WIPO

WIPO Arbitration and Mediation Center

EXPERTENENTSCHEID

T-Online.at Internet Services GmbH und Scout24 AG v. Erich Schwaller

Verfahren Nr. DCH2008-0018

1. Die Parteien

Die Gesuchstellerinnen sind die T-Online.at Internet Services GmbH aus Wien, Österreich (Gesuchstellerin I), und die Scout24 AG aus Baar, Schweiz (Gesuchstellerin II), vertreten durch Dr. Robert Flury, A. W. Metz & Co. AG, Zürich, Schweiz.

Der Gesuchsgegner ist Erich Schwaller aus Winterthur, Schweiz.

2. Streitiger Domain-Name

Gegenstand des Verfahrens ist der Domain-Name <veloscout24.ch> (nachfolgend der „Domain-Name”).

Die Domainvergabestelle ist SWITCH, Zürich, Schweiz.

3. Verfahrensablauf

Das Gesuch ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center (das „Center”) am 18. September 2008 ein. Das Gesuch stützt sich auf das Verfahrensreglement von SWITCH für Streitbeilegungsverfahren für “.ch” und “.li” Domain-Namen (“Verfahrensreglement”), welches am 1. März 2004 in Kraft getreten ist.

Am 19. September 2008, bestätigte die Domainvergabestelle SWITCH, dass der Gesuchsgegner Inhaber und administrative Kontaktperson des Domain-Namens ist. Das Center stellte fest, dass das Gesuch den formellen Anforderungen des Verfahrensreglements entspricht.

Am 3. Oktober 2008, wurde das Gesuch ordnungsgemäss zugestellt und das Streitbeilegungsverfahren eingeleitet. Die Frist für die Einreichung einer Gesuchserwiderung war der 23. Oktober 2008.

Die Gesuchserwiderung traf elektronisch am 21. Oktober 2008 und per Post am 22. Oktober 2008 beim Center ein. Am 27. Oktober 2008 bestätigte das Center den Empfang der Gesuchserwiderung vom 22. Oktober 2008, worin der Gesuchsgegner seine Bereitschaft zur Teilnahme an einer Schlichtungsverhandlung erklärte. Eine telephonische Schlichtungsverhandlung fand am 14. November 2008 statt. Das Center teilte mit Schreiben vom 19. November 2008 mit, dass die Schlichtungsverhandlung nicht zu einem Vergleichschluss geführt habe.

Am 19. November 2008 wurde das Verfahren in Übereinstimmung mit Paragraph 19 des Verfahrensreglements fortgesetzt und das Center bestellte am 28. November 2008 Tobias Zuberbühler als Experten. Der Experte stellt fest, dass er ordnungsgemäss bestellt wurde, und hat in Übereinstimmung mit Paragraph 4 des Verfahrensreglements seine Unabhängigkeit erklärt.

4. Sachverhalt

Die Gesuchstellerin II ist eine Gruppengesellschaft des Konzerns und gemäss Handelsregisterauszug mit Geschäftsschwerpunkt in der innovativen Zusammenführung von Angebot und Nachfrage in verschiedenen Märkten tätig.

Die Gesuchstellerin I ist Inhaberin zahlreicher Schweizer Marken, darunter:

Nr. Marke Priorität

461.570 IMMOSCOUT24 13. April 1999

461.569 IMMO-SCOUT24 13. April 1999

461.571 immo-scout 13. April 1999

461.572 IMMOSCOUT 13. April 1999

474.818 SINGLESCOUT24 4. Februar 2000

474.819 DATINGSCOUT24 4. Februar 2000

474.981 JOBSCOUT24 16. Februar 2000

472.648 SCOUTXL 18. Februar 2000

474.229 FRIENDSCOUT.24 9. März 2000

480.283 Scout24 Market 7. September 2000

480.284 SCOUT MARKET 7. September 2000

485.675 JOBSCOUT24 7. Juli 2000

498.862 SHOPPINGSCOUT 24 13. Oktober 2000

521.695 SCOUT 24 2. Juni 2004

521.621 SCOUT 24 2. Juni 2004

538.048 MediaScout 4. Mai 2005

Der Strittige Domain-Name wurde am 11. Mai 2006 durch den Gesuchsgegner registriert.

