WIPO Arbitration and Mediation Center

EXPERTENENTSCHEID

MIP METRO Group Intellectual Property GmbH & Co. KG v. Daniel Gurtner

Verfahren Nr. DCH2009-0011

1. Die Parteien

Die Gesuchstellerin ist MIP METRO Group Intellectual Property GmbH & Co. KG, Düsseldorf, Deutschland, vertreten durch Meyer Lustenberger, Zürich, Schweiz.

Der Gesuchsgegner ist Daniel Gurtner, Bern, Schweiz.

2. Streitiger Domainname

Gegenstand des Verfahrens ist der Domainname <metro-express.ch> (nachfolgend der „Domainname”).

Die Domainvergabestelle ist SWITCH, Zürich, Schweiz.

3. Verfahrensablauf

Das Gesuch ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center (das „Center”) am 25. Juni 2009 ein. Das Gesuch stützt sich auf das Verfahrensreglement von SWITCH für Streitbeilegungsverfahren für “.ch” und “.li” Domainnamen (“Verfahrensreglement”), welches am 1. März 2004 in Kraft getreten ist.

Am 26. Juni 2009 bestätigte die Domainvergabestelle SWITCH, dass der Gesuchsgegner Inhaber und administrative Kontaktperson des Domainnamens ist. Das Center stellte fest, dass das Gesuch den formellen Anforderungen des Verfahrensreglements entspricht.

Am 7. Juli 2009 wurde das Gesuch ordnungsgemäss zugestellt und das Streitbeilegungsverfahren eingeleitet. Die Frist für die Einreichung einer Gesuchserwiderung war der 27. Juli 2009.

Das Center teilte mit Schreiben vom 28. Juli 2009 mit, dass der Gesuchsgegner weder eine Gesuchserwiderung eingereicht, noch auf andere Weise gegenüber dem Center seine Bereitschaft zur Teilnahme an einer Schlichtungsverhandlung zum Ausdruck gebracht hatte. Die Gesuchstellerin wurde vom Center über die Möglichkeit benachrichtigt, die Fortsetzung des Verfahrens zu verlangen.

Am 29. Juli 2009 ging ein E-Mail des Gesuchsgegners beim Center ein. Dem E-Mail beigefügt war ein Schreiben des Anwalts des Gesuchsgegners an die Gesuchstellerin vom 7. Dezember 2007. Das Center teilte dem Gesuchsgegner am 11. August 2009 mit, dass das E-Mail an den Experten weitergeleitet würde und es im alleinigen Ermessen des Experten läge, ob die verspätete Antwort für die Entscheidung herangezogen würde oder nicht.

Das Center bestellte am 24. August 2009 Herrn Tobias Zuberbühler als Experten. Der Experte stellt fest, dass er ordnungsgemäss bestellt wurde und hat in Übereinstimmung mit Paragraph 4 des Verfahrensreglements seine Unabhängigkeit erklärt.

4. Sachverhalt

Die Gesuchstellerin ist eine Gesellschaft der Metro-Gruppe, dem weltweit drittgrössten Handelskonzern. Die Metro-Gruppe beschäftigt mehr als 300'000 Arbeitnehmer weltweit. In insgesamt 29 Ländern werden an 658 Standorten Produkte unter der Marke METRO im Selbstbedienungsgrosshandel angeboten. Jeder Grossmarkt verfügt über ein Restaurant mit einem gastronomischen Angebot.

Die Gesuchstellerin ist Inhaberin der Marke METRO, die in der Schweiz und international registriert ist. Unter anderem hat die Gesuchstellerin die Marke CH P-412 560 METRO eingetragen, welche nebst anderen Produkten Schutz für "Verpflegung; Beherbergung von Gästen; Vertrieb von Waren aller Art" in Klasse 42 beansprucht. Diese Marke wurde am 30. März 1994 hinterlegt.

Der Gesuchsgegner betreibt einen Restaurantbetrieb mit Take-Away in der Bahnhofunterführung des Bahnhofs Worblaufen, das sich, wie der Gesuchsgegner angibt, unter dem „Metrohaus“ befindet. Der streitige Domainname wurde am 6. Januar 2007 registriert und als Internetauftritt für das Geschäft des Gesuchsgegners benutzt.

5. Parteivorbringen

A. Gesuchstellerin

Die Gesuchstellerin beruft sich auf ihre Marke METRO und gibt an, dass dieser im Bereich Gastronomie-Dienstleistungen eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zukomme, dass es sich somit um eine bekannte Marke handle. Der streitige Domainname werde ebenfalls für Gastronomie-Dienstleistungen benutzt. Er übernehme die Marke METRO der Gesuchstellerin zur Gänze und unterscheide sich von dieser allein durch den Zusatz „express”. Bei diesem Zusatz handle es sich um einen nicht kennzeichnungskräftigen Begriff, der im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen beschreibend sei. Dieses zusätzlich beschreibende Element des streitigen Domainnamens vermöge das Zeichen nicht zu prägen und verleihe ihm keine eigene Individualität, die geeignet wäre, eine Verwechslungsgefahr zu beseitigen. Selbst wenn das Publikum die Unterschiede zwischen den beiden Zeichen erkennen würde, bestünde Gefahr, dass aufgrund der bestehenden Ähnlichkeiten und der direkten Bezugnahme sowie aufgrund der ausgeprägten Warennähe falsche Zusammenhänge vermutet würden.

B. Gesuchsgegner

In Ausübung seiner Befugnisse gemäss Paragraph 21 des Verfahrensreglements entscheidet der Experte, das Schreiben des Gesuchsgegners, übermittelt in der Email vom 29. Juli 2009, zu berücksichtigen.

