WIPO

 

WIPO Arbitration and Mediation Center

 

EXPERTENENTSCHEID

Freecom Technologies GmbH v. Urs Frei

Verfahren Nr. DCH2007-0012

 

1. Die Parteien

Die Gesuchstellerin ist Freecom Technologies GmbH, vertreten durch Loh von Hülsen Michael, Partnerschaft von Rechtsanwälten, Berlin, Deutschland.

Der Gesuchsgegner ist Urs Frei, Hauptwil, Schweiz.

 

2. Streitiger Domain-Name

Gegenstand des Verfahrens ist der Domain-Name <freecom.ch> (nachfolgend der “Domain-Name”).

 

3. Verfahrensablauf

Die Gesuchstellerin reichte am 3. Juli 2007 eine Beschwerdeschrift beim WIPO Arbitration and Mediation Center (das “Center”) ein (Verfahren DCH2007-0009). Da sie es indessen unterliess, ihrem Gesuch einen Antrag auf Expertenbescheid beizufügen, erklärte das Center jenes Verfahren am 29. August 2007 für beendet, mit dem Hinweis dass die Möglichkeit ein neues Gesuch einzureichen davon unberührt bleibe.

In der Folge reichte die Gesuchstellerin ein neues Gesuch ein, womit das vorliegende Verfahren DCH2007-0012 eröffnet wurde. Die Beschwerdeschrift ging beim Center am 29. August 2007 per E-Mail und am 4. September 2007 in körperlicher Form ein.

Am 30. August 2007 bestätigte SWITCH, dass der Gesuchsgegner Inhaber und administrative Kontaktperson des Domain-Namens sei.

Das Center verifizierte, dass die Beschwerdeschrift den formellen Anforderungen des Verfahrensreglements von SWITCH für Streitbeilegungsverfahren für .ch und .li

Domain-Namen vom 1. März 2004 (das “Verfahrensreglement”) entsprach. In Übereinstimmung mit Paragraph 14 des Verfahrensreglements übermittelte das

Center deshalb am 10. September 2007 die Beschwerdeschrift an den Gesuchsgegner.

Gemäss Paragraph 15(a) des Verfahrensreglements, war die Gesuchserwiderung bis zum 30. September 2007 einzureichen. Nachdem der Gesuchsgegner innert First keine Beschwerdeerwiderung eingereicht hatte, wurde das Verfahren am 8. Oktober 2007 in Übereinstimmung mit Paragraph 19 des Verfahrensreglements fortgesetzt und das

Center bestellte am 19. Oktober 2007 Dr. Bernhard F. Meyer-Hauser als Experten.

Der Experte stellt fest, dass er ordnungsgemäss bestellt worden ist und hat in Übereinstimmung mit Paragraph 4 des Verfahrensreglements seine Unabhängigkeit erklärt.

 

4. Sachverhalt

Die Gesuchstellerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Deutschland, die Computerhard- und software, insbesondere Speichermedien, anbietet. Ihre Haupt-Internetseite ist über “freecom.com” erreichbar. Die Gesuchstellerin hat eine Tochtergesellschaft in der Schweiz mit dem Namen Freecom Technology AG, die 1999 als Freecom Europe AG gegründet wurde (Anlage 3).

Die Gesuchstellerin ist seit 13. März 1998 Inhaberin der internationalen Marke

FREECOM, Registrierungsnr. 694052 (Anlage 2 des Gesuchs).

Der Gesuchsgegner ist Halter des Domain-Namens <freecom.ch>. Unter der Website ist zurzeit lediglich eine Frontpage aufgeschaltet, mit der Information, dass der Inhaber Beratung auf den Gebieten Personalmanagement, Buchhaltung und Steuern anbiete. Alle aufgeführten Links sind inaktiv und enthalten keine weiteren Informationen.