5. Parteivorbringen

A. Gesuchstellerinnen

Die Gesuchstellerinnen berufen sich auf die Marken der Gesuchstellerin I und geben mit Verweis auf demoskopische Umfragen betreffend JOBSCOUT24 und IMMOSCOUT24 an, dass diese aufgrund intensiver Bewerbung Bekanntheit erlangt hätten. Sie gehen damit wohl von Berühmtheit im Sinne des Markenschutzgesetzes aus. Sie weisen zudem darauf hin, dass die Gesuchstellerin II hinsichtlich SCOUT 24 auch firmenrechtlichen Schutz geniesse.

Die Gesuchstellerinnen argumentieren, dass sich die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ausschliesslich auf das charakteristische Element SCOUT bzw. SCOUT24 beziehe, da es sich beim Element VELO um ein gemeinfreies Zeichen handle. Somit sei die Zeichenähnlichkeit des Domain-Namens <veloscout24.ch> zu bejahen.

Unter der Domain <veloscout24.ch> würden vom Gesuchsgegner Such- und Verkaufsdienstleistungen angeboten. Genau dies seien jedoch auch die von der Gesuchsstellerin I angebotenen Dienstleistungen. Die Gesuchstellerinnen verweisen insbesondere auf die Domain <autoscout24.de>, unter welcher sehr ähnliche Dienstleistungen angeboten würden. Zwei Marken (SCOUT 24) seien zudem sogar für Fahrräder eingetragen worden. Die angebotenen Waren- und Dienstleistungen seien daher identisch.

Durch die Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Kennzeichen und der Identität der Waren und Dienstleistungen sei eine direkte Verwechslungsgefahr gegeben. Selbst wenn die unmittelbare Verwechslungsgefahr wider Erwarten nicht gegeben sei, so sei zumindest eine mittelbare Verwechslungsgefahr zu bejahen, weil die beteiligten Verkehrskreise aufgrund der bekannten Serienmarke der Gesuchstellerin I den Streitgegenstand in Verbindung bringen würden.

B. Gesuchsgegner

Der Gesuchsgegner macht geltend, der Begriff „Scout” sei als solcher ohne Zusatz nicht als Marke schutzfähig, da es sich um ein Wort „aus dem englischen Wörterbuch” handle. Den Zusatz “Velo” hätten die Gesuchstellerinnen nicht eintragen lassen. Der Gesuchsgegner sei daher berechtigt die Domain <veloscout24.ch> zu benutzen.

Im Übrigen nutze der Gesuchsgegner seine Domain nicht kommerziell, weshalb „ein Konflikt absolut ausgeschlossen” sei. Eine einmal vorhandene Weiterleitung zu <velosuche24.ch> bestünde seit über einem Jahr nicht mehr. Es gehe auf seiner Seite lediglich darum, „Fehlkäufe von Konsumenten zu verhindern, Kartonverkäufe zu reduzieren um somit die Verkehrssicherheit zu erhöhen”.

Der Gesuchsgegner vertritt die Ansicht, dass er die Gesuchstellerinnen nicht wettbewerbsrelevant behindere und dass er sich über die Dienstleistungen der Gesuchstellerinnen nicht negativ äussere, sondern im Gegenteil mit seiner Website die Tätigkeitsgebiete der Gegenpartei sogar unterstütze.

6. Entscheidungsgründe

Gemäss Paragraph 24(c) des Verfahrensreglements gibt der Experte dem Gesuch statt, wenn die Registrierung oder Verwendung des Domain-Namens eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts darstellt, das dem Gesuchsteller nach dem Recht der Schweiz oder Liechtensteins zusteht.

