“WIPO”

 

WIPO Arbitration and Mediation Center

 

ENTSCHEIDUNG DES BESCHWERDEPANELS

Balver Zinn Josef Jost GmbH & Co. KG v. FELDER GMBH

Verfahren Nr. D2006-0962

 

1. Die Parteien

Die Beschwerdeführerin ist die Balver Zinn Josef Jost GmbH & Co. KG, Balve, Deutschland, vertreten durch Patentanwälte Bockermann, Ksoll, Griepenstroh, Bochum, Deutschland.

Die Beschwerdegegnerin ist die Felder GmbH Löttechnik, Oberhausen, Deutschland, vertreten durch Sandner Rechtsanwälte, Hamburg, Deutschland.

 

2. Domain Name und Domainvergabestelle

Gegenstand des Verfahrens ist der Domainname <balver-zinn.com>.

Die Domainnamenvergabestelle ist die Schlund + Partner AG in Karlsruhe, Deutschland.

 

3. Verfahrensablauf

Die Beschwerdeschrift ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center (kurz: “Center”) in englischer Sprache per E-Mail am 31. Juli 2006 und am 07. August 2006 in körperlicher Form ein. Auf Anfrage des Centers bestätigte die Domainvergabestelle am 03. August 2006, dass der Beschwerdegegner Inhaber der streitgegenständlichen Domain Namen ist. Darüber hinaus teilte die Domainvergabestelle mit, dass die Verfahrenssprache deutsch ist. Nach Aufforderung des Center vom 10. August 2006 reichte die Beschwerdeführerin die Beschwerde in deutscher Sprache am 11. August 2006 per Email sowie am 17. August 2006 in körperlicher Form ein.

Am 17. August 2006 wurde die Beschwerdeschrift ordnungsgemäß nach Paragraph 2(a) der Verfahrensordnung dem Beschwerdegegner übermittelt und das Beschwerdeverfahren eingeleitet. Die Beschwerdeerwiderung ging dem Center innerhalb der dem Beschwerdegegner gesetzten Frist am 13. September 2006 als E-Mail und bereits am 08. September 2006 in körperlicher Form zu.

Am 27. September 2006 teilte das Center mit, dass ein Beschwerdepanel in der Person von Herrn Christian Schalk bestellt wurde, und dass der Einzelpanelist eine Annahmeerklärung und eine Erklärung der Unbefangenheit und Unabhängigkeit abgegeben hat.

Das Panel stimmt mit der Einschätzung des Centers überein, dass die Beschwerde den in der Verfahrensordnung festgelegten formalen Anforderungen genügt und dem Beschwerdegegner ordnungsgemäß mitgeteilt wurde.

Das Panel hat keine Anfragen seitens der Beschwerdeführer bzw. des Beschwerdegegners hinsichtlich weiterer Vorlagen bzw. Fristverlängerungen erhalten und erachtet diese auch für nicht erforderlich bzw. sachdienlich. Das für den Erlaß einer Entscheidung vom Center festgesetzte Datum ist der 11. Oktober 2006.

 

4. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist seit über 30 Jahren im Bereich der Zinnverarbeitung und der Fertigung von Spezialprodukten für die Elektroindustrie tätig. Insbesondere stellt sie Qualitätsanoden in verschiedenen Legierungen, Löterzeugnissen sowie Spezialdrähte her. Ihre Produkte vertreibt die Beschwerdeführerin im In- und Ausland.

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der deutschen Markeneintragung Nr. 1087067 vom 24. Januar 1986, Anmeldedatum 07. Juni 1985 für die Wort-/Bildmarke BALVER ZINN KG JOSEF JOST. Deren Schutzbereich erstreckt sich auf Waren und Dienstleistungen der Klasse 6. Die Wort-/Bildmarke besteht aus einem kreisrunden Logo, das aus einen inneren dunkelfarbigen Kreis und einen diesen umgebenden weißen Ring besteht. Im Zentrum des inneren Kreis befindet sich ein weißes „J“, das eine Schere, gekreuzt mit einer Art Zange, einrahmt. Um den Buchstaben „J“ herum befinden sich kreisförmig angeordnet chemische Symbole und Bezeichnungen verschiedener Metalle (z.B. „cu“ für Kupfer und „pb“ für Blei, „fe“ für Eisen). In der oberen Hälfte des weißen Rings steht in Großbuchstaben um den schwarzen Kreis geschrieben: BALVER ZINN KG. In der unteren Hälfte steht: JOSEF JOST.

