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WIPO Arbitration and Mediation Center

 

ENTSCHEIDUNG DES BESCHWERDEPANELS

Turyap Yapi Sanayi Ve Ticaret A.S. v. reiselinie.de touristik GmbH

Verfahren Nr. D2006-0763

 

1. Die Parteien

Die Beschwerdeführerin ist Turyap Yapi Sanayi Ve Ticaret A.S., aus Istanbul, Türkei, vertreten durch Guven Calik, aus Istanbul, Türkei.

Die Beschwerdegegnerin ist reiselinie.de touristik GmbH aus Nürnberg, Deutschland, vertreten durch Dr. Peter F. Reinke aus München, Deutschland.

 

2. Domain Name und Domainvergabestelle

Gegenstand des Verfahrens ist der Domainname <turyap.com>.

Der den Domainnamen <turyap.com> verwaltende Registrar ist Key-Systems GmbH, Zweibrücken, Deutschland.

 

3. Verfahrensablauf

Die von Turyap Yapi Sanayi Ve Ticaret A.S. eingereichte Beschwerde gegen Sinan Oeztuerk ist am 19. Juni 2006 per E-Mail und am 18. Juli 2006 in körperlicher Form in englisch bei dem WIPO Schieds- und Schlichtungszentrum (dem Zentrum) eingegangen.

Am 22. Juni 2006 bestätigte die Domainvergabestelle Key-Systems GmbH die Eintragungsdaten des Beschwerdegegners. Weiterhin wies sie darauf hin, dass die Sprache der Registrierungsvereinbarung deutsch sei. Am 28. Juni 2006 informierte das Zentrum die Parteien, dass die Verfahrensprache deutsch sei. Gleichzeitig teilte das Zentrum den Parteien mit, dass gemäss Angaben der Domainvergabestelle der Inhaber des Domainnamens <turyap.com> am 21. Juni 2006 gewechselt habe und neu auf die Firma reiselinie.de touristik GmbH laute. Nichtsdestotrotz müsse diese Änderung nicht in der Beschwerde aufgenommen werden. Am selben Tag informierte die Firma reiselinie.de touristik GmbH das Zentrum, dass Sinan Oeztuerk lediglich administrativer Ansprechpartner der Firma sei und fälschlicherweise als Inhaber des Domainnamens eingetragen worden sei. Die Firma sei Inhaberin des Domainnamens und somit auch Beschwerdegegnerin im vorliegenden Verfahren. Darauf antwortete das Zentrum am 30. Juni 2006, das Verfahren habe noch nicht begonnen und die reiselinie.de touristik GmbH könne in ihrer offiziellen Erwiderung darlegen, wer der richtige Beschwerdegegner sei.

Eine Übersetzung der Beschwerde in deutscher Sprache ging am 4. Juli 2006 per E-Mail und am 18. Juli 2006 in körperlicher Form beim Zentrum ein.

Nach Maßgabe von Paragraph 4(a) der Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der Verfahrensordnung) und Paragraph 5 der Supplemental Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der Ergänzenden Verfahrensregeln) hat das Zentrum die Beachtung der formellen Anforderungen der Richtlinie, der Verfahrensordnung und der Ergänzenden Verfahrensregeln durch die Beschwerdeschrift geprüft.

Die Beschwerdeführerin hat dem Zentrum Zahlung in der erforderlichen Höhe geleistet. Nach Maßgabe der Verfahrensordnung, Paragraph 4(c), ist der 19. Juli 2006 als Tag der förmlichen Einleitung des Beschwerdeverfahrens anzusehen.

Am 19. Juli 2006 wurde die Beschwerdeschrift Sinan Oeztuerk in Übereinstimmung mit Paragraph 2(a) und 4(a) zugestellt und das Beschwerdeverfahren eingeleitet. Die Beschwerdegegnerin reiselinie.de touristik GmbH reichte am 9. August 2006 eine Beschwerdeerwiderung fristgerecht in deutscher Sprache ein, mit dem Begehren um eine Fristverlängerung zur Einreichung einer weiteren Stellungnahme. Der Beschwerdegegnerin wurde Frist bis zum 21. August 2006 zur endgültigen Beschwerdeerwiderung angesetzt. Am 10. August 2006 ging die vollständige Beschwerdeerwiderung fristgerecht beim Zentrum ein.