Der Gesuchsgegner bringt zu seiner Verteidigung, unter anderem vor, dass (a) das Angebot des Gesuchsgegners mit dem Angebot der Gesuchstellerin keine Parallele aufweist, (b) sich die Adressatenkreise nicht überschneiden, und (c) seine Firma mit dem Kennzeichen "Metro" einen direkten Bezug zum Standort - einerseits zur Eisenbahn und andererseits zum in der Nähe gelegenen „Metrohaus“ - aufweist.

6. Entscheidungsgründe

Gemäss Paragraph 24(c) des Verfahrensreglements gibt der Experte dem Gesuch statt, wenn die Registrierung oder Verwendung des Domainnamens eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts darstellt, das dem Gesuchsteller nach dem Recht der Schweiz oder Liechtensteins zusteht.

Gemäss Paragraph 24(d) des Verfahrensreglements liegt eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts insbesondere dann vor, wenn

(i) sowohl der Bestand als auch die Verletzung des geltend gemachten Kennzeichenrechts sich klar aus dem Gesetzeswortlaut oder aus einer anerkannten Auslegung des Gesetzes und den vorgetragenen Tatsachen ergeben und durch die eingereichten Beweismittel nachgewiesen sind; und

(ii) der Gesuchsgegner keine relevanten Verteidigungsgründe schlüssig vorgetragen und bewiesen hat; und

(iii) die Rechtsverletzung, je nach dem im Gesuch erhobenen Rechtsbegehren, die Übertragung oder Löschung des Domainnamens rechtfertigt.

A. Keine klare Verletzung eines schweizerischen Kennzeichenrechts

Die Gesuchstellerin macht einzig eine Verletzung ihrer Markenrechte geltend.

Sie hat bewiesen, dass sie seit 1994 Inhaberin der Schweizer Marke METRO ist.

Das schweizerische Bundesgericht hielt in einem Leitentscheid fest, dass Domainnamen in ihrer Funktion die dahinter stehenden Personen, Produkte bzw. Sachen oder Dienstleistungen identifizieren und deshalb vergleichbar seien mit Personennamen, Firmen oder Marken (vgl. BGE 126 III 239, 244).

Ist ein Zeichen namens-, firmen- oder markenrechtlich geschützt, kann dessen Inhaber Unberechtigten die Verwendung dieses Zeichens als Domainnamen verbieten, weil die unbefugte Verwendung eine Verwechslungsgefahr schafft, indem die entsprechende Website dem Falschen zugerechnet werden kann (BGE 4C.141/2002 in sic! 2003 438 ff.).

Gemäss Art. 13 Abs. 2 MSchG kann der Markeninhaber anderen verbieten, ein Zeichen zu gebrauchen, das nach Art. 3 Abs. 1 MSchG vom Markenschutz ausgeschlossen ist. Gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG ist ein Zeichen vom Markenschutz ausgeschlossen, wenn es mit einer älteren Marke ähnlich und für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt ist, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt. Die Verwechslungsgefahr zwischen zwei Marken resultiert aus der Kombination von Zeichenidentität bzw. -ähnlichkeit und Identität bzw. Gleichartigkeit der Waren und Dienstleistungen.

Der Gesuchsgegner betreibt einen Restaurantbetrieb mit Take-Away in der Bahnhofunterführung des Bahnhofs Worblaufen, während die Gesuchstellerin hauptsächlich als Warenhauskette bekannt ist und nicht für die sich in gewissen Warenhäusern befindlichen Restaurants. Es ist daher höchst fraglich, ob die von der Marke METRO beanspruchten Dienstleistungen und die unter dem streitgegenständlichen Domainnamen angebotenen Dienstleistungen gleichartig sind i.S.v. Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG. Auch die Bekanntheit der Marke im Bereich der Gastronomie, zumindest für die Schweiz, ist fraglich.

Es kommt hinzu, dass der Begriff "Metro" eine Sachbezeichnung ist für U-Bahnen und die folglich eine eher schwache Kennzeichnungskraft aufweist. Dementsprechend muss auch der Schutzbereich eng gefasst werden. Ferner besteht ein Zusammenhang zwischen der Bezeichnung "Metro" und dem Ort des Betriebs des Gesuchsgegners, welcher sich in einer Bahnhofsunterführung unter dem seit 1974 bestehenden "Metrohaus" (Tiefenaustrasse 2, Worblaufen) befindet.

Schliesslich muss berücksichtigt werden, dass der Zusatz "express" durchaus gebräuchlich ist, um einen Schnellimbiss zu bezeichnen, sodass der durchschnittliche Konsument kaum einen Bezug zwischen "Metro-Express" und der Gesuchstellerin herstellen wird.

Im vorliegenden Fall liegt somit wegen fehlender Produktgleichartigkeit und fehlender Zeichenähnlichkeit keine unmittelbare Verwechslungsgefahr vor. Vor diesem Hintergrund muss eine Verletzung der Markenrechte der Gesuchstellerin verneint werden.

Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass auch keine Verletzung des UWG vorliegt, da dem Gesuchsgegner kein unlauteres Verhalten vorgeworfen werden kann. Es ist unwahrscheinlich, dass der Gesuchsgegner beim Registrieren des strittigen Domain-Namens in irgendeiner Form einen Vorteil aus der Marke der Gesuchstellerin ziehen wollte.

In Anbetracht der Umstände im vorliegenden Fall befindet der Experte, dass die Anforderungen von Paragraph 24(d)(i) des Verfahrensreglements nicht erfüllt sind, sodass die weiteren Voraussetzungen für eine Übertragung des streitigen Domainnamens nicht näher untersucht werden müssen.

7. Entscheidung

Gemäss Paragraph 24 des Verfahrensreglements weist der Experte das Gesuch ab.


Tobias Zuberbühler
Experte

Datum: 18. September 2009