Der Schutz dieser Wort/Bildmarke wurde durch die Internationale Registrierung (IR Marke) Nr. 557088 vom 24. August 1990 u.a. auf die folgenden Länder ausgedehnt: Österreich, Benelux, Spanien, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Portugal, Schweiz und Russland.

Die Beschwerdeführerin ist unter anderem Inhaberin der Domainnamen <balverzinn.de> und <balverzinn.com>.

Der streitgegenständliche Domainname (im folgenden: „Domainname“) wurde durch die Beschwerdegegnerin am 17. Juni 2006 angemeldet. Wie sich aus dem der Verfahrensakte beigefügten Quelltext von „balver-zinn.htm“ vom 26. Juli 2006 ergibt, werden Internetnutzer, die diesen Domainnamen in den Browser eingeben, auf die unter der URL „www.felder.de“ erreichbare Webseite der Beschwerdegegnerin geführt. Diese ist wie die Beschwerdeführerin im Bereich der Löttechnik für elektronische Erzeugnisse tätig.

 

5. Parteivorbringen

A. Beschwerdeführer

Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass der Domainname identisch mit dem ersten und dominanten Teil ihrer deutschen- und IR Marke ist. Darüber hinaus sei der Domainname identisch mit dem ersten und dominanten Teil des Firmennamens Balver Zinn Josef Jost GmbH & Co. KG der Beschwerdeführerin.

Die Beschwerdeführerin ist außerdem der Auffassung, dass die Beschwerdegegnerin keine Rechte oder legitimen Interessen in Bezug auf dem Domainname besitzt, da ihr Firmenname anders, nämlich Felder lautet.

Die Beschwerdeführerin ist schließlich auch der Ansicht, dass die Beschwerdegegnerin den Domainnamen in bösem Glauben registriert hat und benutzt. Sie trägt vor, dass dieser dazu benutzt wird, um Internetnutzer direkt auf die unter der URL „www.felder.de“ erreichbare Webseite der Beschwerdegegnerin umzuleiten. Bei dieser handele es sich um eine Wettbewerberin der Beschwerdeführerin. Der erste und dominante Teil BALVER ZINN der Beschwerdeführerin sei aufgrund ihrer über 30 Jahre währenden Aktivitäten und der Qualität der Produkte in der Welt gut bekannt. Die Beschwerdegegnerin versuche daher, mit der Verwendung des dominanten Teils der Marke und des Firmennamens der Beschwerdeführerin in dem Domainnamen an ihrem Ruf zu partizipieren.

B. Beschwerdegegnerin

Die Beschwerdegegnerin ist der Ansicht, dass der Beschwerdeführerin kein Recht zusteht, aus dem sie die Übertragung des Domainnamen verlangen könnte. Hierzu führt sie aus:

a) Die Beschwerdeführerin kann sich nur auf ihre deutsche Markeneintragung und ihre IR Marke berufen, die ein jeweils identisches Erscheinungsbild aufweisen.