Am 28. August 2006 teilte das Zentrum mit, dass ein Beschwerdepanel in der Person von Herrn Dr. B.F. Meyer-Hauser bestellt worden sei, und dass das Panelmitglied eine Annahmeerklärung und eine Erklärung der Unbefangenheit und Unabhängigkeit abgegeben habe.

 

4. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist eine am 16. Oktober 1985 gegründete türkische Firma, die unter dem Namen Turyap Yapi Sanayi Ve Ticaret A.S. bzw. TURYAP auftritt. Sie ist u.a. auf den Gebieten der Gründung, des Kaufs, Verkaufs, Betriebs, der Vermietung und Mietung von Hotels, Motels, Urlaubsdörfern, Gasthäusern und ähnlichen touristischen Anlagen inner- und ausserhalb der Türkei tätig. Sie unterhält eine eigene Website mit Informationen über ihre Tätigkeit unter der Domäne <turyap.com.tr>. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der Marke TURYAP, welche seit 1995 in verschiedenen Ausführungen im Register des türkischen Patent- und Markenamtes eingetragen ist.

Die Beschwerde richtet sich gegen die vom 19. September 2005 bis 20. Juni 2006 als Inhaber des Domainnamens <turyap.com> eingetragene Person, Sinan Oeztuerk, angeblicher Mitarbeiter der Firma reiselinie.de touristik GmbH. Letztere liess sich am 21. Juni 2006 als Inhaberin des streitgegenständlichen Domainnamens eintragen. reiselinie.de touristik GmbH ist eine deutsche Firma, welche Dienstleistungen im Reisebereich anbietet.

Auf der Website <turyap.com> erscheint eine Frontseite mit folgendem Text:

Herzlich Willkommen auf TurYap.com! Ihr “Turistik Yap” Spezialist

Die Insel Yap gehört zu den besten Tauchgebieten der Welt... wenn Sie mal richtig abtauchen wollen, dann sind Sie hier richtig. Hier finden Sie Reiseangebote auf die Insel Yap und viele weitere interessante Tauchgebiete.

Unterhalb des Textes sind verschiedene Photos der Insel Yap zu sehen. Klickt man auf den (einzigen) Link auf dieser Frontseite, wird der Internetbenutzer auf die Webseite der reislinie de touristik GmbH <reiselinie.de> umgeleitet. Die reiselinie.de touristik GmbH wickelt ihre Hauptaktivität somit auf ihrer firmeneigenen Website ab.

Yap ist eine Insel der Föderierten Staaten von Mikronesien im westlichen Pazifik.

Unter dem deutschen Wort “Touristik” versteht man “organisierter Reiseverkehr”.

Die Schreibweise “Turistik” existiert nicht in der deutschen Sprache.

 

5. Parteivorbringen

A. Beschwerdeführerin

Die Beschwerdeführerin trägt vor, dass der streitgegenständliche Domainname <turyap.com>, der am 19. September 2005 vom Beschwerdegegner (aufgrund der Abtretung des Domainnamens am 21. Juni 2006 an die reiselinie.de touristik GmbH hiernach Beschwerdegegnerin genannt) eingetragen worden sei, der Marke, aus der sie Rechte herleitet, verwechslungsfähig ähnlich sei und die Beschwerdegegnerin weder ein Recht noch ein berechtigtes Interesse am Domainnamen habe. Die Beschwerdeführerin trägt weiter vor, die Beschwerdegegnerin sei in keiner Weise befugt, die Marke der Beschwerdeführerin zu benutzen.

Die Beschwerdeführerin macht sodann geltend, dass die Domaininhaberin den Domainnamen vor Anzeige der Streitigkeit nicht für ein gutgläubiges Angebot von Waren oder Dienstleistungen verwende oder eine solche Verwendung nachweislich vorbereitet habe. Sie begründet dieses Vorbringen damit, dass der Beschwerdegegnerin das grosse Ansehen der Marke der Beschwerdeführerin bekannt gewesen sein müsse.