 

5. Parteivorbringen

A. Gesuchstellerin

Die Gesuchstellerin trägt vor, in Ihrer Eigenschaft als Inhaberin eines Kennzeichenrechts durch die Registrierung und Verwendung des Domain-Namens des Gesuchsgegners in ihren Rechten verletzt zu sein. Sie führt aus, der Gesuchsgegner habe noch am 2. Mai 2007 auf der Website unter anderem das Programmieren von Internetsoftware angeboten (Anlage 6). Nachdem der Vertreter der Gesuchstellerin den Gesuchsgegner informiert habe, dass die Internetseite die Rechte seiner Klientin verletze, habe der

Gesuchsgegner seine Internetseite auf die heute abrufbare Webseite geändert.

Die Gesuchstellerin macht geltend, der Gesuchsgegner habe kein Recht am

Domain-Namen und nutze den guten Ruf der Gesuchstellerin für eigene Zwecke aus. Der Internetauftritt des Gesuchsgegners unter dem Domain-Namen <freecom.ch> habe Verwirrungen auf Seiten Dritter verursacht, insbesondere deshalb, weil der Gesuchsgegner die Website bisher für Angebote im Bereich der Internetprogrammierung

genutzt habe. Dazu reicht die Gesuchstellerin einen Screenshot vom 2. Mai 2007 der Website “www.freecom.ch” ein (Anlage 6), der belege, dass der Gesuchsgegner eine solche Dienstleistung auf der streitigen Website angeboten habe.

Damit verletze der Gesuchsgegner die Bestimmungen des schweizerischen Markenschutzgesetzes, weshalb die Gesuchstellerin die Übertragung des Domain-Namens

beantragt.

B. Gesuchsgegner

Der Gesuchsgegner hat sich, trotz korrekter Zustellung des Gesuchs an die von ihm genannte Kontaktadresse, zum Gesuch nicht geäussert.

 

6. Entscheidungsgründe

Gemäss Paragraph 24(c) des Verfahrensreglements gibt der Experte dem Gesuch statt, wenn die Registrierung oder Verwendung des Domain-Namens eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts darstellt, das dem Gesuchsteller nach dem Recht der Schweiz oder Liechtensteins zusteht.

Gemäss Paragraph 24(d) des Verfahrensreglements liegt eine klare Verletzung eines Kennzeichenrechts insbesondere dann vor, wenn

(i) sowohl der Bestand als auch die Verletzung des geltend gemachten Kennzeichenrechts sich klar aus dem Gesetzeswortlaut oder aus einer anerkannten Auslegung des Gesetzes und den vorgetragenen Tatsachen ergeben und durch die eingereichten Beweismittel nachgewiesen sind; und

(ii) der Gesuchsgegner keine relevanten Verteidigungsgründe schlüssig vorgetragen und bewiesen hat; und

(iii) die Rechtsverletzung, je nach dem im Gesuch erhobenen Rechtsbegehren, die Übertragung oder Löschung des Domain-Namens rechtfertigt.

Diese Voraussetzungen werden nachstehend geprüft:

(i) Kennzeichenrecht, Verletzung

Die Gesuchstellerin hat bewiesen, dass sie seit 1998 Inhaberin eines internationalen Markenrechtes am Kennzeichen FREECOM ist. Die Marke ist registriert für “Computer, Computerperipheriegeräte, mit Ausnahme von Mobiltelefonen, Datentransfergeräten und Telefonapparaten, Datenmedien mit Programmen und Entwicklung von Software.” Der Schutz der international eingetragenen Marke erstreckt sich auch auf die Schweiz, weshalb das nationale Markenrecht Anwendung findet. Der Bestand eines Kennzeichnungsrechts ist somit nachgewiesen.

Art. 13 Abs. 1 Markenschutzgesetz (“MSchG”) verleiht der Inhaberin das ausschliessliche Recht, die Marke zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen zu gebrauchen, für die sie beansprucht wird. Gemäss Art. 13 Abs. 2 MSchG kann die Markeninhaberin einem anderen den Gebrauch eines Zeichens untersagen, das die Rechte der Markeninhaberin verletzt, z.B. indem es mit einer älteren Marke für gleichartige Waren oder Dienstleistungen identisch oder verwechselbar ist (Art. 3, Abs. 1 a bis c, MSchG).

