WIPO

 

WIPO Arbitration and Mediation Center

 

ENTSCHEIDUNG DES BESCHWERDEPANELS

Clariden Bank v. M. G.

Verfahren Nr. D2005-0102

 

1. Die Parteien

Der Beschwerdeführer ist die Clariden Bank, Claridenstraße 26, CH-8002 Zürich, vertreten durch Dr. Urs D. Blum, E. Blum & Co. Patent- und Markenanwälte, Vorderberg 11, CH-8044 Zürich.

Der Beschwerdegegner ist M. G.,  Hannover.

 

2. Domain Name und Domainvergabestelle

Gegenstand des Verfahrens ist der Domainname <claridengroup.com>.

Die Domainvergabestelle ist Schlund + Partner AG, Brauerstraße 48, D-76135 Karlsruhe.

 

3. Verfahrensablauf

Am 31. Januar 2005 ging die Beschwerdeschrift in englischer Sprache per e-mail beim WIPO Arbitration and Mediation Center, im Nachfolgenden kurz ‚Center“ genannt, ein. Am 1. Februar 2005 ging dieselbe Beschwerdeschrift in körperlicher Form per Post beim Center ein.

Mit e-mail vom 1. Februar 2005 bestätigte die Domainvergabestelle, dass ihr vom Beschwerdeführer eine Kopie der Beschwerdeschrift übermittelt wurde, dass die verfahrensgegenständliche Domain bei ihr registriert sei, dass der Beschwerdegegner der derzeitige Domaininhaber des verfahrensgegenständlichen Domainnamens sei und dass die Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy, im Nachstehenden kurz „Richtlinie“ genannt, Bestandteil der Registrierungsvereinbarung sei und damit Anwendung auf den hier gegenständlichen Domainnamen finde. Mit diesem e-mail stellte die Domainvergabestelle dem Center auch einen aktuellen Ausdruck der Whois-Datenbank für die Domain <claridengroup.com> zur Verfügung und informierte das Center, dass die Sprache der Registrierungsvereinbarung Deutsch sei.

Mit e-mail vom 3. Februar 2005 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass auf Grund der Informationen der Domainvergabestelle die Sprache der zugrundeliegenden Registrierungsvereinbarung Deutsch sei. Da die Beschwerdeschrift in englischer Sprache eingereicht wurde, wurde dem Beschwerdeführer bis längstens 8. Februar 2005 Gelegenheit gegeben, nachzuweisen, dass hinsichtlich der Verfahrenssprache mit dem Beschwerdegegner eine abweichende Vereinbarung getroffen wurde oder eine Übersetzung der Beschwerdeschrift in die deutsche Sprache vorzulegen. Nachdem der Beschwerdeführer die Beschwerdeschrift in deutscher Sprache nicht rechtzeitig vorlegte, fragte das Center mit e-mail vom 10. Februar 2005 beim Beschwerdeführer an, wann es mit einer Übersetzung rechnen könne.

Der Beschwerdeführer teilte mit seinem e-mail vom 10. Februar 2005 dem Center mit, dass er hinsichtlich einer abweichenden Parteienvereinbarung iSd § 11 der Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy, im Nachfolgenden kurz „Verfahrensordnung“ genannt, versucht habe, den Beschwerdegegner zu erreichen, dieser jedoch nicht geantwortet habe. Der Beschwerdeführer beantragte daher, dass ihm die Frist zur Übersetzung der Beschwerdefrist bis zum 20. Februar 2005 erstreckt werde. Dem Fristerstreckungsantrag des Beschwerdeführers wurde mit e-mail des Centers vom 10. Februar 2005 stattgegeben.

Mit e-mail des Beschwerdeführers vom 16. Februar 2005 langte die Beschwerdeschrift in deutscher Sprache beim Center ein, am 17. Februar 2005 in körperlicher Form auf postalischem Weg.

Das Center stellte fest, dass die Beschwerde den Anforderungen Verfahrensanordnung und der WIPO Supplemental Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy, im Nachfolgenden kurz „ergänzende Verfahrensregeln der WIPO“ genannt, genüge und dass ordnungsgemäß bezahlt wurde. Das Panel ist überzeugt, dass dies zutrifft.

