhaberin und administrative Kontaktperson des Domainnamens ist, und dass die Vertragssprache für den Domainnamen Deutsch ist. Das Center stellte fest, dass das Gesuch den formellen Anforderungen des Verfahrensreglements entspricht.

Am 30. Juli 2009 wurde das Gesuch ordnungsgemäss zugestellt und das Streitbeilegungsverfahren eingeleitet. Die Frist für die Einreichung einer Gesuchserwiderung war der 19. August 2009.

Das Center teilte mit Schreiben vom 21. August 2009 mit, dass der Gesuchsgegner weder eine Gesuchserwiderung eingereicht, noch auf andere Weise gegenüber dem Center seine Bereitschaft zur Teilnahme an einer Schlichtungsverhandlung zum Ausdruck gebracht hat. Der Gesuchsteller wurde vom Center über die Möglichkeit benachrichtigt, die Fortsetzung des Verfahrens zu verlangen.

Am 25. August 2009 stellte die Gesuchstellerin den Antrag zur Fortsetzung des Verfahrens.

Am 1. September 2009 wurde das Verfahren in Übereinstimmung mit Paragraph 19 des Verfahrensreglements fortgesetzt und Andrea Mondini als Experte bestellt. Der Experte stellt fest, dass er ordnungsgemäss bestellt wurde und hat in Übereinstimmung mit Paragraph 4 des Verfahrensreglements seine Unabhängigkeit erklärt.

4. Sachverhalt

Die Gesuchstellerin ist Inhaberin der folgenden Marken, welche im schweizerischen Markenregister eingetragen sind bzw. hinsichtlich welcher ein Markeneintragungs-gesuch pendent ist:

(i) Kombinierte Marke NABHOME.CH/ IHR IMMOBILIENMARKT AARGAU (Marke Nr. 487186, Hinterlegungsdatum 28. März 2001, Klasse 36 für Finanzwesen, Geldgeschäfte, Immobilienwesen, Klasse 38 für Telekommunikation)

(ii) Kombinierte Marke NEUE AARGAUER BANK (Marke Nr. P-446031, Hinterlegungsdatum 13. Mai 1997, Klasse 36 für Finanzwesen, Geldgeschäfte)

(iii) Wortmarke NAB AARGAUER INDEX - AGX (Marke Nr. P-439230, Hinterlegungsdatum 7. November 1996, Klasse 36 für Finanzwesen, Geldgeschäfte)

(iv) Kombinierte Marke NAB-2 FUTURA VORSORGE (Markeneintragungsgesuch Nr. 00405/2009, Hinterlegungsdatum 6. Juli 2009, Klasse 36 für Finanzwesen- und Versicherungswesen)

(v) Kombinierte Marke NAB-SWITCH-Hypothek (Marke Nr. P-450459, Hinterlegungsdatum 6. März 1998, Klasse 35 für Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten, Klasse 36 für Versicherungswesen, Finanzwesen, Geldgeschäfte, Immobilienwesen)

Die Gesuchstellerin ist sodann auch Inhaberin des Domain-Namens <nabhome.ch>, welcher am 2. Februar 2001 bei der Domainvergabestelle SWITCH registriert wurde. Unter dem Domain-Namen <nabhome.ch> bietet die Gesuchstellerin Dienstleistungen im Zusammenhang mit Immobilien an.

Der strittige Domain-Name wurde am 29. März 2009 durch den Gesuchsgegner registriert.

5. Parteivorbringen

A. Gesuchstellerin

Die Gesuchstellerin beruft sich insbesondere auf ihre kombinierte Marke NABHOME.CH/ IHR IMMOBILIENMARKT AARGAU. Sie macht geltend, beim Domain-Namen handle es sich um ein zu dieser Marke ähnliches Zeichen. Zudem befänden sich auf der Webseite unter dem Domain-Namen diverse Links zu Anbietern und Dienstleistern im Bereich des Immobilienwesens. Entsprechend würden unter dem Domain-Namen Waren und Dienstleistungen angeboten, welche zu denen von der kombinierten Marke NABHOME.CH/ IHR IMMOBILIENMARKT AARGAU beanspruchten gleichartig seien. Damit liege eine Verletzung von Art. 13 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 des schweizerischen Markenschutzgesetzes (MSchG) vor.