Der Gesuchsgegner verwendet das Kennzeichen FREECOM, das identisch mit der Marke der Gesuchstellerin ist, als Domain-Namen zur Bezeichnung seiner Webseite.

Im heutigen Zeitpunkt kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden, in welchem Bereich der Gesuchsgegner tätig war, bzw. sein will, da seine Website keine Aktivität (mehr) aufweist. Nach Angaben der Gesuchstellerin bot der Gesuchsgegner vor der Abänderung seiner Website unter anderem aber auch das Programmieren von Internetsoftware an. Diese Aussage blieb im vorliegenden Verfahren unwidersprochen. Angesichts der heutigen Inaktivität der Domain, sowie anhand des von der Gesuchstellerin beigelegten, unwidersprochen gebliebenen Screenshots, liegt es nahe, dass der

Gesuchsgegner Angebote im Geschäftsbereich der Gesuchstellerin über diesen

Domainnamen betreiben will. Die Registrierung und die Benutzung des

Domain-Namens ist daher geeignet, eine Verwechslungsgefahr mit der Marke

FREECOM zu erzeugen und ihr Kennzeichnungsrecht zu verletzen.

(ii) Liegen relevante Verteidigungsgründe vor?

Der Gesuchsgegner hat in diesem Verfahren keine Verteidigungsgründe geltend

gemacht und es sind auch aus den Akten keine legitimen Interessen des Gesuchsgegners zur Benutzung des strittigen Domain-Namens ersichtlich. Vielmehr bestehen

Anhaltspunkte, dass der Gesuchsgegner den Domain-Namen registriert haben könnte, um aus der Bekanntheit der Gesuchstellerin im relevanten Markt und der Nähe zu deren Top Level Domain-Registrierung <freecom.com>, Nutzen zu ziehen.

(iii) Ist die Übertragung/Löschung des Domain-Namens gerechtfertigt?

Domainnamen unterstehen neben dem Kennzeichenrecht auch dem Lauterkeitsgebot des Wettbewerbsrechts (BGE 126 III 239, 245). Gemäss gefestigter Rechtsprechung kommt das Wettbewerbsrecht dabei nicht nur ergänzend, bei nicht bestehendem Kennzeichenschutz, zur Anwendung, sondern auch kumulativ, zur Füllung von Schutzlücken des Kennzeichnungsrechts (vgl. statt vieler HGer ZH, zitiert in sic! 1999, 582 ff.

Rivella – Apiella II).

Ferner ist nach Art. 2 des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) unlauter, und damit widerrechtlich, jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten

oder Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst. Nach Art. 3 lit. d UWG handelt unlauter, wer Massnahmen trifft, die geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren, Werken, Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb eines anderen herbeizuführen. Unter diesen wettbewerbsrechtlichen Kennzeichenschutz fallen sämtliche Verhaltensweisen, bei denen das Publikum durch die Schaffung von Verwechslungsgefahr irregeführt wird (BGE 126 III 239, 245).

Die Registrierung des streitigen Domainnamens beeinträchtigt die Gesuchstellerin

erheblich: die Country-Domain <freecom.ch> kann von ihr nicht mehr gebraucht

werden, um ihr Geschäft zu betreiben. Auch Benutzer, welche die streitige Domain ansteuern, in der Erwartung, mit dem schweizerischen Ableger der Gesuchstellerin verbunden zu sein, wird in die Irre geführt.

Die Voraussetzungen von Paragraph 24(c) und (d) des Verfahrensreglements sind somit erfüllt und die Übertragung des streitgegenständlichen Domain-Namens an die Gesuchstellerin ist gerechtfertigt.

 

7. Entscheidung

Der Experte ordnet an, den streitgegenständlichen Domain-Namen <freecom.ch> im Sinne von Paragraph 24 des Verfahrensreglements auf die Gesuchstellerin zu übertragen.


Dr. Bernhard F. Meyer-Hauser
Experte

Datum: 2. November 2007