Mit e-mail vom 23. Februar 2005 wurden sowohl der Beschwerdeführer als auch der Beschwerdegegner davon unterrichtet, dass ein Beschwerdeverfahren eingeleitet wurde. Die Beschwerdeschrift wurde daher ordnungsgemäß zugestellt. Dem Beschwerdegegner wurde weiters mitgeteilt, dass er innerhalb von 20 Tagen nach Einleitung des Beschwerdeverfahrens, also bis längstens zum 15. März 2005, die Möglichkeit habe, eine Beschwerdeerwiderung einzureichen. Ergänzend wurde der Beschwerdegegner über die Säumnisfolgen informiert.

Da innerhalb der gesetzten Frist keine Beschwerdeerwiderung beim Center einging, teilte das Center mit Schreiben vom 16. März 2003 dem Beschwerdegegner mit, dass er die in der Mitteilung der Beschwerde genannte Frist für die Einreichung der Beschwerdeerwiderung nicht eingehalten habe. Ergänzend wurde der Beschwerdegegner über die Folgen dieser Säumnis informiert.

Mit e-mail vom 17. März 2005 teilte das Center mit, dass das Beschwerdepanel in der Person von Herrn Rechtsanwalt Dr. Reinhard Schanda bestellt wurde und dass das Panelmitglied gemäß § 7 der Verfahrensordnung dem Center eine Annahmeerklärung und Erklärung der Unbefangenheit und Unabhängigkeit abgegeben hat.

 

4. Sachverhalt

A. Beschwerdeführer

Der Beschwerdeführer ist eine Schweizer Bank, betrieben in Form einer Aktiengesellschaft nach Schweizer Recht mit Sitz in Zürich.

Auf Grund der vom Beschwerdeführer vorgelegten Beilage Annex 3 ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer Inhaber der Marke „CLARIDEN“ ist. Diese Marke ist insgesamt 23 mal in den verschiedensten Klassen in 9 verschiedenen Ländern sowie als Gemeinschaftsmarke eingetragen.

B. Beschwerdegegner

Der Beschwerdegegner ließ sich am 17. Mai 2004 den Domainnamen <claridengroup.com> eintragen. Unter diesem Domainnamen wurde zumindest am 1. Dezember 2004, jedoch wahrscheinlich für längere Zeit unter dem Begriff „Clariden“ eine Website betrieben, deren Hauptframe die Unterbegriffe home, about us, client services, investor relations, news & quotes, und stock watch aufwies. Aufgrund der von der Beschwerdeführerin vorgelegte Beilage Annex 5 wurde als Anbieterin der vorangeführten Dienstleistungen die Claridengroup mit Adresse in Riedstraße 7, CH-8953 Dietikon, genannt. Derzeit erscheint unter dem Domainnamen eine Fehlermeldung.

 

5. Parteivorbringen

A. Beschwerdeführer

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass der Domainname <claridengroup.com> identisch oder verwechselbar ähnlich ist mit Marken, welche dem Beschwerdeführer gehören, der Beschwerdegegner kein Recht oder legitimes Interesse an dem Domainnamen hat und die Registrierung und der Gebrauch des Domainnamens Treu und Glauben widerspreche. Dieses Vorbringen wird unter anderem auf eine Aufstellung gestützt, demnach der Beschwerdeführer Inhaber der Marke Clariden ist, welche in vielen Ländern der Welt eingetragen und geschützt ist. Diese Marken beanspruchen und schützen verschiedene Waren- und Dienstleistungen im Zusammenhang mit den Tätigkeiten einer international tätigen Bank. Ferner sei Clariden als Firmenname der Beschwerdeführerin, welcher sowohl nach den Schweizer Gesetzen als auch gemäß Artikel 8 der Pariser Verbandsübereinkunft in den meisten Ländern der Welt geschützt. Der Domainname wurde von der Beschwerdegegnerin nicht nur bösgläubig registriert, sondern auch bösgläubig benutzt, da der Begriff Clariden kein Fantasiewort sei, welches der Beschwerdegegner zufällig gefunden hatte. Der Beschwerdegegner müsse von der Geschäftstätigkeit des Beschwerdeführers gewusst haben und wollte mit der Registrierung des streitgegenständlichen Domainnamens offenbar davon profitieren.