Gemäss Paragraph 24(d) des Verfahrensreglements liegt eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts insbesondere dann vor, wenn

(i) sowohl der Bestand als auch die Verletzung des geltend gemachten Kennzeichenrechts sich klar aus dem Gesetzeswortlaut oder aus einer anerkannten Auslegung des Gesetzes und den vorgetragenen Tatsachen ergeben und durch die eingereichten Beweismittel nachgewiesen sind; und

(ii) der Gesuchsgegner keine relevanten Verteidigungsgründe schlüssig vorgetragen und bewiesen hat; und

(iii) die Rechtsverletzung, je nach dem im Gesuch erhobenen Rechtsbegehren, die Übertragung oder Löschung des Domain-Namens rechtfertigt.

A. Die Gesuchstellerinnen verfügen über Kennzeichenrechte

Die Gesuchstellerin I hat bewiesen, dass sie Inhaberin der Schweizer Marken IMMOSCOUT24, IMMO-SCOUT24, IMMO-SCOUT, IMMOSCOUT, SINGLESCOUT24, DATINGSCOUT24, JOBSCOUT24, SCOUTXL, FRIENDSCOUT.24, Scout24 Market, SCOUT MARKET, JOBSCOUT24, SHOPPINGSCOUT 24, der Wort- und der Bildmarke SCOUT 24 sowie der Wortmarke MEDIASCOUT ist.

Gesuchstellerin II hat überdies bewiesen, dass sie die Firma Scout24 (AG) trägt.

B. Klare Verletzung der Rechte der Gesuchstellerinnen

Das Bundesgericht hielt in einem Leitentscheid fest, dass Domain-Namen eine Kennzeichnungsfunktion haben und gegenüber den absolut geschützten Kennzeichen Dritter den gebotenen Abstand einzuhalten haben, um Verwechslungen zu vermeiden (BGE 126 III 244, <berneroberland.ch>). Eine Verwechslungsgefahr besteht, sobald es aufgrund der erwähnten Kriterien (Schriftbild, Wirkung, Sinngehalt) und aufgrund der Gleichartigkeit des Angebots an Dienstleistungen, bei den Benutzern des Internets zu Verwechslungen kommen kann. Dass Verwechslungen tatsächlich stattgefunden haben, ist nicht Voraussetzung (BGE 128 III 401 E. 5, <luzern.ch>).

Gemäss Art. 13 Abs. 2 MSchG kann der Markeninhaber anderen verbieten, ein Zeichen zu gebrauchen, das nach Art. 3 Abs. 1 MSchG vom Markenschutz ausgeschlossen ist. Gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG ist ein Zeichen vom Markenschutz ausgeschlossen, wenn es mit einer älteren Marke ähnlich und für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt ist, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt. Dabei ist zu beachten, dass berühmte Marken i.S.v. Art. 15 MSchG einen weitergehenden Schutz geniessen. Ihr Inhaber kann anderen Personen oder Unternehmen deren Gebrauch für jede Art von Waren und Dienstleistungen verbieten, wenn ein solcher Gebrauch die Unterscheidungskraft der Marke gefährdet oder deren Ruf ausnützt oder beeinträchtigt.

Das Firmenrecht (Art. 956 OR) bietet Schutz vor unbefugtem Gebrauch der Firma, wobei das Ausschliesslichkeitsrecht des Firmeninhabers verletzt sein muss. Diese Verletzung beruht entweder auf der Identität oder einem Mangel an deutlicher Unterscheidbarkeit zu einer später gebildeten Firma, was dazu führt, dass bei Dritten Fehlvorstellungen bezüglich der gekennzeichneten Unternehmen hervorgerufen werden (Rolf H. Weber, E-Commerce und Recht: Rechtliche Rahmenbedingungen elektronischer Geschäftsformen, 2001, S. 149).