Die Gesuchstellerin bringt weiter vor, der Gesuchsgegner habe die Nähe zu ihrer kombinierten Marke NABHOME.CH/ IHR IMMOBILIENMARKT AARGAU bzw. zu ihrem Domain-Namen <nabhome.ch> bewusst gesucht, um bei Internetbenutzern den Eindruck zu erwecken, die unter seinem, d.h. unter dem streitgegenständlichen Domain-Namen angebotenen Waren und Dienstleistungen stünden im Zusammenhang mit der Gesuchstellerin bzw. würden von dieser angeboten. Zudem werde durch den streitgegenständlichen Domain-Namen die Gefahr bewusst ausgenutzt, dass Internetbenutzer durch blosse Tippfehler auf die unter dem Domain-Namen betriebene Webseite fehlgeleitet würden. Entsprechend handle der Gesuchsgegner unlauter im Sinne von Art. 2 und Art. 3 Abs. 1 lit. des schweizerischen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

Schliesslich behauptet die Gesuchstellerin sinngemäss, dass die Buchstabenfolgen „nab“ und „nab-“ von potentiellen Kunden und allgemein vom schweizerischen Publikum als Hinweis auf die Dienstleistungen der Gesuchstellerin bzw. als Hinweis auf die Gesuchstellerin selbst verstanden würden. Entsprechend würden die genannten Buchstabenfolgen auch namensrechtlichen Schutz nach Art. 29 Abs. 2 des schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) geniessen. Weil der Domain-Name die genannten Buchstabenfolgen als charakteristisches Merkmal enthalte, sei auch das Namensrecht der Gesuchstellerin verletzt.

B. Gesuchsgegner

Der Gesuchsgegner hat keine Gesuchserwiderung eingereicht.

6. Entscheidungsgründe

Gemäss Paragraph 24(c) des Verfahrensreglements gibt der Experte dem Gesuch statt, wenn die Registrierung oder Verwendung des Domain-Namens eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts darstellt, das dem Gesuchsteller nach dem Recht der Schweiz oder Liechtensteins zusteht.

Unter Paragraph 24(d) des Verfahrensreglements finden sich folgende Erläuterungen:

Eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts liegt insbesondere dann vor, wenn

(i) sowohl der Bestand als auch die Verletzung des geltend gemachten Kennzeichenrechts sich klar aus dem Gesetzeswortlaut oder aus einer anerkannten Auslegung des Gesetzes und den vorgetragenen Tatsachen ergeben und durch die eingereichten Beweismittel nachgewiesen sind; und

(ii) der Gesuchsgegner keine relevanten Verteidigungsgründe schlüssig vorgetragen und bewiesen hat; und

(iii) die Rechtsverletzung, je nach dem im Gesuch erhobenen Rechtsbegehren, die Übertragung oder Löschung des Domain Namens rechtfertigt.

A. Verfahrenssprache

Die Website der Gesuchsgegnerin ist in deutscher Sprache verfasst. Das Gesuch wurde auf Deutsch eingereicht. Die Domainvergabestelle SWITCH bestätigte, dass die Vertragssprache betreffend des Domain-Namens Deutsch ist. In Anwendung von Paragraph 7 des Verfahrensreglements ist die Entscheidung in deutscher Sprache zu erlassen.

B. Die Gesuchstellerin verfügt über Kennzeichenrechte

Die Gesuchstellerin hat nachgewiesen, dass sie Inhaberin der unter Ziff. 4(i)-(v) genannten Schweizer Marken ist. Dabei erscheint vorliegend in erster Linie die unter Ziff. 4(i) genannte kombinierte Marke NABHOME.CH/ IHR IMMOBILIENMARKT AARGAU relevant, welche aus einem grafischen Element (Darstellung eines Türrahmens mit geöffneter Tür) und den Wortelementen „nabhome.ch“ sowie (mit kleinerer Schrift) „Ihr Immobilienmarkt Aargau“ besteht.

Ob die Gesuchstellerin neben dem Bestand ihrer Markenrechte auch nachgewiesen hat, dass ihre Marken bzw. die Markenbestandteile „nabhome.ch“ oder „nab“ einen hohen Bekanntheitsgrad haben, kann aufgrund der nachfolgenden Ausführungen offen bleiben.

Ob die Gesuchstellerin nachgewiesen hat, dass das Akronym „nab“ im Verkehr Geltung als Name der Gesuchstellerin erlangt hat, kann aufgrund der nachfolgenden Ausführungen ebenfalls offen bleiben.