Tatsächlich bestehe der Domainnamen aus dem auch markenrechtlich geschützten Firmenname der Beschwerdeführerin und dem Zusatz „group“. Der durchschnittliche Betrachter der Website von „claridengroup.com“ werde über den Inhalt der Website getäuscht und müsse davon ausgehen, dass es sich um eine Website der Beschwerdeführerin handle. Da die User Zugriff auf diese Website hätten, sei die Verwechslungsgefahr entsprechend hoch.

B. Beschwerdegegner

Der Beschwerdegegner hat es versäumt, eine Beschwerdeerwiderung einzureichen, und auf das Vorbringen des Beschwerdeführers zu erwidern bzw. zu den vom Beschwerdeführer vorgelegten Beweisangeboten Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer hat das Vorbringen der Beschwerde nicht bestritten und das Panel wird auf der Grundlage des Vorbringens des Beschwerdeführers entscheiden, wobei das Panel gemäß § 14 (b) der Verfahrensordnung die aus der Säumnis von ihm als angemessen erachteten Schlüsse ziehen wird.

 

6. Entscheidungsgründe

§ 4 (a) der Richtlinie nennt drei Voraussetzungen, die der Beschwerdeführer nachweisen muss, um die Feststellung zu rechtfertigten, dass der Domainname des Beschwerdegegners auf den Beschwerdeführer zu übertragen ist:

1. Der Domainname <claridengroup.com> ist mit einem Warenzeichen oder einer Dienstleistungsmarke, aus welchen der Beschwerdeführer Rechte herleitet, identisch oder verwechslungsfähig ähnlich;

2. der Beschwerdeführer hat kein Recht oder berechtigtes Interesse an dem Domainamen und

3. der Beschwerdeführer hat den Domainnamen bösgläubig registriert und benutzt ihn weiterhin bösgläubig.

ad 1. Identität oder Verwechslungsgefahr mit einer Marke, aus welcher der Beschwerdeführer Rechte herleitet.

Der Domainname <claridengroup.com> ist zwar nicht identisch mit der von der Beschwerdeführerin vielfach geschützten Marke „CLARIDEN“, der Bestandteil „group“ ist für die geforderte Verwechslungsgefahr jedenfalls unschädlich, da die Marke CLARIDEN zur Gänze in den Domainnamen des Beschwerdegegners aufgenommen wurde. Der Bestandteil „.com“ muss bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ohnehin unberücksichtigt bleiben. Eine Verwechslungsgefahr des verfahrensgegenständlichen Domainnamens mit den zugunsten der Beschwerdeführerin eingetragenen Marken ist jedenfalls gegeben.

ad 2. Rechte oder berechtigte Interessen an dem Domainnamen

Der Beschwerdegegner ist weder Vertreter noch Lizenznehmer des Beschwerdeführers. Es ist auch nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer den Domainnamen bzw. den Begriff „Clariden“ vor Mitteilung über die Einleitung des Beschwerdeverfahrens für ein gutgläubiges Angebot von Waren oder Dienstleistungen verwendet hat oder eine solche Verwendung nachweislich vorbereitet hat.

Der Beschwerdegegner hat kein entsprechendes Warenzeichen oder eine entsprechende Dienstleistungsmarke erworben und ist unter dem verfahrensgegenständlichen Domainnamen auch als Einzelperson nicht bekannt, insbesondere trägt er nicht den Nachnamen Clariden.

Weiters ist nicht ersichtlich, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen in berechtigter nicht gewerblicher oder sonst anerkennenswerter Weise ohne Gewinnerzielungsabsicht und ohne den Willen verwendet, Verbraucher in irreführende Weise abzuwerben oder die fragliche Marke zu verunglimpfen. Da der Beschwerdegegner derzeit unter dem Domainnamen claridengroup.com keine eigenen Aktivitäten betreibt, ist dies ein weiteres Indiz dafür, dass er kein berechtigtes Interesse an der Verwendung des Domainnamens hat.

Mangels eines Vorbringens des Beschwerdegegners kommt das Panel daher aufgrund des Vortrags des Beschwerdeführers zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdegegner keine Rechte oder berechtigte Interessen an dem Domainnamen <claridengroup.com> hat.

ad 3. Bösgläubige Eintragung und Benützung

Damit eine Beschwerde Erfolg haben kann, muss das Beschwerdepanel überzeugt sein, dass der Domainname nicht nur damals bösgläubig eingetragen wurde, sondern auch während der gesamten Zeit bösgläubig benutzt wird. Obwohl die Beschwerdeführerin rechtsfreundlich vertreten ist, ist ihr Vorbringen zu diesem Punkt sehr dürftig.