Die Firmenname der Beschwerdeführerin hat sich zwischenzeitlich in „Balver Zinn Josef Jost GmbH & Co. KG“ geändert und entspreche daher nicht mehr dem in der Wort/Bild Marke dargestellten Firmenbezeichnung „Balver Zinn KG Josef Jost“. Grund für die handelsrechtlich gebotene Firmenänderung war eine Änderung der Gesellschafterstruktur der Beschwerdeführerin. Dies hat zur Folge, dass die Beschwerdeführerin nur noch mit der geänderten Firmenbezeichnung auftreten darf. Aus diesem Grunde tritt die Beschwerdeführerin mit einem geänderten Logo auf, das die derzeit aktuelle Firmierung enthält. Hieraus folgt nach Ansicht der Beschwerdegegnerin, dass die Beschwerdeführerin ihre Marken in der eingetragenen Fassung nicht mehr verwenden darf. Deren Verwendung in diesem Verfahren stellt wegen der von dieser ausgehenden Irreführungsgefahr eine Ordnungswidrigkeit dar und ist daher rechtsmissbräuchlich.

Ferner besteht keine Verwechslungsgefahr zwischen dem Domainnamen und den Marken bzw. Firmenname der Beschwerdeführerin. Die Marken bestehen aus einem rein beschreibenden, für sich genommen nicht schutzfähigen Bestandteil sowie der Rechtsformangabe. Das Wort „Zinn“ ist nach § 3 MarkenG nicht schutzfähig, da es nicht geeignet ist, die Waren der Beschwerdeführerin von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Gleiches gilt für die Bezeichnung „Balver“, die als geographische Herkunftsangabe lediglich auf den westfälischen Ort Balve hinweist. Ein von der Beschwerdegegnerin vorgelegter Telefonbuchauszug weist auf zehn Firmeneinträge (darunter zwei für die Beschwerdeführerin) hin, die die Bezeichnung „Balver“ tragen. Daher besteht ein Freihaltebedürfnis an der Bezeichnung „Balver Zinn“. Dies muss nach Ansicht der Beschwerdegegnerin auch der Beschwerdeführerin bewusst gewesen sein, da sie andernfalls eine entsprechende Wortmarke und nicht eine Wort-/Bildmarke angemeldet hätte. Vielmehr hat sie den Namen des Unternehmensgründers als kennzeichnenden Bestandteil aufgenommen, um der Marke Unterscheidungskraft zu verleihen. Darauf weist auch das im Zentrum der graphischen Darstellung stehende „J“ hin.

b) Die Beschwerdegegnerin ist ferner der Ansicht, dass sie ein prioritätsälteres Recht an dem Domainnamen hat, weil sie diesen als Erste für sich registriert hat. Weitergehende Rechte seien nicht erforderlich gewesen, da der Domainname zum Zeitpunkt der Registrierung frei war und kein Dritter originäre Rechte an dem Domainnamen besaß.

c) Der Beschwerdegegnerin kann kein bösgläubiges Handeln bei der Registrierung des Domainnamen vorgehalten werden, da dieser zum Zeitpunkt der Registrierung noch frei war. Die von der Beschwerdeführerin beanstandete Nutzung des Domainnamens wurde inzwischen eingestellt. In diesem Zusammenhang verweist die Beschwerdegegnerin auf einen Screenshot vom 30. August 2006. Durch die reine Inhaberschaft des Domainnamens durch die Beschwerdegegnerin wird die Beschwerdeführerin daher nach Ansicht der Beschwerdegegnerin nicht in ihren Rechten beeinträchtigt, da sie an diesem keine Rechte hat.

 

6. Entscheidungsgründe

Gemäß Paragraph 15(a) der Verfahrensordnung hat das Panel über die Beschwerde auf Basis der dem Panel vorliegenden Erklärungen und Dokumente, gemäß der Richtlinie sowie den Regeln und Rechtsgrundsätzen, die das Panel in diesem Fall für anwendbar hält, zu entscheiden.

Paragraph 4(a) der Richtlinie führt drei Elemente auf, die die Beschwerdeführerin nachweisen muss um die Feststellung zu rechtfertigen, dass der Domain Name der Beschwerdegegnerin auf die Beschwerdeführerin zu übertragen ist:

(1) dass der Domainname <balver-zinn.com> mit einer Marke, aus der die Beschwerdeführerin Rechte herleitet, identisch oder verwechselbar ähnlich ist; und

(2) dass die Beschwerdegegnerin weder Rechte noch ein berechtigtes Interesse an dem streitgegenständlichen Domainnamen hat; und

(3) dass der streitgegenständliche Domainname bösgläubig registriert wurde und benutzt wird.