Ferner trägt die Beschwerdeführerin vor, die Beschwerdegegnerin sei nicht unter dem Namen TURYAP bekannt und habe keinerlei Rechte an der Marke TURYAP erworben.

Die Beschwerdeführerin macht fernerhin geltend, die Domaininhaberin verwende den Domainnamen weder in berechtigter nichtgewerblicher noch sonst in anerkennungswerter Weise ohne Gewinnerzielungsabsicht.

Des Weiteren habe die Beschwerdegegnerin den Domainnamen bösgläubig registriert und benutzt. Die Bösgläubigkeit begründet die Beschwerdeführerin damit, dass die Beschwerdegegnerin den Domainnamen vorrangig deshalb angemeldet habe, um den Domainnamen gegen Entgelt an sie zu verkaufen. Als Beweis legt die Beschwerdeführerin eine an sie gerichtete E-Mail vom 17. April 2006 gesendet von “Egem Internet Tourism” vor, in welcher der Verkauf des streitgegenständlichen Domainnamens in Erwägung gezogen wird.

Die Beschwerdeführerin sieht eine bösgläubige Eintragung des Domainnamens insbesondere darin, dass die Beschwerdegegnerin den Domainnamen mit der Absicht eingetragen habe, die Inhaberin der Marke daran zu hindern, ihre Marke als Domainnamen zu gebrauchen. Die Beschwerdegegnerin habe willentlich und wissentlich versucht, Internetnutzer auf seine Website zu lenken. In unlauterer Weise habe sie versucht, von der Bekanntheit der Marke der Beschwerdeführerin - insbesondere bei der türkischen Bevölkerung - Nutzen zu ziehen. Die Beschwerdegegnerin müsse bereits im Zeitpunkt der Eintragung gewusst haben, dass sie den in Frage stehenden Domainnamen nicht nutzen könne, ohne die Rechte des Inhabers der Schutzmarke zu verletzen.

Die Beschwerdeführerin macht sodann geltend, der Domainname sei eine Zeit lang auf die Website eines Mitbewerbers der Beschwerdeführerin, <remax.com.tr> umgelenkt worden und habe einmal auf die Website <sdfsdfsdfsdsfsfsdf.com> geführt. Schliesslich sei der Domainname eine Woche vor Einreichung der Beschwerde inaktiv gewesen, was eine klare bösgläubige Nutzung darstelle.

Einen weiteren Hinweis auf eine bösgläubige Nutzung des Domainnamens sieht die Beschwerdeführerin darin, dass die Beschwerdegegnerin falsche Kontaktinformationen angegeben habe.

B. Beschwerdegegnerin

In Bezug auf die Passivlegitimation macht die Beschwerdegegnerin geltend, die Firma reiselinie.de touristik GmbH sei Inhaberin des streitgegenständlichen Domainnamens. Sinan Oeztuerk sei lediglich ein freier Mitarbeiter der Firma gewesen und fälschlicherweise im Register als Inhaber des Domainnamens eingetragen worden. Die Beschwerdegegnerin gibt an, den Domainnamen am 16. Februar 2006 für USD 3’600 vom dannzumaligen Inhaber Orkun Birmic über die Plattform <sedo.de> gekauft zu haben und erst seit dem Datum Inhaber des Domainnamens zu sein.

Die Beschwerdegegnerin macht sodann geltend, dass aufgrund der auf <turyap.com> angebotenen Dienstleistungen keine Verwechslungsgefahr zwischen der Marke der Beschwerdeführerin und dem Domainnamen bestehe. Ferner habe sie ein legitimes Interesse an der Registrierung des streitgegenständlichen Domainnamens und habe nicht bösgläubig gehandelt.

Zum Nachweis eines berechtigten Interesses am Domainnamen verweist die Beschwerdegegnerin darauf, dass sie als Reisebüro Reisen vermittle und veranstalte. Der Name TURYAP werde von der reiselinie.de touristik GmbH als Zusammensetzung der Wörter „Turistik” und „Yap” verwendet. Für das Angebot des Reisebüros seien demnächst Tauchferien auf der Insel Yap geplant. Die entsprechenden Reisen würden auf dem entsprechenden Domainnamen <turyap com> angeboten. Aus diesem Grund habe die Beschwerdegegnerin den Domainnamen für einen derart hohen Preis von USD 3’600 übernommen.