C. Die Registrierung oder Verwendung des streitgegenständlichen Domain-Namens stellt eine klare Verletzung des Kennzeichenrechts der Gesuchstellerin dar

Der eingetragene Inhaber einer Marke ist berechtigt, sich auf das Markenschutzgesetz zu berufen. Das Markenschutzgesetz verleiht dem Inhaber insbesondere das ausschliessliche Recht, die Marke zur Kennzeichnung der Waren und Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, zu gebrauchen und darüber zu verfügen (Art. 13 MSchG). Gestützt auf Art. 13 Abs. 2 MSchG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 MSchG kann der Markeninhaber anderen verbieten, ein mit seiner Marke ähnliches Zeichen für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen zu gebrauchen, sofern sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt. Dabei kann sich der Ausschliesslichkeitsanspruch des Markeninhabers nach der Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts auch gegen ein als Domain-Namen benütztes Zeichen richten (vgl. BGE 126 III 239 E. 2.c, <berneroberland.ch>).

Domain-Namen unterstehen überdies auch dem Lauterkeitsgebot des Wettbewerbsrechts (BGE 126 III 239 E. 2.c, <berneroberland.ch>). Unlauter handelt nach Art. 3 lit. d UWG insbesondere, wer Massnahmen trifft, die geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren, Werken, Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb eines andern herbeizuführen.

Entscheidend ist, ob eine Verwechslungsgefahr besteht. Dass eine Verwechslung bereits tatsächlich stattgefunden hat, ist nicht erforderlich (BGE 128 III 401, E. 5, <luzern.ch>).

Der streitgegenständliche Domain-Name unterscheidet sich von dem die genannte kombinierte Marke NABHOME.CH/ IHR IMMOBILIENMARKT AARGAU prägenden Bestandteil „nabhome.ch“ hinsichtlich des Schriftbilds lediglich durch die Einfügung eines Bindestrichs zwischen „nab“ und „home“. Phonetisch ist der streitgegenständliche Domain-Name identisch mit dem Wortelement „nabhome.ch“ der kombinierten Marke der Gesuchstellerin. Damit besteht eine erhebliche Zeichenähnlichkeit zwischen dem Domain-Namen und der entsprechenden kombinierten Marke der Gesuchstellerin. Daneben ist zu beachten, dass die kombinierte Marke NABHOME.CH/ IHR IMMOBILIENMARKT AARGAU unter anderem in Klasse 36 für „Immobilienwesen“ eingetragen ist. Die Webseite unter der streitgegenständlichen Domain enthält zahlreiche Links zu Ambietern im Immobilienbereich. Der streitgegenständliche Domain-Name wird damit im Zusammenhang mit Dienstleistungen gebraucht, welche identisch sind mit demjenigen, welche die kombinierte Marke NABHOME.CH/ IHR IMMOBILIENMARKT AARGAU beansprucht. Aufgrund der dargelegten Zeichenähnlichkeit und Warengleichartigkeit besteht eine Verwechslungsgefahr zwischen dem streitgegenständlichen Domain-Namen und der kombinierten Marke NABHOME.CH/ IHR IMMOBILIENMARKT AARGAU der Gesuchstellerin. Damit ist eine Verletzung der Markenrechte der Gesuchstellerin (Art. 13 MSchG) wie auch unlauteres Handeln des Gesuchsgegners im Sinne von Art. Art. 3 lit. d UWG nachgewiesen.

Unter die Generalklausel von Art. 2 UWG werden sodann auch Fälle subsumiert, in welchen die Bekanntheit eines fremden Kennzeichens ausgenutzt wird, um mittels der Verwendung eines identischen oder durch bewusste Tippfehler leicht abgeänderten Zeichens (sog. Typosquatting) als Domain-Name Internetbenutzer auf die eigene Webseite zu leiten (vgl. Buri in: SIWR III/2, 2. Aufl., S. 365 f.; Pestalozzi/ Pestalozzi, Unlauterer Wettbewerb, 2. Aufl., Bern 2002; Rz. 4.19). Angesichts der nachgewiesenen klaren Verletzung des Markenrechts und eines der Sondertatbestände des UWG kann vorliegend offen bleiben, ob zusätzlich ein solches Handeln im Sinne der Generalklausel des UWG vorliegt.

Angesichts der nachgewiesenen klaren Verletzung des Markenrechts und eines der Sondertatbestände des UWG kann ebenfalls offen bleiben, ob daneben eine Verletzung des Namensrechts der Gesuchstellerin vorliegt.

Der Gesuchsgegner hat keine Verteidigungsgründe vorgetragen.

Zusammengefasst verletzt der Gesuchsgegner klar die Kennzeichenrechte der Gesuchstellerin und diese Rechtsverletzung rechtfertigt die Übertragung.

7. Entscheidung

Aus den oben dargelegten Gründen entscheidet der Experte, dass der streitgegenständliche Domain-Name <nab-home.ch> gemäss Paragraph 24 des Verfahrensreglements auf die Gesuchstellerin entsprechend ihrem Gesuch zu übertragen ist.


Andrea Mondini
Experte

Datum: 9. September 2009