1. Verwechslungsgefahr mit einer Marke, aus welcher die Beschwerdeführerin Rechte herleitet

Das Panel ist der Ansicht, dass die Beschwerdeführerin Inhaberin von in Deutschland und in weiteren Ländern eingetragenen Wort-/Bildmarken ist, die jeweils die Wörter BALVER ZINN enthalten. Die Kombination dieser Wörter mit den Bildsymbolen und deren Anordnungen in dem Logo sind geeignet, als betrieblicher Herkunftshinweis erkannt zu werden. Diese benutzt die Beschwerdeführerin nach wie vor rechtserhaltend. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Beschwerdeführerin vor einigen Jahren in ihrem als Marke geschützten Logo eine Änderung dahingehend vorgenommen hat, dass sie die Buchstaben „KG“ (Kommanditgesellschaft) durch die Buchstabenfolge GmbH & Co. KG geändert hat. Dies tat sie anscheinend, um ihren handelsrechtlichen Pflichten aufgrund einer Änderungen ihrer gesellschaftsrechtlichen Struktur nachzukommen. Firmenzusätze, wie KG oder GmbH & Co. KG besitzen keine eigene Unterscheidungskraft. Durch die Änderung des Firmenzusatzes wurde der kennzeichnende Charakter der Marke daher nicht verändert.

Da Domainnamen jedoch keine Logos enthalten können (siehe Park Place Entertainment Corporation v. Mike Gorman, WIPO Entscheidung Nr. D2000-0699) besteht keine Identität mit den Marken der Beschwerdeführerin.

Der Domainname hat jedoch eine Verwechslungsgefahr begründende Ähnlichkeit mit den Marken der Beschwerdeführerin. Nach Ansicht des Panels ist die Bezeichnung BALVER ZINN prägender Bestandteil der Marke. Dafür spricht, dass diese Bezeichnung, die sich über den gesamten oberen Teil des Logos erstreckt, schon beim ersten unvoreingenommenen Blick auf die Wort-/Bildmarke ins Auge fällt. Außerdem ist diese Bezeichnung prägender Bestandteil zweier Domainnamen (<balverzinn.com> und <balverzinn.de>), die die Beschwerdeführerin als Zugang zu ihren Firmenwebseiten verwendet.

Der Zusatz „.com“ hat als sogenannte Top-Level Domain nur eine technisch-funktionale Bedeutung und hat deshalb bei der vergleichenden Gegenüberstellung außer Betracht zu bleiben. (siehe u.a. Deutsche Post AG v. MailMij LLC, WIPO Entscheidung Nr. D2003-0128; Freistaat Bayern v. Tobias Binderberger, WIPO Entscheidung Nr. D2004-0368; DePfa Deutsche Pfandbriefbank AG v. Michael Wilhelm, WIPO Entscheidung Nr. D2002-0401; Wal-Mart Stores, Inc. v. Walsucks and Walmarket Puerto Rico, WIPO Entscheidung Nr. D2000-0477). Aus den genannten Gründen besteht Verwechslungsgefahr zwischen Marken der Beschwerdeführerin und dem streitgegenständlichen Domainnamen.

2. Rechte oder berechtigtes Interesse an den Domainnamen

Die Gewährung eines Übertragungsanspruches oder Löschungsanspruches setzt gemäß Paragraph 4(a)(ii) der Richtlinie voraus, dass sich die Beschwerdegegnerin nicht auf ein eigenes Recht oder berechtigtes Interesse an dem Domainnamen berufen kann. In Paragraph 4(c) zählt die Richtlinie beispielhaft und nicht abschließend drei Umstände auf, die als Nachweis eines eigenen Rechts oder berechtigten Interesses genügen. Danach soll ein Recht oder berechtigtes Interesse im Sinne des Paragraphen 4(a)(ii) der Richtlinie insbesondere dann vorliegen, wenn unter Würdigung aller vorgetragenen Beweismittel festgestellt wird, daß die Beschwerdegegnerin:

(a) den streitgegenständlichen Domainnamen oder einen diesen entsprechenden Namen vor Anzeige der Streitigkeit für ein gutgläubiges Angebot von Waren oder Dienstleistungen verwendet oder eine solche Verwendung nachweislich vorbereitet hat, oder

(b) allgemein (als Einzelperson, Unternehmen oder andere Organisation) unter dem Domainnamen bekannt ist, selbst wenn sie eine Marke nicht erworben hat, oder

(c) den Domainnamen in berechtigter nicht gewerblicher oder sonst anerkennenswerter Weise ohne Gewinnerzielungsabsicht und ohne den Willen, Verbraucher in irreführender Weise abzuwerben oder die fragliche Marke zu verunglimpfen, verwendet.

Nach Ansicht des Panels hat die Beschwerdegegnerin aus den folgenden Erwägungen kein Recht oder berechtigtes Interesse an dem Domainnamen dargetan:

(d) Der Wortbestandteil „Balver“ weist auf den Ort Balve hin, in dem die Beschwerdeführerin ihren Sitz hat. Die Verwendung von geographischen Begriffen in Domainnamen ist bereits Gegenstand einer Reihe von WIPO Verfahren gewesen (siehe u.a. Kur- und Verkehrsverein St. Moritz v. StMoritz.com, WIPO Entscheidung D2000-0617, bezüglich des Domainnamen <stmoritz.com>; Comexpo Paris v. Visiotex S.A., WIPO Entscheidung Nr. D2000-0792, bezüglich des Domainnamen <foiredeparis.com>; Skipton Building Society v. Peter Colman, WIPO Entscheidung Nr. D 2000-1217, bezüglich des Domainnamen <skipton.com>; Neusiedler Aktiengesellschaft v. Vinayak Kulkarni, WIPO Entscheidung Nr. D2000-1769 bezüglich des Domainnamen <neusiedler.com>; FC Bayern München AG v. Peoples Net Services Ltd., WIPO Entscheidung Nr. D2003-0464, bezüglich des Domainnamen <bayernmuenchen.net>; BAA plc, Aberdeen Airport Limited v. Mr. H. Hashimi, WIPO Entscheidung Nr. D2004-0717, bezüglich des Domainnamen <aberdeenairport.com>). In einigen dieser Entscheidungen entschied das Panel, dass geographische Begriffen nicht durch Markenrechte monopolisiert werden können, da ein Allgemeininteresse an ihrer freien Verwendung und mithin ein Freihaltebedürfnis besteht. So wurde die Übertragung der streitgegenständlichen Domainnamen auf Beschwerdeführer in Fällen abgelehnt, in denen Gebietskörperschaften Ansprüche auf Domainnamen erhoben, die jeweils mit ihrem Namen identisch waren (siehe z. B. Kur- und Verkehrsverein St. Moritz v. StMoritz.com, WIPO Entscheidung D2000-0617), in denen die Verkehrskreise den Domainnamen nicht mit der gleichnamigen Beschwerdeführerin, sondern in erster Linie mit dem ebenfalls gleichnamigen See verbanden (<neusiedler.com> in: Neusiedler Aktiengesellschaft v. Vinayak Kulkarni, WIPO Entscheidung Nr. D2000-1769) oder der streitgegenständliche Domainnamen auf nicht näher spezifizierte Messeaktivitäten in einer Stadt verwies (<foiredeparis.com> in: Comexpo Paris v. Visiotex S.A., WIPO Entscheidung Nr. D2000-0792).