Ferner trägt die Beschwerdegegnerin vor, die Konzeption des Internetauftritts habe umfangreiche Vorarbeit erfordert, weshalb bis zum ersten Kontakt mit der Beschwerdeführerin keine Informationen über die Domain <turyap.com> verbreitet werden konnten.

Die Beschwerdegegnerin bestreitet sodann, den Domainnamen bösgläubig registriert und genutzt zu haben. Sie bestreitet mitunter, den Domainnamen jemals verkauft haben zu wollen. Insbesondere bestreitet sie, die von der Beschwerdeführerin vorgelegte E-Mail vom 17. April 2006 verfasst zu haben.

Die Beschwerdegegnerin macht fernerhin geltend, sie habe bis zur Geltendmachung des Übertragungsanspruches keine Kenntnis von der türkischen Marke der Beschwerdeführerin gehabt. Darüber hinaus handle es sich nicht um eine bekannte Marke. Im Übrigen bestehe keine Verwechslungsgefahr zwischen den Waren und Dienstleistungen der im Immobilienbereich tätigen Beschwerdeführerin und den Waren und Dienstleistungen, die unter dem beanstandeten Domainnamen im Reisebereich angeboten würden.

Den Vorwurf, falsche Registrierungsdaten angegeben zu haben, bestreitet die Beschwerdegegnerin.

Schliesslich räumt die Beschwerdegegnerin ein, die Domain tatsächlich kurzfristig auf die Domain <remax.com.tr> umgeleitet zu haben. Als Grund dafür sei ihr Ärger über die Beschwerdeführerin gewesen, welche nicht bereit gewesen sei, über eine aussergerichtliche Lösung für die Übertragung der Domain zu verhandeln.

 

6. Entscheidungsgründe

Bei Einleitung des Verfahrens am 18. Juni 2006 war Sinan Oeztuerk Inhaber des Domainnamens <turyap.com>. Seit dem 21. Juni 2006 ist die Firma reiselinie.de touristik GmbH als Inhaberin des erwähnten Domainnamens eingetragen. Das Panel ist der Ansicht, letztere habe glaubhaft dargetan, dass es sich bei Sinan Oeztuerk um einen Mitarbeiter ihrer Firma handle, der fälschlicherweise als Inhaber des Domainnamens eingetragen worden sei. Folglich ist die Firma reiselinie.de touristik GmbH Beschwerdegegnerin im vorliegenden Verfahren.

Paragraph 4(a) der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (Richtlinie) führt drei Tatbestandsvoraussetzungen auf, deren Vorliegen die Beschwerdeführerin nachweisen muss, um den geltend gemachten Anspruch auf Übertragung der streitgegenständlichen Domainnamen zu begründen:

(1) der streitgegenständliche Domainname muss mit einer Marke, aus welcher der Beschwerdeführer Rechte herleitet, identisch oder verwechslungsfähig ähnlich sein;

(2) der Beschwerdegegner darf weder Rechte noch ein berechtigtes Interesse an dem Domainnamen haben; und

(3) der Domainname muss vom Beschwerdegegner bösgläubig registriert worden sein und benutzt werden.

1. Identität oder verwechslungsfähige Ähnlichkeit zwischen dem Domainnamen und der Marke, aus welcher der Beschwerdeführer Rechte herleitet (Paragraph 4a(i) der Richtlinie)

Der Domainname <turyap.com> ist identisch mit der in der Türkei eingetragenen Marke der Beschwerdeführerin TURYAP. Die Beschwerdeführerin hat den nötigen Beweis einer gültigen Eintragung erbracht.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin, ist der Inhalt der Website irrelevant um die Identität oder verwechslungsfähige Ähnlichkeit zwischen dem Domainnamen und der Marke festzustellen (Verfahren Nr. D2000-1698, Arthur Guinness Son & Co. (Dublin) Limited v. Dejan Macesic.).