Das Panel hat daher aufgrund der vorliegenden Unterlagen anhand der Bestimmungen des § 4 (b) der Richtlinie überprüft, ob Umstände darauf hinweisen, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen vorrangig in der Absicht registriert oder erworben hat, um ihn in weiterer Folge gegen Entgelt an den Beschwerdeführer oder an einen seiner Wettbewerber zu veräußern, zu lizenzieren oder auf andere Weise zu übertragen. Derartige Umstände konnten vom Panel nicht festgestellt werden, wenngleich sie auch nicht ausgeschlossen werden können.

Da es sich beim Beschwerdegegner um eine natürliche Einzelperson handelt, ist gemäß § 4 (a) (iii) der Richtlinie nicht anzunehmen, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen vorrangig in der Absicht registriert hat, um das Geschäft eines Wettbewerbers zu behindern.

Es war daher zu prüfen, ob der Beschwerdegegner den Domainnamen eventuell in der Absicht registriert hat, den Inhaber einer Dienstleistungsmarke an dessen Wiedergabe in einem seinem Zeichen entsprechenden Domainnamen zu hindern oder ob der Beschwerdegegner willentlich und in Gewinnerzielungsabsicht versucht hat, durch die Verwendung des Domainnamens Internetbenutzer auf seine Website oder zu einer anderen Onlinepräsenz zu lenken, indem der Beschwerdegegner eine Verwechslungsgefahr mit dem Zeichen des Beschwerdeführers hinsichtlich Quelle, Urheberschaft, Zugehörigkeit oder Unterstützung seiner Website oder der von auf seiner Website angebotenen Produkte oder Dienstleistungen geschaffen hat.

Der Beschwerdegegner hat zwar nicht versucht, den Domainnamen an den Beschwerdeführer zu verkaufen, er hat den Domainnamen jedoch in einer Weise benützt, die als bösgläubig anzusehen ist und gleichzeitig ein Hinweis darauf ist, dass der Domainname auch bösgläubig eingetragen wurde. Die vom Beschwerdeführer vorgelegte Beilage Annex 5 zeigt eine firmenübliche Kontaktseite, auf welcher die geschützte Marke „Clariden“ quasi als Firmenlogo aufscheint. Der streitgegenständliche Domainname erscheint nur als e-mail Adresse. Die im Hauptframe angeführten Rubriken, insbesondere „investor relations“ und „stock watch“, deuten darauf hin, dass das dahinterstehende bzw. für die Website verantwortliche Unternehmen ähnlich einer Bank oder einem Finanzinstitut Finanzdienstleistungen anbietet. Der durchschnittliche Betrachter dieser Website musste daher davon ausgehen, dass der Firmenname des für die aufgerufene Website verantwortlichen Unternehmens „Clariden“ lautet und dass dieses Unternehmen zumindest Finanzdienstleistungen anbietet.

Aufgrund der Einzigartigkeit des Namens Clariden geht das Panel davon aus, dass der Beschwerdegegner die Marke „Clariden“ kannte, als er den Domainnamen <claridengroup.com> eintragen ließ. Die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Beilage Annex 5 ist für das Panel ein schlüssiger Beweis dafür, dass der Domainname bösgläubig verwendet wurde.

Das Panel ist daher davon überzeugt, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen <claridengroup.com> gemäß § 4 (b) (iv) der Richtlinie vorrangig in der Absicht registriert hat, um durch seine Verwendung Internetbenutzer auf seine Website oder zu einer anderen Onlinepräsenz zu lenken, indem er eine Verwechslungsgefahr mit dem Zeichen des Beschwerdeführers hinsichtlich Quelle, Urheberschaft, Zugehörigkeit oder Unterstützung seiner Website geschaffen hat.

 

7. Entscheidung

Gemäß § 4 (i) der Richtlinie und § 15 der Verfahrensordnung ordnet das Beschwerdepanel die Übertragung des Domainnamens <claridengroup.com> auf den Beschwerdeführer an.


Dr. Reinhard Schanda
Einzelpanelist

Datum: 4. April 2005