Eine geographische Verbundenheit ist bei der Beschwerdegegnerin insofern der Fall, als sie in Balve ihren Sitz hat. Dieser Aspekt ist nach Ansicht des Panels jedoch nicht ausreichend, um ein Freihaltebedürfnis an dem Domainnamen anzunehmen. Entscheidend sind vielmehr die unter der Bezeichnung „Balver Zinn“ vertriebenen Waren und Dienstleistungen und das, was die beteiligten Verkehrskreise darunter verstehen (vgl. für das europäische Markenrecht z. B. die Entscheidungen des Gericht Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 25.10.2005, Rechtssache T-379/93 Cloppenburg, angedruckt in GRURInt 2006, 47 ff. und die Rechtssache T-295/01 Oldenburger abgedruckt in Slg. 2003, II-4365). Ferner muss die fragliche Bezeichnung von den beteiligten Verkehrskreisen aktuell mit der beanspruchten Art der Waren und Dienstleistungen in Verbindung gebracht werden und gefragt werden, ob von diesen vernünftigerweise erwartet werden kann, dass diese mit einer solchen Bezeichnung die geografische Herkunft dieser Art von Waren bzw. Dienstleistungen verbinden (für das europäische Markenrecht vgl. z. B. Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 04.05.1999, Rechtssache C-108, Chiemsee, abgedruckt in GRUR 1999, 723 ff.). Nach Ansicht des Panel reichen die maßgeblichen Verkehrskreise angesichts der internationalen Aktivitäten der Beschwerdeführerin und der Internationalität des Internet über Deutschland hinaus. Selbst wenn man nur auf deutsche Verkehrskreise abstellen würde, hält es das Panel für sehr unwahrscheinlich, dass mit der Bezeichnung „Balver Zinn“ zwingend der Ort Balve in Verbindung gebracht wird. Bei diesem handelt es sich um einen kleinen Ort. Dem Panel sind keine Anhaltspunkte bekannt, die dafür sprechen, dass Balve hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen der Beschwerdeführerin einen gewissen Bekanntheitsgrad hat. Vielmehr geht es davon aus, dass auch deutsche Verkehrskreise die Bezeichnung in wirtschaftlicher Hinsicht als Hinweis zum einen auf die Beschwerdeführerin, zum anderen auf eine bestimmte Art und Qualität ihrer Produkte deuten. Deren geographische Herkunft und damit der geographische Bezug sind in dieser Branche normalerweise nicht relevant. Daher ist entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin nicht davon auszugehen, dass es sich bei den von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Markenrechten um freihaltebedürftige geografische Herkunftsbezeichnungen handelt. Hinzu kommt, dass die Beschwerdegegner selbst nicht in Balve beheimatet ist und dort auch keine geschäftliche Aktivitäten aufweist.

(e) Die Tatsache, dass die Parteien in der gleichen Branche tätig sind und die Beschwerdeführerin Inhaberin von fast identischen Domainnamen, wie z.B. <balverzinn.com> ist, spricht dafür dass die Beschwerdegegnerin die Beschwerdeführerin kannte, als sie den streitgegenständlichen Domainnamen für sich registrierte. Sie hat den Domainnamen ausschließlich dafür verwendet, Internetnutzer, die den Internetauftritt der Beschwerdeführerin suchten, auf ihre Webseiten zu führen. Eine solche Art der Verwendung von Domainnamen, bei denen Verwechslungsgefahr mit Markenrechten Dritter besteht, kann kein berechtigtes Interesse an einem Domainnamen begründen.

(f) Die Beschwerdegegnerin ist darüber hinaus weder Vertreterin, noch Lizenznehmerin der Beschwerdeführerin und auch sonst in keiner Weise von dieser befugt worden, den Domainnamen für sich zu registrieren und zu benutzen. Sie ist ferner auch nicht unter diesem in irgendeiner Weise bekannt.

3. Bösgläubige Eintragung und Benutzung

Die Gewährung eines Übertragungsanspruches oder Löschungsanspruches setzt gemäß Paragraph 4(a)(iii) der Richtlinie außerdem voraus, dass die Beschwerdegegnerin den Domainnamen bösgläubig registriert hat oder verwendet.