2. Rechte oder berechtigte Interessen an dem Domainnamen

Die Gewährung eines Übertragungs- oder Löschungsanspruches setzt gemäß Paragraph 4(a)(ii) der Richtlinie sodann voraus, dass sich der Domaininhaber nicht auf ein eigenes Recht oder berechtigtes Interesse an dem Domainnamen berufen kann. Paragraph 4(c) der Richtlinie zählt beispielhaft und nicht abschliessend drei Umstände auf, die als Nachweis eines Rechts oder berechtigten Interesses genügen. Ein Recht oder berechtigtes Interesses im Sinne des Paragraph 4(a)(ii) der Richtlinie liegt insbesondere dann vor, wenn unter Würdigung aller vorgetragenen Beweismittel festgestellt wird, dass

1) der Domaininhaber den Domainnamen oder einen diesem entsprechenden Namen vor Anzeige der Streitigkeit für ein gutgläubiges Angebot von Waren oder Dienstleistungen verwendet oder eine solche Verwendung nachweislich vorbereitet hat,

2) der Domaininhaber allgemein (als Einzelperson, Unternehmen oder andere Organisation) unter dem Domainnamen bekannt ist, selbst wenn er eine Marke nicht erworben hat, oder

3) der Domaininhaber den Domainnamen in berechtigter nichtgewerblicher oder sonst anerkennenswerter Weise ohne Gewinnerzielungsabsicht und ohne den Willen, Verbraucher in irreführender Weise abzuwerben oder die fragliche Marke zu verunglimpfen, verwendet.

Die Beweislast dafür, dass dem Beschwerdegegner kein Recht oder berechtigtes Interesse an dem Domainnamen zusteht, liegt, wie sich aus Paragraph 4(a) Satz 2 der Richtlinie ergibt, grundsätzlich beim Beschwerdeführer. Wenn dieser allerdings Tatsachen vorträgt, aus denen sich dem ersten Anschein nach ergibt, dass dem Beschwerdegegner kein Recht oder berechtigtes Interesse an dem Domainnamen zusteht, obliegt es wiederum dem Beschwerdegegner, Umstände darzulegen, aus denen sich sein Recht oder berechtigtes Interesse an dem Domainnamen ergibt.

Die Beschwerdeführerin hat dargelegt, dass sie Rechte aus ihrer gültig eingetragenen Marke TURYAP herleitet. Die Beschwerdegegnerin ist weder Vertreterin noch Lizenznehmerin der Beschwerdeführerin.

Dem ersten Anschein nach ist kein Recht oder berechtigtes Interesse der Beschwerdegegnerin am Domainnamen erkennbar. Die Beschwerdegegnerin hat aber Umstände dargelegt, die darauf hindeuten, dass sie ein berechtigtes Interesse an dem Domainnamen haben könnte. Diese Umstände sind nachfolgend zu prüfen.

Die Beschwerdegegnerin trägt vor, aufgrund der Zusammensetzung der Wörter TUR und YAP ein berechtigtes Interesse am Domainnamen zu haben, da sie auf der besagten Website Touren auf die Insel Yap im westliche Pazifik anbietet. Anscheinend beruft sich die Beschwerdegegnerin - wenn auch nicht explizit darauf verweisend - auf das Recht, von einem Gattungsbegriff und/oder einer geographischen Bezeichnung, Turistik und Yap, als Domainnamen Gebrauch zu machen.

Die Entscheidungspraxis der Panels zeigt, dass im Falle der Benutzung einer geographischen Bezeichnung oder eines Gattungsbegriffs als Domainname von den Beschwerdepanels das Vorliegen eines berechtigten Interesses im Regelfall bejaht wurde, sofern der beschreibende Domainname vom Beschwerdegegner bereits für ein gutgläubiges Angebot von Waren und Dienstleistungen benutzt wurde oder eine solche Nutzung nachweislich vorbereitet wurde (WIPO Verfahren Nr. D2003-0614, Spreewaldverein e.V. v. RCS Richter Computer Systemhaus GmbH).

Im vorliegenden Fall kann TURYAP jedoch nicht als Gattungsbegriff angesehen werden. Es handelt sich vielmehr um einen zusammengesetzten Phantasienamen, der weder für Touristik noch für die Insel Yap noch für beide Begriffe in Verbindung miteinander als allgemein gültige Bezeichnung angesehen werden kann. Folglich kann sich die Beschwerdegegnerin nicht auf ein berechtigtes Interesse aufgrund des Gebrauchs eines Gattungsbegriffes bzw. einer geographischen Bezeichnung berufen.