Domain-Namen unterstehen überdies dem Lauterkeitsgebot des Wettbewerbsrechts (BGE 126 III 245). Gemäss Art. 3 Abs. 1lit. d UWG handelt unlauter, wer Massnahmen trifft, die geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren, Werken, Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb eines anderen herbeizuführen.

Der Gesuchsgegner vertritt die Meinung, dass es sich beim Begriff SCOUT um ein Zeichen des Gemeingutes (Art. 2a MSchG) handle und dieses daher keinen Markenschutz beanspruchen könne. Dem ist jedoch zu entgegnen, dass SCOUT nicht als funktionale Angabe, sondern vielmehr als indirekter Hinweis, welcher vom Konsumenten nicht auf den ersten Blick in seiner inhaltlichen Bedeutung erfasst werden kann, verstanden wird. Der Markenschutz ist daher zulässig. Insbesondere aber der Schutz des Begriffs SCOUT24 sowie der Begriffe AUTOSCOUT24, IMMOSCOUT24, JOBSCOUT24 und FRIENDSCOUT24 sind für die angebotenen Dienstleistungen klar zulässig.

Die Gesuchstellerinnen konnten glaubhaft machen, dass sie Ihre Marken in der Schweiz intensiv gebrauchen und bewerben und insbesondere die Marken JOBSCOUT24 und IMMOSCOUT24 bei den beteiligten Verkehrskreisen Berühmtheit im Sinne von Art. 15 MSchG erlangt haben. Damit ist gesagt, dass der Gesuchsteller I Dritten einen Mitgebrauch der Marke für Produkte jeglicher Art verbieten kann, soweit dadurch entweder die Unterscheidungskraft der Marke gefährdet oder deren Ruf ausgenützt respektive beeinträchtigt wird (Art. 15 Abs. 1 MSchG).

Der Gesuchsgegner versuchte den Ruf dieser Marken durch eine Verbindung des Begriffs „Velo” mit der Marke SCOUT24 auszunutzen, indem er sich einen Imagetransfer erhoffte. Gerade der Umstand, dass die Gesuchstellerin I ihre Marken üblicherweise durch Verbindung eines Zeichens des Gemeingutes (Art. 2a MSchG) mit der Marke SCOUT24 bildet und der Gesuchgegner seine Domain in derselben Weise bildete, zeigt die Absicht des Gesuchgegners. Daran mag auch der Umstand, dass der Gesuchsgegner den Domainnamen nicht mehr kommerziell nutzen möchte, nichts zu ändern – insbesondere auch unter Berücksichtigung, dass der Gesuchsgegner (nach eigenen Angaben) seit über 40 Jahren in der Zweiradbranche tätig ist und dadurch nicht sichergestellt werden kann, dass der Domainname nicht auch kommerziell genutzt wird. Zudem entsteht eine mittelbare Verwechslungsgefahr, indem der Adressat zwar die Unterschiede der Zeichen wahrnimmt, aber aufgrund der Ähnlichkeit falsche Zusammenhänge vermutet.

Die Registrierung und Benutzung des Domain-Namens durch die Gesuchstellerin verstösst damit gegen Art. 13 MSchG, Art. 956 Abs. 1 OR, Art. 2 und Art. 3 Abs. 1 lit. d UWG.

Da der Gesuchsgegner keine weiteren schlüssigen Verteidigungsgründe vorbringt, welche die Darstellungen der Gesuchstellerinnen widerlegen oder ihr eigenes legitimes Interesse begründen würden, befindet der Experte, dass die Verletzung der Rechte der Gesuchstellerin durch die Registrierung und Verwendung des Domain-Namens seitens der Gesuchsgegnerin eine Übertragung des Domain-Namens rechtfertigt.

7. Entscheidung

Der Experte entscheidet aus den oben genannten Gründen, dass der Domain-Name <veloscout24.ch> gemäss Paragraph 24 des Verfahrensreglements an die Gesuchstellerin zu übertragen ist.


Tobias Zuberbühler
Experte

Datum: 12. Dezember 2008