Nach einer nicht abschließenden Aufzählung ist gemäß Paragraph 4(b) der Richtlinie Bösgläubigkeit insbesondere dann anzunehmen, wenn

(a) gemäß Paragraph 4(b)(i) der Richtlinie, Umstände darauf hinweisen, dass der Domainname in der Absicht registriert wurden, diesen an den Markeninhaber oder einen Wettbewerber des Kennzeicheninhabers zu verkaufen, zu lizenzieren oder auf sonstige Weise zu veräußern, um damit Gewinne zu erzielen, die über die mit dem Domainnamen zusammenhängenden Kosten hinausgehen;

(b) gemäß Paragraph 4(b)(ii) der Richtlinie die Registrierung des Domainnamen mit dem Ziel erfolgte, den Markeninhaber daran zu hindern, den Domainnamen zu registrieren, die der Marke des Zeicheninhabers entsprechen, sofern sein Verhalten einem entsprechenden Muster folgt;

(c) gemäß Paragraph 4(b)(iii) der Richtlinie, die Registrierung des Domainnamen in erster Linie in der Absicht der Behinderung eines Wettbewerbers erfolgte;

(d) gemäß Paragraph 4(b)(iv) der Richtlinie, die Registrierung des Domainnamen in der Gewinnerzielungsabsicht erfolgte, um Internetnutzer auf die eigene Webseite oder zu einer sonstigen Onlinepräsenz zu leiten, indem eine Verwechslungsgefahr hinsichtlich Herkunft, Zugehörigkeit, Inhaberschaft der Webseite oder der Onlinepräsenz oder der Produkte oder Dienstleistungen der Webseite oder Onlinepräsenz begründet wird.

Das Panel ist der Ansicht, dass die Beschwerdegegnerin die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Registrierung der streitgegenständlichen Domain Namen bereits kannte. Dafür spricht, dass beide Firmen in der gleichen Branche tätig sind. In der Regel kennt ein Unternehmen die in der gleichen Branche tätigen Wettbewerber. Die Beschwerdeführerin ist ferner Inhaberin des fast identischen Domainnamens <balverzinn.com> der sich nur durch den nicht vorhandenen Bindestrich zwischen den Worten „balver“ und „zinn“ von dem durch die Beschwerdegegnerin angemeldeten Domainnamen unterscheidet. Es ist für das Panel nicht vorstellbar, dass die Beschwerdegegnerin rein zufällig den streitgegenständlichen Domainnamen auswählte.

Ferner hat die Beschwerdegegnerin den Domainnamen mit der von ihr betriebenen Webseite verlinkt. Dies erweckt bei Internetnetnutzern den Anschein, dass die Parteien miteinander wirtschaftlich verbunden sind bzw. miteinander kooperieren oder die Anmeldung und Verwendung des Domainnamens durch die Beschwerdegegnerin zumindest mit Billigung der Beschwerdeführerin geschah. Ferner besteht die Gefahr, dass Internetnutzer, die so auf die Webseite der Beschwerdegegnerin gelangen, auf die Waren und Dienstleistungen der Beschwerdegegnerin zurückgreifen und die der Beschwerdeführerin gar nicht mehr in Erwägung ziehen. Dies ist eine seitens der Beschwerdegegnerin zumindest in Kauf genommene Folge der von ihr betriebenen Anmeldung des Domainnamens und dessen Verwendung auch noch zum Zeitpunkt des Beginns dieses Verfahrens.

Aus all diesen Erwägungen ist das Panel überzeugt, dass die Beschwerdegegner den Domainnamen nicht nur gemäß Paragraph 4(b) der Richtlinie bösgläubig eingetragen hat, sondern auch benutzt.

 

7. Entscheidung

Das Panel entscheidet, dass die Beschwerde alle drei Voraussetzungen von Paragraph 4(a) der Richtlinie erfüllt.

Gemäß Paragraph 4(a) der Richtlinie und Paragraph 15 der Verfahrensordnung ordnet das Panel die Übertragung des Domainnamen <balver-zinn.com> auf die Beschwerdeführerin an.


Christian Schalk
Einzelpanelist

Datum: 11. Oktober 2006