Die Beschwerdegegnerin hat sodann den Beweis nicht erbracht, den Domainnamen vor Anzeige der Streitigkeit für ein gutgläubiges Angebot von Waren oder Dienstleistungen zu verwenden oder eine solche Verwendung nachweislich vorbereitet zu haben.

Die Domaininhaberin ist im Übrigen nicht unter dem Domainnamen <turyap.com> allgemein bekannt.

Zudem geht aus den Vorbringen und dem bisherigen Verhalten der Beschwerdegegnerin nicht hervor, dass sie den Domainnamen in rechtmässiger, nicht gewerblicher oder sonst lautererweise ohne Gewinnerzielungsabsicht und ohne den Willen, Verbraucher in irreführender Weise abzuwerben, nutzen will.

Die Domaininhaberin hat die in Frage stehende Website erst unmittelbar nach Eingang der Beschwerde aktiviert. Wie bereits erwähnt, besteht die Website lediglich aus einer Frontseite. Beim Anklicken auf den auf der Seite einzig vorhanden Link, erfolgt eine direkte Umleitung auf die firmeneigene Website der Beschwerdegegnerin <reiselinie.de>.

Es bestehen zudem aufgrund der Gesamtumstände überwiegende Indizien, welche aufzeigen, dass der Beschwerdegegnerin die von der Beschwerdeführerin verwendete Marke und ihre Rechte daran im Zeitpunkt der Registrierung bekannt sein mussten. Obwohl die Beschwerdeführerin und die Beschwerdegegnerin nicht im selben Tätigkeitsbereich aktiv sind, so überschneiden sich die Bereiche der Immobilienbranche und der Reisebranche unweigerlich, zumal die Firma reiselinie.de unzählige Ferienangebote in die Türkei anbietet. Es ist äusserst unwahrscheinlich, dass sie von der Existenz eines grossen türkischen Immobilienunternehmens, das u.a. im Bereich des Kaufes, Verkaufes, der Vermietung und Mietung von Hotels tätig ist, keine Kenntnis hatte.

Das Panel sieht nicht ein, inwiefern reiselinie.de Buchungen für Tauchferien auf der Insel Yap über die streitgegenständliche Domäne abwickeln würde. Die Website dient ihr einzig als Werbeplattform. Das Buchungssystem verläuft - und wird es wahrscheinlich auch in Zukunft - über die Website <reiselinie.de>. Das Panel ist daher der Ansicht, dass die Beschwerdegegnerin in erster Linie beabsichtigt, Internetbenutzer und potentielle Kunden über <turyap.com> auf ihre eigene Website zu lenken. Dass sie dabei unweigerlich vom hohen Bekanntheitsgrad der Beschwerdeführerin profitiert, muss ihr bewusst - oder sogar ihre Absicht - gewesen sein. Eine derartige Nutzung des Domainnamens ist als gewerbliche und unlautere Nutzung mit klarer Gewinnerzielungsabsicht anzusehen.

Demnach hat die Beschwerdeführerin auch die Anforderung von Paragraph 4(a)(ii) der Richtlinie erfüllt.

3. Bösgläubige Eintragung und Benutzung

Paragraph 4(b) der Richtlinie nennt nicht abschließend folgende vier Umstände, die, falls vom Beschwerdepanel festgestellt, den Nachweis der bösgläubigen Registrierung und Nutzung beinhalten:

(i) Umstände, die darauf hindeuten, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen vorrangig deshalb erworben hat, um ihn dem Beschwerdeführer, der Inhaber der Marke ist, oder einem seiner Wettbewerber gegen ein Entgelt, welches seine nachweisbaren, mit dem Domainnamen unmittelbar in Verbindung stehenden Unkosten übersteigt, zu veräußern, zu vermieten oder auf andere Weise zu übertragen;

(ii) der Beschwerdegegner hat den Domainnamen in der Absicht registriert, den Inhaber der Marke an deren Wiedergabe in einem seiner Marke entsprechenden Domainnamen zu hindern, sofern sein Verhalten einem entsprechenden Muster folgt;

(iii) der Beschwerdegegner hat den Domainnamen vorrangig in der Absicht registriert, den Geschäftsbetrieb eines Wettbewerbers zu behindern; oder

(iv) der Beschwerdegegner hat willentlich und in Gewinnerzielungsabsicht versucht, durch die Benutzung des Domainnamens Internetbenutzer zu seiner Website oder zu einer anderen Online-Präsenz zu lenken, indem er eine Verwechslungsgefahr mit der Marke des Beschwerdeführers hinsichtlich Herkunft, Unterstützung, Zugehörigkeit oder Billigung seiner Website, seiner Online-Präsenz oder von auf seiner Website oder Online-Präsenz angebotenen Produkten oder Dienstleistungen geschaffen hat.

Wie bereits erwähnt, ist das Panel der Ansicht, dass die Beschwerdeführerin der Beschwerdegegnerin im Zeitpunkt der Registrierung der streitgegenständliche Domainnamen bekannt gewesen sein muss.

Ferner liegen weitere Umstände vor, welche auf eine bösgläubige Eintragung hindeuten. Wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen und von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten, hat die Beschwerdegegnerin den streitgegenständlichen Domainnamen eine Zeit lang auf die Website eines direkten Konkurrenten der Beschwerdeführerin, <remax.com.tr>, umgeleitet. Dies, gemäss eigenen Angaben der Beschwerdegegnerin, aus Ärger darüber, keine aussergerichtliche Lösung mit der Beschwerdeführerin gefunden zu haben. Dieses Verhalten kann einzig dazu gedient haben, die Beschwerdeführerin unter Druck zu setzen und sie zum Kauf zu zwingen. Die Gefahr einer Wiederholung dieses Verhaltens besteht auch heute noch. Im Übrigen könnten die Beschwerdegegnerin ihre Webseite Konkurrenzunternehmen der Beschwerdeführerin zur Verfügung stellen.

Schlussendlich sind im Verlaufe dieses Verfahrens verschiedene Ungereimtheiten aufgetreten, die zusätzlich den Verdacht der Bösgläubigkeit schüren. Aus den von der Domainvergabestelle eingereichten Unterlagen geht hervor, dass sich der angebliche Mitarbeiter der Beschwerdegegnerin, Sinan Oeztuerk, am 19. September 2005 als Inhaber des streitgegenständlichen Domainnamens eintragen liess. Die Beschwerdegegnerin behauptet aber, den Domainnamen erst am 16. Februar 2006 von Orkun Birmic für USD 16’000 erworben zu haben. Zum andern hat die Beschwerdeführerin eine an sie adressierte E-Mail mit Datum vom 17. April 2006 eingereicht, worin ein dem Panel unbekannter Absender (Egem Internet Tourism) der Beschwerdeführerin u.a. mitteilt, Inhaber des Domainnamens <turyap.com> zu sein und bereit sei, eine allfällige Übertragung zu besprechen. Ferner informiert der Absender die Beschwerdeführerin, dass er als Reisebüro nicht am erwähnten Domainnamen interessiert sei. Obwohl die Beschwerdegegnerin bestreitet, diese E-Mail geschrieben zu haben, geht das Panel aufgrund der Gesamtumstände davon aus, dass ein entsprechender Kontakt stattgefunden haben könnte.

Das Panel ist daher der Ansicht, dass der Domainname von der Beschwerdegegnerin bösgläubig eingetragen wurde und benutzt wird.

 

7. Entscheidung

In Anbetracht der oben erwähnten Tatsachen und Umstände entscheidet das Beschwerdepanel, dass der streitgegenständliche Domainname mit der registrierten Marke der Beschwerdeführerin verwechselbar ähnlich ist, dass die Beschwerdegegnerin keine Rechte beziehungsweise kein berechtigtes Interesse hinsichtlich des Domainnamens hat und dass der Domainname bösgläubig angemeldet wurde und genutzt wird.

Entsprechend wird dem Begehren der Beschwerdeführerin auf Übertragung des Domainnamens <turyap.com> in diesem Verfahren nach der Richtlinie stattgegeben.


Bernhard F. Meyer-Hauser
Einzelpanelist

Datum: 11. September 2006